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Norbert Putzgruber, Österreichische Bundesforste AG

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Zschokke: Die Bundesforste sind ein großer Konzern. Wie ist in so einem umfangreichen Unternehmen Nachhaltigkeit möglich?

Putzgruber: Zur Nachhaltigkeit sind wir vom Gesetz verpflichtet, aber seit der Neustrukturierung von 1997 prägt nachhaltiges Tun und Wirtschaften in dreierlei Hinsicht unsere Firmenphilosophie: erstens bezogen auf die Natur, zweitens auf Mensch und Gesellschaft und drittens auf die wirtschaftliche Entwicklung. Das gilt für alle drei Säulen der Geschäftstätigkeit: Forst / Holz, Immobilien und Dienstleistungen, die ihrerseits in Geschäftsfelder gegliedert sind. Zu Immobilien gehören etwa auch Tourismus, Wasser und Bodenressourcen sowie erneuerbare Energie. In diesem Bereich haben sich die Aktivitäten seit 1997 nahezu verdoppelt und es sind nicht nur die Gebäude, sondern ebenso Steinbrüche und Gewässer, deren Nutzung optimiert wurde. Letztere etwa mit Kleinkraftwerken, wobei wir meist nach regionalen Partnern suchen. Dasselbe gilt für Biomassekraftwerke, für die wir feste Abnahmeverträge abschließen. Zur Verbesserung der Logistik halten wir die Transportketten möglichst kurz und direkt, weshalb wir dies meist in unserer Hand behalten. Ohne diese vielfältigen Optimierungen, die ihrerseits nachhaltig sind, bliebe eine nachhaltige Holzentnahme isoliert und unwirtschaftlich. Bei den Dienstleistungen im In- und Ausland nützen wir die Expertendichte unter unseren Mitarbeitern. In mehreren Ländern des ehemaligen Ostblocks helfen wir bei der Restrukturierung der Staatsforste. In einer 50:50 partnerschaftlichen Kooperation mit den finnischen Staatsforsten sind wir auch in Russland tätig.

Aber gerade von dort gibt es Meldungen über Raubbau ...

Russland hat strenge Wirtschaftspläne; in diesem Kontext ist es möglich, nachhaltig zu wirtschaften.

Und im Inland?

Das Hauptaugenmerk liegt derzeit auf der Mobilisierung von Holzmengen privater Waldbesitzer, da sich hier in den vergangenen 30 Jahren große Reserven gebildet haben. Hier ist die Bewusstseinsbildung zu intensivieren.

Welche Bedeutung hat der Naturschutz für die Bundesforste?

Hier geht es für uns darum, aktiv und mit wissenschaftlicher Verantwortung Naturschutzflächen zu betreuen. Das sind etwa die Nationalparks Donauauen und Kalkalpen, weiters arbeiten wir mit NGOs wie z.B. dem wwf zusammen. Unsere Aufgabe ist es, die Ansprüche der Gesellschaft in realistische Projekte umzusetzen, ob dies Artenschutzprojekte oder der Schutz von Mooren und Retentionsräumen ist. Ein neueres Beispiel ist die Renaturierung der Koppentraun. Vor 200 Jahren für die Holztrift begradigt, ist sie jetzt wieder renaturiert, weiters schaffen wir öffentliche Zugänge an Seen, denn die Erholungsfunktion ist für die einzelnen Menschen und für die Gesellschaft wesentlich. Wandern und Pilze sammeln mag einfach zu regeln sein, doch Reiten, Radfahren, Drachenfliegen oder Tauchen sind im gesellschaftlichen Interessenausgleich zu ermöglichen und im Ausmaß zu definieren. Unter Beachtung all dieser Aspekte wollen wir Wald so erhalten und gestalten, dass langfristig Erträge möglich sind.

Lohnt sich für ein Großunternehmen wie die ÖBf die Wertholzproduktion?

Das ist abhängig von den Standorten. Im Wienerwald ist dies vor allem die Buche, aber auch Eiche, Esche, Ahorn. Wir investieren viel in Waldpflege: Schutz der Jungpflanzen, Mischung, Durchforstung, selbst Ästung, etwa bei der Kirsche. Auf geeigneten Flächen im Waldviertel pflanzen wir Douglasien. Mit qualitativ hochwertigen Hölzern werden auf Laubholzsubmissionen gute Preise erzielt.

Welche Überlegungen werden im Hinblick auf eine mögliche Klimaänderung gemacht?

Wir haben unsere Ziele, welche Baumarten auf welchen Standorten vorhanden sein sollten. Hinsichtlich der zu erwartenden Änderungen stehen wir in Zusammenarbeit mit der Boku. Es geht darum, die Entwicklung realistisch einzuschätzen und Schlüsse für die Baumartenwahl in den Beständen zu ziehen. In Hochlagen wird die Waldgrenze ansteigen, was aus der Sicht der Forstwirtschaft kein Problem ist: Mehr Wald heißt mehr Holz. In Tieflagen kann es bei der Fichte zu Schwierigkeiten wegen Trockenheit und Schädlingen kommen. Nach dem Windwurf von 2002 vermehrten sich die Borkenkäfer und wurden zu einem ernsten Problem. Die Lösung ist eine andere Durchmischung der Baumarten und eine intensivere Pflege, aber das ist wieder mit höheren Kosten verbunden. Die Buche ist stabiler, und die Buchendurchforstung liefert gutes Energieholz. Am Bioheizwerk Simmering sind die ÖBf zu einem Drittel beteiligt und versorgen es mit Waldhackgut per Bahn und Lkw. Wir betreiben Forschungen, wie viel Biomasse zur Humusbildung im Wald liegen bleiben kann bzw. soll. In unserer eigenen Forschungsstelle sind unter anderem Biomasse und Klimaänderung Schwerpunkte. Eine wichtige Frage ist, wie sich Wald bei einer Klimaänderung CO2-mäßig verhalten wird.

Was soll noch verbessert werden?

Primär wollen wir durch vermehrte Waldpflege den Schadholzanfall senken und die Logistikkette straffen um Schädlingsbefall vorzubeugen. So ist der Einsatz chemischer Schädlingsbekämpfung nur ausnahmsweise nötig. Das stellt natürlich an die Mitarbeitenden erhöhte Anforderungen. Information und Motivation auf allen Ebenen sind daher eine weitere Voraussetzung für immer nachhaltigeres Wirtschaften.

Die ÖBf sind eine Aktiengesellschaft, Aktionär ist die Republik Österreich. Die ÖBf ag bewirtschaften die im Besitz der Republik stehenden Wälder. Die Hälfte der Unternehmensgewinne wird an den Staat abgeführt. Von den 520.000ha Wald sind 350.000ha Wirtschaftswald. Der Rest ist Schutzwald, der ebenfalls gepflegt und bewirtschaftet werden muss. Allerdings beträgt die Umtriebszeit oft mehr als 150 Jahre und die Bringung ist aufwändiger. DI Dr. Putzgruber ist Leiter der Stabsstelle Wald-Naturschutz-Dienstleistungen der ÖBf AG.

www.oebf.at