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Holzahnen, neu belebt

Vor allem den Wiener Bauhölzern waren bis zu zweihundert Jahre Muße gegönnt, um gemächlich austrocknen zu können. Sie sind also völlig frei von Spannungen und hervorragend zu verarbeiten.

erschienen in
Zuschnitt 4 Holzaltern, Dezember 2001 - Februar 2002
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Wo sich der Mensch ansiedelt, dort ist kein Platz mehr für den Wald. Das sollte man meinen, doch tatsächlich schlummern in den großen alten Städten, gut verborgen hinter Putz und Mauern, ganze Wälder in Form uralter Holzbalken und Träme. Die Hölzer tauchen dort wieder auf, wo brüchige Hausveteranen abgerissen werden, und kluge Unternehmer wie Rudolf Schuh sorgen dafür, dass die alten Balken nicht weggeworfen, sondern aussortiert und wieder verwendet werden.

Die Nachfrage nach altem Holz ist groß: Der Wiener Sägebetrieb Schuh exportiert die solchermaßen geretteten und wiederbelebten Baumahnen bis nach Mallorca und Kalifornien, und das hat gute Gründe. Altes Holz hat andere Qualitäten als neues. Vor allem den Wiener Bauhölzern waren hundert bis zweihundert Jahre Muße gegönnt, um gemächlich und nicht von Trockenapparaten gehetzt durch und durch austrocknen zu können. Sie sind also völlig frei von Spannungen und hervorragend zu verarbeiten. Da sie außerdem keinerlei Außenwitterungen ausgesetzt waren, zeichnen sie sich durch einen einheitlichen, leicht gelblichen Farbton aus, der vor allem bei Möbeltischlern sehr begehrt ist.

Für den Innenausbau schätzt man wiederum die gehauenen, also die nicht gesägten, sondern mit der Axt in Form gebrachten Balken, denen man ihr Alter sofort ansieht. Und alt sind sie, denn schon ab etwa 1890 wurde Bauholz fast ausschließlich nur noch gesägt. Vor allem Fichtenholz taucht aus den Abbruchhäusern auf und das war schon hochbetagt, als es geschlagen wurde. Heute lebt kein zur industriellen Verwertung vorgesehener Baum länger als vierzig Jahre, damals fällte man die Kolosse erst ab einem Alter von hundert Jahren. Sie waren entsprechend dicker und länger, und sie hatten auch mehr Zeit gehabt, um sich zu entwickeln. Denn während Holz heute schnell wachsen muss, also relativ viel Platz, guten Boden, viel Licht bekommt, pflanzte man die Bäumchen früher dicht auf dicht oder erntete die Stämme aus Wäldern, die aus natürlichem Anflug entstanden waren.

Fazit: Die alten Bäume bildeten unten kaum Äste aus, was heute, Generationen später, ein unschlagbares Qualitätsmerkmal darstellt. Altes Holz ist im Gegensatz zu seinen Sprösslingen kein nachwachsendes, sondern ein beschränktes Gut. Wie schön, wenn es gepflegt und immer wieder weiterverwendet wird.

Text
Dipl.-Ing. Ute Woltron
Hat an der TU-Wien Architektur studiert, war Redakteurin bei trend, dann bei profil. Derzeit schreibt sie hauptsächlich für den Standard über Architektur und Design.

Altes, gebrauchtes Holz und oder Informationen darüber erhält man bei:
Sägewerk
Ing. Rudolf Schuh
Atzgersdorfer Straße 255
A-1230 Wien
T +43 (0)1/8884247

Erschienen in

Zuschnitt 4
Holzaltern

Was dem Architekten gewollte Ästhetik ist - die natürliche Holzalterung - ist dem Bauherren oftmals ein unakzeptabler Effekt. Übermächtig belegt mit einer Barackensemantik wird das Vergrauen zum Grauen. Holz lebt aber, es altert und zeigt, der Witterung ausgesetzt, schon bald Veränderungen in der Materialstruktur oder an den Schutzstoffen. Nur sachgemäße Planung, die Verwendung geeigneter Materialien und sorgfältige Ausführung von Holzbauten lässt die Alterung von Fassaden zu einem kontrollierten Prozess werden. Mit geringem Unterhalt und - durch Patina veredelt - zusätzlicher Qualität.

8,00 €

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Zuschnitt 4 - Holzaltern