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Weinlokal solo vino
La leggerezza del benessere

Der lange Raum des »solo vino« in Innsbruck ist mit Regalwänden umgeben, die das Weinsortiment zur Geltung bringen. Boden, Tische und Regale sind aus unbehandelter Kupfereiche gefertigt.

erschienen in
Zuschnitt 5 Holz zu Gast, März - Juni 2002
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Innsbruck hat ein außergewöhnliches Lokal erhalten. Kürzlich hat hier eine Ergänzung des ein Jahr jungen italienischen Esslokals solo pasta eröffnet. Die Genese des neuen, anliegenden solo vino vollzog sich sozusagen unter den allerbesten Voraussetzungen. Ein gereifter architekturkonvertierter Bauherr, dessen erstes Lokal von sofortigem und anhaltendem Erfolg gekrönt war, sowie die kongeniale Zusammenarbeit mit einem Architektenteam mit ausgeprägten italophilen Affinitäten haben ein gastronomisch-architektonisches Gesamtkunstwerk entstehen lassen. Lag dem älteren solo pasta noch manch gastronomisch bedingter Vernunftgedanke zugrunde, entstand das danebenliegende kleine Weinlokal mit viel Lust und Freude. Das ist mehr als spürbar.

Die Architekten Thomas Giner und Erich Wucherer reüssierten bereits beim Speiselokal - einem schmalen durch die ganze Gebäudetiefe laufenden Raum mit zwei gegenüber liegenden Eingängen. Der Schankbereich liegt in der Mitte, er bildet das Gelenk für beide Lokalräume. Das solo vino verfügt zwar über einen eigenen Eingang, ist jedoch mit dem Esslokal über zwei Zugänge räumlich verbunden.

Auch im solo vino fand das graubraune, schlammfarbige Holz der seltenen Kupfereiche Verwendung, es bestimmt die Atmosphäre in hohem Ausmaß. Der schmale Raum ist mit Regalwänden förmlich ausgekleidet. Hier lagert die Essenz des Lokals, Weine aus sämtlichen Regionen Italiens, deren Angebot studiert und im Sortiments- und Preisvergleich auf kleinen Täfelchen selbst ausgesucht werden kann. Ebenfalls aus unbehandeltem Holz sind die langen Tische und der Boden. Die rohe, unbehandelte, edel-asketische Kupfereiche erweckt gleichzeitig die Empfindung von Dichte und Leichtigkeit, von Masse und Zurückhaltung. Dem unbehandelten Holz werden die Jahre - wie vielen Weinen im solo vino- ausgezeichnet bekommen. Die Patina wird es noch verschönern. Als Kontrast wurde die Decke aus dem industriellen Produkt MDF

gefertigt. Für die Holzarbeiten verantwortlich zeichnet der Innsbrucker Tischler Gerhard Höckner. Die Stühle sind Entwürfe aus 1926 von Max E. Häfeli, einem Schweizer Architekten der Klassischen Moderne. Das Licht, darunter Pendelleuchten aus gerostetem Stahl, wurde speziell für dieses Lokal in Zusammenarbeit mit Halotech entwickelt.

Der unprätentiöse Umgang mit dem Raum und das feine Gespür für Form und Material verbindet sich hier mit viel passione, eben jener ganz einfachen und gleichzeitig so schwer beschreibbaren irdischen Sinnlichkeit. Diese gelungene Symbiose ist dem solo vino ebenso eigen wie dem solo pasta. Hier trifft in Abwandlung zu: Auf alles ist Bedacht genommen und die Selbstverständlichkeit wirkt befreiend.

Architekten
Giner & Wucherer

Bauherr
Giovanni Guiseppe Conte

Standort
Innsbruck, Tirol

Fertigstellung

2001

Ausführung
Tischlerei Gerhard Höckner

Thomas Giner & Erich Wucherer
1979 - 86 Architekturstudium an der Technischen Universität lnnsbruck.
1987 - 92 Mitarbeit im Büro Architekt Bliem, Hall in Tirol.
Seit 1991 Bürogemeinschaft Giner & Wucherer.

Weitere Lokale von Giner & Wucherer
2000 Restaurant Solo Pasta in Innsbruck

Thomas Giner & Erich Wucherer
Museumsstraße 10
A-5020 Innsbruck
T +43 (0)512/57 25 78
F +43 (0)512/57 25 78 - 10
office@giwu.at
http://www.giwu.at


verfasst von

Gabriele Reiterer

  • studierte Kunst-und Architekturgeschichte an der Universität Wien
  • Lehrt an der TU Wien und verfasst Beiträge über Architektur und Städtebau

Erschienen in

Zuschnitt 5
Holz zu Gast

Es gibt sie, die Bauten für Gäste, die beweisen, dass touristische Begehrlichkeiten nicht mit falscher Heimeligkeit, sinnentleerter Symbolik und billigen Repliken erfüllt werden müssen. Mit »Zeitgemäßer Architektur im Tiroler Stil« und künstlicher »Dorfplatzidylle« herrscht dennoch immer noch mehr Schein als Sein. Umso wichtiger sind jene, die versuchen, diese Front zu durchbrechen und zu einer Architektur – auch in Holz – zu stehen, die in heutiger Sprache auf das Besondere von Orten antwortet, dabei auf Traditionen, Erinnerungen und Sehnsüchte eingeht. Bewahren heißt nicht konservieren, sondern das Erhaltenswerte weiterentwickeln.

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Zuschnitt 5 - Holz zu Gast