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Holz + Textil
Formholzprofile und textile Verstärkungen

Die Verstärkung von Formholzrohren erfolgt einerseits durch Einschlagen mit flächigen Geweben oder Gelegen, andererseits durch räumliche, biaxiale Gestricke, die aufgezogen werden.

erschienen in
Zuschnitt 17 Holz +, März 2005
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Formholzprofile

Das Wachstum des Baumes und dessen Einschnitt im Sägewerk führen einerseits zu hohen Materialverlusten, andererseits zu Vollquerschnitten, die verglichen mit technischen Profilen geringe Flächenmomente erzielen.

Nadelholz weist ein Porenvolumen von ca. 60 Prozent auf, seine polymere Zusammensetzung gestattet jedoch bei einer Temperatur von 140°C und einem Druck von fünf MPa eine leichte plastische Formgebung quer zur Faser. Weiters kann die Stauchung von Holz ohne Schädigungen seiner Mikrostruktur wieder rückgängig gemacht und fixiert werden. Unter dieser Voraussetzung können Platten aus Pressholz geleimt werden, deren Verdichtungsrichtung in Plattenebene verläuft und aus denen durch Dehnen der gestauchten Zellstruktur unter Zufuhr von Wärme und Feuchtigkeit prismatische Querschnitte hergestellt werden, die oben genannte Nachteile nicht mehr aufweisen.

Holz-Textil-Verbunde

Festigkeit und Steifigkeit parallel zur Faser können im Zuge der Bemessung von Holzquerschnitten in Längsrichtung wirksam kompensiert werden. Hingegen stellen Schub- und Querbeanspruchungen in Bauteilen und Verbindungen selbst erfahrene Tragwerksplaner immer wieder vor Schwierigkeiten, die mittlerweile eine Vielzahl verschiedener Lösungen und Nachweise hervorbrachten und zu einem unübersichtlichen Spezialwissen führten.

Es ist daher wünschenswert, den in Zusammenhang mit Form und Anisotropie (Richtungsabhängigkeit) stehenden Problemen mit einer universellen Technologie zu begegnen.

Textilien nach Maß

Das Anordnen von Fäden zu einem flächigen oder räumlichen Gebilde ist Gegenstand der Textiltechnik. Ihr Einsatz im Bauwesen wird im Sonderforschungsbereich 528 »Textile Bewehrungen zur bautechnischen Verstärkung und Instandsetzung« an der Technischen Universität Dresden untersucht. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit dem Institut für Textil- und Bekleidungstechnik ermöglicht form- und beanspruchungsgerechte Bewehrungen aus Glas-, Kohle-, Aramid- und Naturfasern.

 

Verstärken

Die Verstärkung von Formholzrohren erfolgt einerseits durch Einschlagen mit flächigen Geweben oder Gelegen, andererseits durch räumliche, biaxiale Gestricke (Schläuche), welche aufgezogen werden. Die Ausrichtung der Verstärkungsfäden kann radial und longitudinal oder zur Erhöhung der Schubfestigkeit in zwei entgegensetzten Schraubenlinien erfolgen. Im Falle des Formbalsaprofils ist angesichts dessen geringer Festigkeit parallel zur Faser auch eine Längsverstärkung sehr sinnvoll.

Verbinden

Stabförmige Verbindungen versagen infolge von Schub- und Querzugspannungen, form- und beanspruchungsgerechte Textilien können zur optimalen Bewehrung dieser lokalen Spannungszustände eingesetzt werden und ermöglichen damit neue Konzepte für Formholzkonstruktionen. Beanspruchungsgerechte Textilien zeigen signifikante Verbesserungen des Tragvermögens und der Duktilität (Zähigkeit), der tailor-made-index (tmi) setzt textiles Flächengewicht und Verstärkungswirkung in Beziehung.

Zur Verbindung des Formholzrohres bietet sich in Anlehnung an den Gussknoten im Stahlbau ein massiver Holzkern an. Daraus ergeben sich ebene und räumliche Tragwerke, die mit handwerklichen und industriellen Fügetechniken ausgeführt werden können oder aus Zwieseln geeigneter Laubbäume bestehen. Deren konstruktive Verwendung im Bauwesen zielt einerseits auf eine höhere Wertschöpfung des Holzes, andererseits auf die Schaffung architektonisch anspruchsvoller Tragwerke durch Integration organischer Wuchsformen. Dabei wird zur Erfassung der Geometrie und der inneren Struktur mit Fotogrammetrie bzw. Computertomografie gearbeitet.

Schützen

Die Herstellung des Verbundes erfolgt mit synthetischen Harzen, wobei auf handwerkliche oder industrielle Verfahren zurückgegriffen werden kann. Die vollflächige Bewehrung ganzer Bauteile in Verbindung mit Oberflächenbehandlungen des Leichtbaus stellt neben der statischen Verstärkung auch einen wirksamen konstruktiven Schutz vor Witterungseinflüssen dar. Dies ist nicht nur bei Feuchtigkeit ein entscheidender Vorteil, sondern auch in Hinblick auf korrosive Umgebungen. Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs finden umfangreiche Untersuchungen zur Dauerhaftigkeit des Holz-Textil-Verbundes statt. Bei Verwendung mineralischer Matrices (Zement) anstelle synthetischer Harze lassen sich Formholzrohre zum Schutz gegen Brand auch mit Textilbeton bewehren. Weiterentwicklungen ergeben sich daraus etwa im mehrgeschossigen Wohnungsbau und bei Schalungssystemen.

Mit technischen Textilien wird eine Brücke vom Holz- zum Leichtbau geschlagen, so dass hier ebenfalls mit einer Akzeptanz des Holz-Textil-Verbundes zu rechnen ist, die mittelfristig eine völlig neue Qualität im Umgang mit dieser nachwachsenden Ressource erwarten lässt.


verfasst von

Peer Haller

  • 1983 – 1987 Studium des Maschinenbaus, Promotion Forschungsaufenthalt in Tokio
  • 1989 – 1994 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der epf Lausanne am Lehrstuhl für Holzkonstruktionen – ibois
  • seit 1994 Professor für Ingenieurholzbau und baukonstruktives Entwerfen am Institut für Baukonstruktionen und Holzbau der tu Dresden
  • seit 2003 Direktor des Instituts für Stahl- und Holzbau der tu Dresden

Erschienen in

Zuschnitt 17
Holz +

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Zuschnitt 17 - Holz +