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Ein Abenteuer
Zweiter Traversinersteg in Sils/Zillis

Der Steg ist als „hängende Treppe“ ausgeführt. Ein Rautenfachwerk mit einem doppelten Strebenzug, die Steifigkeit der Brettschichtholzträger und die Vorspannung der Hauptseile verhindern große Schwingungen.

erschienen in
Zuschnitt 25 Aber sicher, März 2007
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Zweiter Traversinersteg in Sils/Zillis  Zweiter Traversinersteg in Sils/Zillis - Planskizze

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Der 1996 erbaute Traversinersteg in der Viamala fiel im März 1999 einem Felssturz zum Opfer. Der Zweite Traversinersteg überquert die Schlucht etwa siebzig Meter weiter rheinwärts an einem geschützteren Ort. Die Spannweite ist im Vergleich zur alten Brücke beträchtlich größer. Um die Baukosten dennoch in einem vertretbaren Rahmen zu halten, ist die Brücke als vorgespanntes Seilfachwerk mit natürlichen Pylonen und einem schrägen Gehweg angelegt, einer hängenden Treppe mit einer horizontalen Spannweite von 56m und einer Höhendifferenz von 22m.

Durch die Neueröffnung des Stegs wurde das die Region durchziehende Wanderwegenetz wieder geschlossen. Das Wohlbefinden der Wandersleute, ihr subjektives Sicherheitsgefühl bezüglich Tiefblick und Schwingungen auf der 70m über dem Bachbett hängenden Treppe war eine entscheidende Planungsaufgabe. Außenliegende Träger verhindern den vertikalen Blick ins Tobel und liegend angeordnete Geländerbretter unterstützen den Sichtschutz. Die Föhrenholztritte des nach unten mit einem Radius von 150m gebogenen Gehwegs gewährleisten durch ihre sägerauen Oberflächen Rutschfestigkeit. Ein Rautenfachwerk mit doppeltem Strebenzug, die hohe Steifigkeit der Brettschichtholzträger aus Lärchenholz und die Vorspannung der Hauptseile begrenzen das Schwingen und Schaukeln des Gehwegs auf ein vertretbares Maß. Die Begehung im Winter ist jedoch unmöglich, da die Zugangswege nicht passierbar und deswegen gesperrt sind.

Die Tragkonstruktion des Stegs besteht aus einem vorgespannten Seilfachwerk, das in zwei vertikalen Ebenen angeordnet ist. Seine Form führt unter maximaler (Schnee)Belastung zu einer konstanten Kraft in den Hauptseilen. Die Diagonalen des Fachwerks, der Windverband, die Geländerpfosten und die zehn parallel geführten Lärchenbrettschichtholzträger sind an Stahlquerträgern angeschlossen. Ein im Trittprofil ausgeschnittenes Lärchenbrettschichtholz ist auf den mittleren zwei Trägern aufgeschraubt. Darauf sind die Tritte aus Föhrenkernholz befestigt. Die sägerauen Geländer (ebenfalls Föhre), sind zwischen Stützen aus Flachblech eingesetzt und werden durch zwei Stahlstäbe in die Kreisbahn gezwungen. Ein konsequent umgesetzter konstruktiver Holzschutz, die Feuerverzinkung der Stahloberflächen sowie der Einsatz witterungsbeständiger Hölzer wie Lärche und Föhre gewährleisten die hohe Lebensdauer des 2005 eröffneten Stegs, aber trotzdem: ganz ohne flaues Gefühl in der Magengegend vertraut sich wohl niemand dem visuell so fragilen Bauwerk an und die Querung der Viamala-Schlucht ist und bleibt ein Abenteuer.

Planung

Conzett, Bronzini, Gartmann AG
Bahnhofstrasse 3
CH-7000 Chur
T +41 (0)81/258 30 00
cbg(at)cbg-ing.ch
www.cbg-ing.ch

Holzbau

Andri Freund Holzbau GmbH
Cho d’Punt 64/ 66
CH-7503 Samedan
T +41 (0)81/852 37 66
a.freundholzbau(at)bluewin.ch
www.freund-holzbau.ch

Boner Holzbau AG
CH-4279 Serneus
T +41 (0)81/422 27 80
klosters(at)boner-holzbau.ch
www.boner-holzbau.ch

Dieser Beitrag wurde in längerer Version veröffentlicht in: Lignum, Holzbulletin 77, Dezember 2005, Zürich
www.lignum.ch

Foto
© Wilfried Dechau

 

Literatur

Traversinersteg. Fotografisches Tagebuch
Wilfried Dechau mit Beiträgen von Jörg Schlaich, Rolf Sachsse, Ursula Baus; 104 Seiten, deutsch/englisch; Ernst Wasmuth, Tübingen/Berlin 2006; ISBN 3-8030-0662-7, €78,–

www.traversinersteg.ch


verfasst von

Roland Brunner

1997 Diplom als Holzbauingenieur in Biel, seit 2003 bei der Lignum fürdie technische Kommunikation zuständig, unter anderem für die Redaktion desHolzbulletin. 

Erschienen in

Zuschnitt 25
Aber sicher

... sollte man ab und zu etwas riskieren! Was aber ist Sicherheit, wenn es um’s Bauen geht? Ein subjektives Empfinden oder eine messbare Größe? Eine Frage von persönlicher Verantwortung aller Beteiligten oder von Politik und Gesetzgebung? Kaum ein anderer Begriff beinhaltet eine ähnlich große Bandbreite an Aspekten; denn niemand will, dass was passiert, doch wo verläuft die Grenze zwischen Unbesonnenheit und Überregulierung?

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Zuschnitt 25 - Aber sicher