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In der Praxis
Erforschungen von Holz-Stahl-Konstruktionen

erschienen in
Zuschnitt 40 Holz und Stahl, Dezember 2010
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Verbundlos vorgespannte Brettsperrholzdecken

Die Anfrage eines Bauherrn bezüglich eines Werkstättengebäudes aus Holz im Mai 2004 beantworteten wir mit der Idee, dieses zur Gänze aus Brettsperrholzplatten zur errichten. Der Wunsch nach hohen Räumen und die Beschränkung der Bauhöhe ergaben, dass die Deckenplatten bei einer Spannweite von 11 Metern und einer Nutzlast von 12 kN/m2 nur maximal 45 cm stark sein durften. Eine massive Holzplatte hätte 54 cm stark sein müssen, um die geforderte maximale Durchbiegung von 36,7mm (f = l/300) bei einer Langzeitformänderung zu erfüllen.

Da wir bereits Erfahrungen mit Vorspannung im Betonbau hatten, kam ich auf die Idee, eine Holzplatte verbundlos vorzuspannen. Was Beton kann, kann doch Holz auch, dachte ich mir. Das Bauprojekt kam schlussendlich nicht zustande. Wir aber bauten einen Versuchsträger aus zwei Brettsperrholzplatten (218 x 625mm) und zwei Spannlitzen (Typ VT-CMM 02-150) mit den dazugehörenden Spannköpfen und Ankerplatten.

Die beiden Holzplatten wurden mittels vollflächiger PU-Nagelpressverleimung zusammengesetzt. Anschließend bekam der Träger einen 45mm breiten parabelförmigen Schlitz, in den die Spannkabel eingebaut wurden. An beiden Enden des Trägers wurden Stahlplatten (300 x 350 x 25mm) mit 3 Grad Neigung angebracht, durch die die Spannkabel führen. Der Träger war nun 11,3m lang und hatte einen Querschnitt von 625 x 440mm. Die Spannpresse wurde angebracht, um den Träger mit 300kN vorzuspannen. Das heißt, der Holzquerschnitt erhielt nun eine Normalkraft, die mit 6 cm Exzentrizität eingeleitet wurde. Infolge der parabelförmigen Kabellage an der Unterseite entstanden auch Umlenkkräfte.

Bei der Probebelastung dienten uns OSB-Pakete als Last. Ein Paket wiegt ca. 1.000kg und ist 62,5cm breit und 250cm lang. Dies ergibt eine Last von 4 kN/m einreihig und bei zwei übereinanderliegenden Reihen 8 kN/m. Das entspricht einer Flächenlast von ca. 12,5 kN/m2. Die maximale gemessene Durchbiegung (= Überhöhung aus Verleimung + Überhöhung aus Vorspannung – Durchbiegung aus Volllast) ergab 16 mm.

Am 10. Oktober 2010 führten wir bei dem vorgespannten Balken wieder eine Probebelastung durch und konnten annähernd die gleiche Durchbiegung messen. Der Holzbalken war fünf Jahre hindurch Teil der Lagerlogistik und wurde immer wieder be- und entlastet. Im letzten Jahr lag er im Freien und war nur durch seine innere Vorspannung belastet.

Nach dem Auflegen des Trägers auf den Lagerbalken konnte eine Nulllage von 65mm Überhöhung gemessen werden. Unter Last, wieder 8kN/m, gab er nach und verformte sich um 48mm nach unten. Man sieht, dass der Träger, der sechs Jahre lang unter Druck stand, sich statisch kaum verändert hat – er hat etwas nachgegeben und ist kürzer geworden, daraus kann man auch den zusätzlichen Millimeter Durchbiegung ableiten. Man kann also von einer dauerhaften Konstruktion sprechen.

Mitwirkende Firmen

Holzbau Schafferer

Navis/A

Santner Holzindustrie

(heute Binderholz GmbH)
Tamsweg/A

Vorspann-Technik GmbH

Salzburg/A

Foto

© Alfred Brunnsteiner

Erschienen in

Zuschnitt 40
Holz und Stahl

Holz und Stahl sind wie Geschwister. Jedes hat sein eigenes Wesen mit charakteristischen Stärken und Schwächen, und doch haben sie einiges gemeinsam. Zusammen sind sie stark und machen Unmögliches möglich.

8,00 €

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Zuschnitt 40 - Holz und Stahl