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Das behutsame Manifest

erschienen in
Zuschnitt 43 Die Außenwand, September 2011

Daten zum Objekt

Standort

Via Aproca 30, Lugano/CH

Planung

Studio di architettura Lorenzo Felder, Lugano/CH, www.feldersteiger.ch

Bauherr

Mimi Lepori Bonetti, Lorenzo Felder

Holzbau

Laube AG, Biasca/CH, www.laube-sa.ch

Bauphysik

IFEC Consulenze SA, Rivera/CH, www.ifec.ch
Martinelli + Menti AG, Luzern/CH, www.martinellimenti.ch

Fertigstellung

2008

Typologie

Wohnbauten

Holzrahmenwand, tragend I

Die Casa Montarina, ein sechsgeschossiges Gebäude von Architekt Lorenzo Felder, entstand aus der Sensibilität für eine soziale Nachhaltigkeit, deren Ziel es ist, »dem Energieverbrauchsstandard mittels Einsatz von Minergie-Eco-Technologien zu entsprechen«, aber auch »den Anforderungen junger Familien Rechnung zu tragen, Wohnraum mit den Charakteristika eines Einfamilienhauses zu vertretbaren Kosten erwerben zu können, ohne die Stadt verlassen zu müssen«.Um dies zu erreichen, erdachte Lorenzo Felder für die Casa Montarina ein Konstruktionssystem aus Holz. Die Definition des Tragsystems ist von der Materialwahl bestimmt, von der städtebaulichen Lage des Gebäudes, der Topografie des Ortes sowie der Typologisierung der vier übereinanderliegenden, voneinander unabhängigen Wohneinheiten und den Anforderungen an den Brand- und Schallschutz. Das Gebäude besteht aus zwei weitgehend eigenständigen Bauteilen, die lediglich durch das Treppenhaus und einzelne Außenwandabschnitte miteinander verbunden sind. Die Tragwerksplanerin Cristina Zanini ­erläutert die sechsgeschossige Konstruktion wie folgt: »Die ausschließlich aus Holz bestehende Tragstruktur setzt sich aus vorgefertigten Rahmenelementen zusammen. Diese bestehen aus massiven Holzbalken und -stützen, aus einer tragen­den Beplankung aus Holzwerkstoffen und aus dem Dämmmaterial in den Zwischenräumen.

Die 140mm star­ken Decken sind als Kastenelemente ausgeführt. Dort, wo die Decken zwischen zwei Wohnungen liegen, weisen sie eine Stärke von 220mm auf, um sowohl die erforderliche Abschottung der Brandabschnitte als auch den ­erforderlichen Schallschutz zu gewährleisten.« Die Wände sind als dreigeschossige Fertigteilelemente ausgeführt, dies verleiht den darin integrierten Stützen die maximale Kontinuität in der vertikalen Kraftableitung. Die Wände, die parallel zur Geländestufe liegen, dienen als primär tragende Elemente und als Auflager für die Decken, während die Wände im rechten Winkel diese aussteifen und die räumliche Tragstruktur vervollständigen. Die Außenwände sind so bemessen, dass im Falle eines Brandes die Standfestigkeit der darüberliegenden Wohnung gewährleistet wird. Die 280 Elemente, aus denen sich das Gebäude zusammensetzt, wurden in der Werkstatt abgebunden, zusammengesetzt, mit ­Installationen und Innenbeplankungen versehen und dann zur Baustelle transportiert. Die Topografie und das beschränkte Platzangebot forderten eine Ausführung nach der Logik »just in time« ein: Die Außenwände des Gebäudes wurden pünktlich zum Zeitpunkt der Montage an der Baustelle angeliefert. Die Eternitplatten wurden dagegen erst bauseits aufgebracht und verbergen nun vollends die Natur der Tragkonstruk­tion. Dies ist kein Zufall: In Lugano würde ein augenscheinlich reines Holzhaus den Status eines Exoten riskieren. Die Außenhaut aus Eternit lässt es »normaler« erscheinen. In den stati­schen und energietechnischen Eigenschaften des Gebäudes und im Innenraum tritt diese jedoch sichtbar hervor.

Die Casa Montarina nimmt also, um es mit Robert ­Venturi zu sagen, eine exemplarische Charakteristik des »behutsamen Manifestes« ein: Das Holz sieht man nicht, aber es ist da mit all seinen guten Eigenschaften.


verfasst von

Alberto Alessi

Architekt, freier Kurator und Kritiker, lebt in Zürich

Erschienen in

Zuschnitt 43
Die Außenwand

Ob stab- oder plattenförmige Elemente, ob Rahmen- oder Massivbau, Bauen mit Holz bietet eine große Vielfalt an Wandtypen. Allen ist gemeinsam, dass Holz den Innenraum vor Kälte, Hitze, Lärm und dem Wetter schützt, und das mit all seinen positiven Eigenschaften.

8,00 €

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Zuschnitt 43 - Die Außenwand

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