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Dan Peterman

1986 begann Dan Peterman, der gerade sein Kunststudium abgeschlossen hatte, im Resource Center zu arbeiten, und bezog zeitgleich ein Atelier im Gebäude. Mit der Weiterverarbeitung von recycelten Materialien setzt er seither Prozesse in Gang, die dem scheinbar Wertlosen wieder eine Bedeutung und Funktion zuschreiben.

erschienen in
Zuschnitt 55 Holz bildet, September 2014
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Der Gebäudekomplex »The Building« an der Ecke 61st Street und Blackstone Avenue in Chicago wurde Anfang der 1970er Jahre zur Basis des größten gemeinnützigen Recycling-Betriebs der Stadt, dem Resource Center. Gegründet und betrieben vom Philosophen Ken Dunn lag das ehemalige Parkhaus zwischen zwei unterschiedlichen Welten. Auf der einen Seite die Universität und der Mittelklassebezirk Hyde Park, auf der anderen Seite eine durch Abriss und Verfall gekennzeichnete Gegend, in der vorwiegend die schwarze Arbeiterschicht lebte.

1986 begann Dan Peterman, der gerade sein Kunststudium abgeschlossen hatte, im Resource Center zu arbeiten, und bezog zeitgleich ein Atelier im Gebäude. Mit der Weiterverarbeitung von recycelten Materialien setzt er seither Prozesse in Gang, die dem scheinbar Wertlosen wieder eine Bedeutung und Funktion zuschreiben. Petermans Aktivitäten innerhalb der Organisation, die er 1996 übernahm, sind eng mit seiner eigenen künstlerischen Praxis an der Schnittstelle von Kunst, Ökologie und Ökonomie verbunden. Das von Peterman initiierte »Experimentieren mit mikroökonomischen Strukturen« innerhalb des Resource Center führte zu einem ­produktiven Nebeneinander von unterschiedlichen Unternehmungen.

2001 brannte The Building bis auf die äußeren Mauern ab. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit mit der Stadt Chicago konnte Dan Peterman den Gebäudekomplex schließlich neu auf­bauen, 2004 wiedereröffnen und führt ihn bis heute unter dem Namen »Experimental Station« weiter.

Mit dem Neubau entstanden auch neue Aktivitäten, wie ein wöchentlich stattfindender Bauernmarkt oder die Unterstützung der Chicago Free School, einer alternativen Volksschule mit Kindergarten. Eines der Prinzipien der Chicago Free School ist die Autonomie und Freiheit der Schüler, jene Fächer und ­Exkursionen zu wählen, die in ihrem Interesse liegen oder ihrem Talent entsprechen. Ein unmittelbarer und persönlicher Bezug zwischen Lehrern und Schülern wird durch die maximale Anzahl von 15 Schülern pro Klasse erreicht. Nach einem ähnli­chen Prinzip entwarf Dan Peterman 2004 für seine erste große Einzelausstellung in den usa die hier abgebildete Arbeit »Carbon Bank (classroom)«. Die im Museum of Contemporary Art in Chicago ausgestellte Installation zeigt ein etwa 21 Meter langes Gewächshaus, dessen Innenraum mit Rindenmulch ausgelegt ist und in dem Baumstämme als Hocker dienen. Das Licht, das durch die transparente Kunststoffplane gefiltert wird, erzeugt eine beruhigende, fast sakrale Atmosphäre. Der Rindenmulch bzw. die Holzspäne entwickeln einen vertrauten Geruch und bilden das transitorische Element zwischen der inneren und der äußeren Welt. Es ist ein Ort, an dem die Lehrer mit ihren Schülern auf Augenhöhe in ­einen Dialog treten können. Architektoni­sche ­Hierarchien werden durch das schlichte Nebeneinander der Baumstämme ausgeschaltet und ihre Einzigartigkeit soll wohl auch daran erinnern, dass Schüler Individuen sind, die nicht nach einem starren, uniformen Lehrplan unterrichtet werden können.

Dan Peterman

geboren 1960 in Minneapolis
lebt und arbeitet in Chicago
Studium an der M.F.A. ­University of Chicago, B.F.A. University of ­Wisconsin-Eau Claire

Einzelausstellungen (Auswahl)

  • 2012 deCordova Sculpture Park and Museum, Lincoln/MA
  • 2011 La Plage (Plastic Bones), Klosterfelde, Berlin
  • 2010 Villa du Parc, Centre d’Art Contemporain, Annemasse/FR
    Overbeck-Gesellschaft, Lübeck
  • 2006/07 Andrea Rosen Gallery, New York
  • 2006 Adaptations, Klosterfelde, Berlin
  • 2004 Plastic Economys, Museum of Contemporary Art, Chicago

    Gruppenausstellungen (Auswahl)

    • 2014 Between Critique and Absorption – Contemporary Art and Consumer Culture, Haggerty Museum of Art, Marquette University, Milwaukee
    • 2012 Struktur & Organismus, Marillenhof – Destillerie Kausl, Mühldorf/Wachau
      L’Institut des archives sauvages, Villa Arson, Nizza
    • 2011 Über die Metapher des Wachsens, Kunstverein Hannover, Hannover, Kunsthaus Baselland,
      Muttenz/CH, und Frankfurter Kunstverein, Frankfurt
    • 2010 Zur Nachahmung empfohlen! Uferhallen, Berlin
      En présence, ceaac, Straßburg

    Fotos

    © Andrea Rosen Gallerie, New York/Michal Raz-Russo


    verfasst von

    Stefan Tasch

    Studium der Kunstgeschichte in Wien und Edinburgh, arbeitet als freier Kurator

    Erschienen in

    Zuschnitt 55
    Holz bildet

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    Zuschnitt 55 - Holz bildet