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Mark Leckey

erschienen in
Zuschnitt 56 Holz hören, Dezember 2014
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Für seine Videos, Installationen und Performances nutzt der in Liverpool aufgewachsene Künstler Mark Leckey häufig gesampelte Musik, elektronische Klänge und gesprochenen Text. Die hier abgebildete Arbeit aus dem Jahr 2012 bildet den vorerst letzten Teil einer ganzen Serie monumentaler Soundskulpturen. In »BigBoxNaturalAction«, für das kanadische Banff Centre konzipiert, stellt Leckey den aus Holz gefertigten Lautsprechern eine Felsplatte (Rundle Rock) aus dem nahe gelegenen Steinbruch gegenüber. Durch die Beschallung will er diese über 240 Millionen Jahre alte Kalksteinplatte mit ihrer wellenartigen Oberfläche und den fossilen Einschlüssen »beleben«. Mark Leckey nähert sich in seinen Arbeiten den vermeintlich toten Dingen mit neuen Strategien und versucht, sie mit Klängen, Musik und Texten aus ihrem Dasein als stumme Objekte herauszureißen. Die unmittelbare Erfahrung spielt dabei eine wichtige Rolle.

Vorlage für diese Art der Lautsprecherkonstruktion sind die jamaikanischen »Sound Systems«, die in den 1950er Jahren in den Slums von Kingston entwickelt und über die Jahre hinweg immer weiter modifiziert wurden. Mit Bassfrequenzen von über 30.000 Watt wurden ganze Straßenzüge und Parkplätze zu Partyzonen umfunktioniert. Für Leckey haben diese Boxen nicht nur skulpturale Qualitäten, sie sind darüber hinaus auch ein ebenbürtiges Medium, um mit Objekten oder Skulpturen zu »kommunizieren«.

2003 zeigte der Künstler erstmals eine solche Soundinstallation in der Tate Britain in London Damals beschallte er mit ähnlichen Lautsprechern wie in der hier zu sehenden »BigBoxNaturalAction« eine über zwei Meter hohe Skulptur des amerikanisch-britischen Bildhauers Jacob Epstein (1880 – 1959). Diese eigens für die Situation konzipierte Sound- und Sprechperformance, die über Lautsprecher verstärkt wurde, war für ihn die einzige Möglichkeit, Epsteins Arbeit entgegenzutreten. Kein Text, keine Theorie war seiner Ansicht nach geeignet, dieser für ihn eigenwilligen Skulptur näherzukommen. Noch im selben Jahr stellte Mark Leckey seine Boxen in der Serpentine Gallery in London einer Skulptur von Henry Moore gegenüber. 2012 nahm der Künstler erstmals Objekte außerhalb des künstlerischen Kanons als Beschallungsobjekte in seine Serie auf und stellte in der Manchester Art Gallery ein industrielles Artefakt ins Zentrum der Beschallung. Wie eine brutalistische Skulptur stand der ausrangierte und drei Tonnen schwere Teil einer Dampfmaschine im Ausstellungsraum, von Leckey mit »Industrial Sound« und ohrenbetäubenden Fabrikgeräuschen bespielt. Damit entstand ein Bezug zur ehemaligen Rolle Manchesters als wichtigstes industrielles Zentrum der Welt, zu seiner Geschichte während der Industriellen Revolution und zu den Menschen, die in dieser Stadt in den Fabriken arbeiteten. Ähnlich wie im Animismus interessiert sich auch Mark Leckey für beide Welten: die sichtbare materielle und die unsichtbare geistartige.

Lautsprecher aus Holz und eine Felsplatte: »BigBoxNaturalAction«, The Banff Centre, Kanada, 2012

Mark Leckey
geboren 1964 in Birkenhead
lebt und arbeitet in London
BFA, Newcastle Polytechnic, Newcastle upon Tyne
Turner Prize, Tate, London 2008

Einzelausstellungen (Auswahl)

  • 2015 UniAddDumThs, Kunsthalle Basel, Basel
    Mark Leckey, Haus der Kunst, München
  • 2014 A Month of Making, Gavin Brown’s enterprise, New York
  • 2013 On Pleasure Bent, Hammer Museum, Los Angeles
  • 2012 Stills & Trailers, Galerie Buchholz, Berlin
    BigBoxGreenScreenRefrigeratorActions, Walter Phillips Gallery at The Banff Centre, Alberta/ca
  • 2011 Printed Pictures, Cabinet II, London
    see, we assemble, Serpentine Gallery, London

Gruppenausstellungen (Auswahl)

  • 2015 Transmission: Legacies of the Television Age, National Gallery of Victoria, Melbourne
    Puddle, pothole, portal, SculptureCenter, Long Island City, New York
  • 2014 Kerstin Brätsch, Mark Handforth, Mark Leckey, Gavin Brown’s enterprise, New York
    Return Journey, mostyn-gallery, Llandudno/UK
  • 2013 Il Palazzo Enciclopedico (The Encyclopedic Palace), 55. Biennale von Venedig, Venedig
    Carnegie International, Carnegie Museum of Art, Pittsburgh/pa
  • 2012 Ghosts in the Machine, New Museum, New York
    White Ford Cotton, Cabinet, London

Kurator

  • 2013 The Universal Addressability of Dumb Things, Hayward Gallery, London

Foto

© Kim Williams


verfasst von

Stefan Tasch

Studium der Kunstgeschichte in Wien und Edinburgh, arbeitet als freier Kurator

Erschienen in

Zuschnitt 56
Holz hören

Wie Tonspuren sehen die Jahrringe dieses Baumes aus. Sie führen uns in die faszinierende Klangwelt des Holzes.

8,00 €

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Zuschnitt 56 - Holz hören