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Hotel Montagne Alternative in Orsières

erschienen in
Zuschnitt 57 Altes Holz - neu gedacht, März 2015
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Daten zum Objekt

Standort

Orsières/CH Google Maps

Bauherr:in

Montagne Alternative, Orsières/CH, www.montagne-alternative.com

Architektur

dl-i, designlab-intérieurs Sàrl, Genf/CH, www.dl-i.ch

Holzbau

Artisabois Sàrl, Sembrancher/CHTaramarcaz Alain Sàrl, Sembrancher/CHVincent Schürch, Vernayaz/CHRausis et Cinquanta SA, Orsières/CH

Konstruktionsart

Bruchsteinmauerwerk, Blockbau

Fertigstellung

2015

Das Ensemble erhalten

Um das Ensemble zu schützen, wurden ehemalige, teils jahrhundertealte Scheunen in Unterkünfte mit modernem Komfort umgebaut. Der alte Weiler Commeire liegt auf 1.454 Metern Seehöhe und zählte in seiner Blütezeit rund sechzig Seelen; heute sind es nur noch ein Dutzend. Bis in die 40er Jahre des letzten Jahrhunderts lebten die Bewohner praktisch autark von der Landwirtschaft. Das änderte sich erst mit dem Bau der Verbindungsstraße hinunter nach Orsières, Etappenort am Alpenübergang des Großen St. Bernhard. Heute gibt es kaum noch Landwirtschaft in Commeire, zu beschwerlich ist es, den steilen Berghängen etwas abzuringen.

Als der Belgier Ludovic Orts den pittoresken Ort 2005 auf einer Skitour entdeckte, war er derart fasziniert, dass er zusammen mit zwei Geschäftspartnern sogleich ein touristisches Konzept für den Weiler entwarf, das die Einzigartigkeit des Standorts und seiner Bewohner in eindrücklicher Art und Weise berücksichtigt. 2008 beauftragten die drei Partner und Gründer von Montagne Alternative den Genfer Architekten Patrick Devanthéry mit der Erneuerung und Umwandlung von fünf Scheunen  und einem Steinhaus in touristische Unterkünfte.

Das Projekt orientiert sich an der lokalen Bauweise: Ein erstes Geschoss aus Steinen stemmt sich gegen die Schwerkraft und bietet dem Wasser die Stirn; ineinander verkeilte Bohlen stützen die Dächer. In der Ausführung mit Vollholz sind die Dimensionen der Bauteile durch die Größe der Bäume gegeben.

Unter dem Motto »Das Schöne erhalten und komfortabel als Wohnraum einrichten« wurden die heruntergekommenen Scheunen wieder instand gesetzt und so vor dem endgültigen Zerfall gerettet. Ihr Alter und ihre Unvollkommenheit wurden bewusst akzeptiert; nur hie und da behob man die gröbsten Mängel. So ersetzen auf dem Dach Holzschindeln die früheren Schieferplatten, und die Fensteröffnungen erfuhren eine neue Anordnung, welche der grandiosen Landschaft in jedem einzelnen Raum noch mehr Präsenz verschafft. Dank der unsichtbaren Fensterrahmen ließ sich der »Chaleteffekt« vermeiden, und jedes Bauwerk erhielt gleichzeitig eine zeitgenössische Nuance. Ein neues Element sind die mit Metallstäben an den Dachsparren aufgehängten Balkone. Sie verlängern die Innenräume der Zimmer und ermöglichen es den Gästen, das eindrückliche Bergpanorama in vollen Zügen zu genießen.

In farblicher Hinsicht kontrastiert das Braunschwarz der von der Sonne verbrannten und von der Witterung ausgewaschenen Lärchenfassaden mit dem hellen Lärchenholz, das für die Innenverkleidung und die Böden verwendet wurde. Ein weiterer spannender Kontrast besteht zwischen der strengen Rechtwinkligkeit der neuen Gebäudehüllen und den Unregelmäßigkeiten der alten Bausubstanz.

In seinem Bestreben, sich jeder kurzlebigen Mode zu entziehen, strahlt der Gebäudekomplex einen Hauch von Zeitlosigkeit aus. Die Energieversorgung erfolgt ausschließlich auf der Basis erneuerbarer Energien. So finden sich auf den Dächern Sonnenkollektoren für die Warmwasseraufbereitung, und in jedem Gebäude steht ein schöner Holzofen mit leistungsfähiger Wärmerückgewinnung. Beide Systeme sind an einen thermischen Speicher angeschlossen, der die Wärme bis zur Morgendämmerung verteilt. Um Platz für die technischen Installationen zu schaffen, wurde das Kellergeschoss erweitert. Gleichzeitig entwässerte und verstärkte man die alten Steinmauern.

Zurzeit verfügt das Hotel Montagne Alternative über 18 Zimmer, verteilt auf sechs Gebäude, und zehn zusätzliche Zimmer in der jüngst fertiggestellten Erweiterung. Diese neuen Erweiterungsbauten wurden in Holzrahmenbauweise und nach dem Muster der alten Scheunen erstellt. Im Sommer 2014 wurde ein Restaurant für die Gäste eröffnet. Eine Doppelreihe Metallstützen unter dem Baukörper in Massivholzbauweise entlastet dort die alten, brüchig gewordenen Mauern.


verfasst von

Roland Brunner

1997 Diplom als Holzbauingenieur in Biel, seit 2003 bei der Lignum fürdie technische Kommunikation zuständig, unter anderem für die Redaktion desHolzbulletin. 

Erschienen in

Zuschnitt 57
Altes Holz - neu gedacht

Wer Holzbauten modernisiert, erweitert und neu belebt, weiß die Qualitäten des Alten zu schätzen, schafft Mehrwert und nutzt wertvolle Ressourcen.

8,00 €

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Zuschnitt 57 - Altes Holz - neu gedacht