Zum Hauptinhalt springen

Wertschöpfung der Forst- und Holzwirtschaft durch stoffliche Nutzung
Wald – Holz – Klima

erschienen in
Zuschnitt 70 Planungsprozesse, Juni 2018

Analyse der BOKU Wien über die wirtschaftliche Relevanz der Forst- und Holzwirtschaft für die österreichische Gesamtwirtschaft

  • 5,4 Mrd. Euro beträgt 2015 die Wertschöpfung des waldbasierten Sektors (Forst- und Holzwirtschaft – nur stoffliche Nutzung).
  • 4,7 Mrd. Euro beträgt davon die Wertschöpfung der Holzwirtschaft.
  • 9,6% beträgt der Anteil der Forst- und Holzwirtschaft an der Summe aus Urproduktion und Warenproduktion.
  • 1,6% beträgt der Anteil der stofflichen Nutzung von Holz am gesamten Bruttoinlandsprodukt.1
  • Der Produktionswert der »Herstellung von Ausbauelementen aus Holz« wächst jährlich doppelt so schnell (+ 2%) wie jener der gesamten Holzwirtschaft (+ 1%).

Im internationalen Vergleich liegt der Beitrag des waldbasierten Sektors zum Bruttoinlandsprodukt in Österreich mit Ausnahme von Skandinavien deutlich über jenem der Vergleichsländer.

Wir sprachen mit Peter Schwarzbauer von der BOKU Wien und Christoph Kulterer, Obmann von proHolz Austria, über diese Analyse.

Welche Relevanz hat die Forst- und Holzwirtschaft für die österreichische Gesamtwirtschaft?

Peter Schwarzbauer Die Wald- und Holzwirtschaft trägt laut FAO2 mit 1,9 Prozent zum österreichischen Bruttoinlandsprodukt bei. Das klingt wenig, ist es aber im europäischen Vergleich nicht. Der europäische Durchschnitt liegt bei 0,9 Prozent. Einige wirtschaftlich wichtige Bereiche wie etwa die Viskosefaser-Produktion sind hier noch nicht einmal mit eingerechnet. Um die Relevanz der holzbasierten Bioökonomie umfassend darzustellen, müsste man dafür einige Branchenkategorien der Statistik Austria verändern beziehungsweise verfeinern, um »holzrelevante« Teile explizit erfassen zu können. Der Wert des Waldes darf aber nicht nur an der stofflichen Holznutzung gemessen werden. Neben der energetischen Nutzung und weiteren Dienstleistungen lassen sich einige Werte wie der für den Tourismus gar nicht direkt messen.

Christoph Kulterer Der Wald bildet die Lebensgrundlage für über 300.000 Menschen und ist Rohstoffquelle. Wald und Holz sind daher von hoher wirtschaftlicher, aber auch gesellschaftlicher Bedeutung: vom Baumaterial über Papier bis hin zur energetischen Nutzung. Dafür ist sowohl die Sicherstellung der Bewirtschaftung der Wälder besonders wichtig als auch der sorgsame Umgang mit dem Wald bei Aufrechterhaltung all seiner Funktionen, insbesondere jener für die Umwelt.

Welche weiteren Entwicklungen sind hier zu erwarten?

Peter Schwarzbauer Hier spielen mehrere teils gegenläufige Entwicklungen eine Rolle. Einerseits kann man mittelfristig von einer Rohstoffverknappung ausgehen; auf der Angebotsseite sind dabei vor allem Strukturveränderungen unter Kleinwaldbesitzern und die Rohholz-Importabhängigkeit von Bedeutung, auf der Nachfrageseite die zu erwartende Zunahme des Holzverbrauchs, insbesondere der energetischen Nutzung. Andererseits können und müssen aber speziell die Entwicklungen auf der Nachfrageseite relativiert werden. Die derzeitigen Prognosen zum energetischen Einsatz von Holz sind sehr hoch angesetzt, weil sie von der Erreichung politischer Ziele ausgehen und nicht von Marktentwicklungen. Zum Beispiel ist die Entwicklung der Ölpreise nicht berücksichtigt, was derzeit ein Problem für Bioenergie-Unternehmen darstellt. Bei der stofflichen Nutzung von Holz ist in Zukunft zu berücksichtigen, dass etwa durch Bioraffinerie aus dem Rohstoff Holz eine höhere Wertschöpfung generiert werden kann. Die Ressourceneffizienz kann zum Beispiel durch eine bessere Inwertsetzung von Nebenprodukten, die bei der Holzverarbeitung und Zellstofferzeugung entstehen, erhöht werden. Durch höhere Wertschöpfung aus derselben Menge Holz müsste auch die stoffliche Nachfrage nach Holz nicht unbedingt dramatisch weitersteigen.

Christoph Kulterer Die Nachhaltigkeit, also nie mehr zu nutzen als nachwächst, bildet den Rahmen für die Verfügbarkeit von Holz und für dessen Verwertung. Man wird daher in Österreich die Wertschöpfung in der stofflichen Nutzung von Holz weiter vorantreiben, um Holz künftig so effizient wie möglich einzusetzen.

Welche Rolle spielt der Bau für die Wertschöpfung?

Peter Schwarzbauer Der Bau ist der Teil, in den das meiste Holz fließt. Besonders interessant ist die Entwicklung jener Holzbranchen, die Bauprodukte wie Brettsperrholz und Brettschichtholz herstellen, die in der Statistik unter der Kategorie »Ausbauelemente« subsumiert sind. Der Produktionswert dieser Branchen ist im letzten Jahrzehnt mit insgesamt 22 Prozent doppelt so schnell gewachsen wie jener der gesamten Holzwirtschaft mit insgesamt 10,5 Prozent.

1 Die unterschiedlichen Anteile des Sektor am BIP (Studie Schwarzbauer – Angaben lt. FAO) ergeben sich vor allem aufgrund unterschiedlicher Abgrenzungen des Sektors.
2 FAO = Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen; ihre Aktivitäten umfassen auch den waldbasierten Sektor

Methodik

Die wirtschaftliche Bedeutung des waldbasierten Sektors (Forst- und Holzwirtschaft) wird hier durch die Relation zu gesamtwirtschaftlichen Daten quantitativ dargestellt. Die Berechnungen basieren auf den offiziellen Statistiken der Statistik Austria und des Grünen Berichts des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser. Dargestellt wird primär die (Brutto-)Wertschöpfung der Branchen, nicht der Produktionswert. Dies ist vor allem für die Berechnung von Anteilen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Bedeutung, weil dieses die Summe aller Wertschöpfungen und nicht der Produktionswerte darstellt. Neben der Forstwirtschaft wird nur der produzierende Teile der Holzwirtschaft miteinbezogen. Handel und energetische Nutzung von Holz sind nicht berücksichtigt.


verfasst von

Anne Isopp

ist freie Architekturjournalistin, -publizistin und Podcasterin in Wien. Sie war von 2009 bis 2020 Chefredakteurin der Zeitschrift Zuschnitt. In ihrem Architekturpodcast Morgenbau spricht sie mit Menschen aus der Baubranche über nachhaltiges Bauen.

Erschienen in

Zuschnitt 70
Planungsprozesse

Holzbaugerecht planen heißt vordenken statt nacharbeiten

8,00 €

Zum Produkt   Download

Zuschnitt 70 - Planungsprozesse