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Alfred Haberpointner

Haberpointners künstlerisches Material ist das Holz - ein natürlicher Körper, dem der Künstler in einem Prozess zusetzt, dessen Oberfläche er verändert, schindet, zerstört und zu einer neuen Ordnung überführt.

erschienen in
Zuschnitt 2 Brücken bauen, Juli - August 2001
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»entkleidet, zersägt, gehackt, gebrannt«

Haberpointners künstlerisches Material ist das Holz. Zum Einen handelt es sich um konzentrierte dichte Kernformen, zum Anderen um lagernde, oft aus mehreren Teilen aufgebaute Quader und zuletzt um verhältnismäßig dünne Tafeln, die vor die Wand gestellt werden. Die ovalen oder kugelförmigen Körper wie die abgeschnittenen Stümpfe ordnet er zu Familien - Gruppen miteinander ästhetisch kommunizierender Teile. Haberpointner entkleidet das Holz, die Rinde wird entfernt, ehe er ihm mit unterschiedlichsten Instrumenten zu Leibe rückt; mit Hacken und Sägen, Hämmern und Bohrern, aber auch mit glühenden Stiften und Brenneisen. Es geht bei Haberpointner nicht um eine Naturidylle oder eine romantische Sicht auf die Natur.

Holz ist ein natürlicher Körper, dem der Künstler in einem Prozess zusetzt, dessen Oberfläche er verändert, schindet, zerstört und zu einer neuen Ordnung überführt. Dies geschieht nicht als Ritual der Abreaktion, sondern ruhigen Blutes, denn die Spannung bei diesen Arbeiten besteht in der Dialektik von Form und Prozess. Nicht zuletzt auf Grund des Materials und der Wirkung des Lichts, welches durch die von Hackspuren, Sägefurchen, durch stumpfe Schläge eingedellten und strukturierten Oberflächen geleitet wird, erscheinen uns die Arbeiten in einem romantischen Kontext. Wie Objekte, die auch von der Natur selbst geformt hätten sein können, wie Flusssteine oder Aststrünke, die vom Wasser behandelt wurden, in langen Zeitperioden, Objekte, die wieder in die Natur zurücksinken könnten.

Aber Haberpointner ist nicht Arp oder Brancusi, die das Holz bis zur Verleugnung des Materials poliert hatten und Kernformen schufen, die die Konzentration von Natur darstellten, sondern diesem Künstler geht es um die schöne Verletzung, um die Zerstörung als einem ebenfalls in der Zeit sich vollziehenden Prozess. Den Werken eignet eine massive Penetranz, die Haberpointner manchmal auch zu steigern versucht, wenn er seinen Köpfen und Cumuli Bleimasken, hauchdünne Bleihäute aufsetzt, die mit Heftklammern zusammengeheftet sind, die den Charakter von Operationsnähten besitzen. Das gesunde Material des duftenden Holzes wird mit dem gefährlichen, tödlichen Material des Bleies kombiniert.

An dieser Stelle muss bemerkt werden, dass die Arbeiten nie unter eine bestimmte Größe absinken. Die Gegenwart, die sie besitzen, ist auch von ihrer Größe, ihrer Eigenschaft, einen Raum zu besetzen, abhängig. Antropomorphes ist nicht intentiert. Die Kugelform deutet nicht auf den Kopf, die Stümpfe nicht auf den Rumpf hin. Es sind allgemeine Formen, unterschiedliche Massen oder Flächen. Bei Flächen interessiert er sich für die Kontraste der geometrischen Struktur der sich kreuzenden Furchen und für die gewachsene Struktur des Holzes, in die diese Linien geschnitten wurden. Hier wie auch in anderen Werken ist es die Dialektik der Strukturen, die ihn fasziniert.

Es wäre falsch, Haberpointners Werk aus einer formalen strukturellen Perspektive alleine wahrzunehmen. Die Verletzungen schaffen eine Struktur, sind die Folge eines Prozesses, der auch immer als solcher gelesen wird. Es ist gerade die Tatsache, dass man Haberpointners Werk auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig wahrnimmt, was seine Qualität ausmacht. Dies gilt auch für die Farbigkeit, sei es die des Naturholzes oder eines kräftigen Rot (Blut), eines aschigen Weiß (Todesstarre) oder Schwarz (Verbrennung), die abstrakt wahrgenommen werden kann, jedoch auch im Hinblick auf eine zu Grunde liegende Semantik darauf bezogen werden kann.

Alfred Haberpointner

Studium an der Hochschule für Gestaltung in Linz, lebt und arbeitet in Ebenau bei Salzburg

Ausstellungen und Projekte (Auswahl)

1992 Galerie Academia, Salzburg
1993 Abstrakte Tendenzen. Museum Wurth/Deutschland
1994 Wotruba und die Folgen – Österreichische Skulptur seit 1945. Museum Würth Galerie Reckermann, Köln
1995 Salzburg – Trento. Museo Civico/Trento Galerie Academia, Salzburg Künstlerhaus – Palais Thurn und Taxis, Bregenz
1996 Kunst aus Österreich von 1896 bis 1996. Bundeskunsthalle Bonn Galerie Chobot, Wien Kunstverein Kärnten
1997 Galerie Serge Ziegler, Zürich
1998 Galerie Chobot, Wien
1999 Galerie Reckermann, Köln Galerie Academia, Salzburg
2000 Die Natur der Dinge. Kunstraum Dornbirn Oskar Kokoschka Galerie, Prag Galerie Chobot, Wien
2001 Connecting Worlds. J.F.Kennedy Center/Washington Galerie Serge Ziegler, Zürich




verfasst von

Peter Weiermair

  • u.a. Fotopublizist
  • bis 2001 Direktor des Salzburger Rupertinums
  • derzeit Leiter der Galleria d´Arte Moderna und des Morandi-Museums in Bologna

Erschienen in

Zuschnitt 2
Brücken bauen

Brücken verbinden wie kaum ein anderer Bautyp technische Innovation und Ästhetik. Ingenieur und Architekt sind gleichermaßen gefragt. Sie antworten auf landschaftliche Gegebenheiten, auch wenn sie von ihnen unabhängig machen sollen. Brücken aus Holz - in der Spannweite von Fußgängerbrücken bis Straßenbrücken - etablieren sich zusehends wieder als raumgreifende Architekturen. Sie verbinden die beiden unterschiedlichen Disziplinen der Baukunst mit modernen Werkstoffen und neuen Methoden des konstruktiven Holzschutzes. Und machen den Weg frei für eine zeitgemäße Formensprache.

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Zuschnitt 2 - Brücken bauen