Der architektonische Grundentwurf für ihr neues
Heim stammt von den befreundeten Münchner
Architekten
al1
:
zwei Gebäude, das eine mit der
Schmalseite zur Straße und zum Garten hin anstei-
gend, das andere parallel zur Straße orientiert und
im Aufriss L-förmig, sodass sich als Gelenk zwischen
den beiden Bauteilen ein überdachter Eingangs-
bereich ergibt. Die Idee, das Haus in Holz-Beton-
Verbundbauweise zu bauen, kam von den Wiener
Architekten grundstein, die für die Genehmigungs-
planung und Materialisierung hinzugezogen wur-
den. Irene Prieler und Michael Wildmann hatten zu
ebendieser Zeit Holz-Beton-Verbunddecken bei der
Erweiterung der Karlshofschule in Linz eingesetzt
(
siehe zuschnitt
34
).
Von diesem System waren sie
so angetan, dass sie es, nachdem sie entdeckt hat-
ten, dass diese Konstruktion auch auf Wände ange-
wendet werden kann, für das Zweifamilienhaus vor-
schlugen. Durch den Beton habe man gleich die
nötige Speichermasse, so Prieler, die Fassadenplat-
ten könnten direkt auf die Holzsteher montiert und
der Innenraum von
8,5
Metern Breite durch die
Holz-Beton-Verbundecken stützenfrei überspannt
werden. Der Keller und die beiden Sanitärkerne sind
aus Stahlbeton, die Außenhülle ist aus Holz-Beton-
Verbund. Die Lichte zwischen den Holzstehern
(
8
x
20
cm) beträgt
42
cm und ist mit Glas, Polycar-
bonatplatten oder – hinter den Sichtbetonflächen –
mit Hanfdämmung ausgefüllt.
Das erste Haus ist fertig und seit etwa einem Jahr
von Okresek, Baldauf und ihren drei Kindern be-
wohnt, der zweite Teil ist noch Baustelle. Dieser
wird nun doch als reiner Holzbau errichtet, aber
nicht, weil die Bauherren der Holz-Beton-Verbund-
bauweise überdrüssig geworden wären, sondern
weil sie einfach nicht mehr genug Platz auf ihrem
Grundstück haben, um die Wände und Decken
selbst zu betonieren. Für den ersten Bauabschnitt
wurden die Bauteile in drei Schritten betoniert. Das
ganze Grundstück war eine einzige Outdoor-Werk-
stätte. Erst wurden die Decken fabriziert, dafür
wurden die Leimbinder ausgelegt – in die die Holz-
baufirma bereits die Schubbewehrung aus Streck-
metall eingeklebt hatte –, und dann wurde beto-
niert. In einer zweiten und dritten Schicht kamen
die Wände dran.
Wird in der Nachbarschaft gebaut, sind die Anrainer
immer besonders aufmerksam, und bei einer solch
ungewöhnlichen Herangehensweise sind sie es
wahrscheinlich noch ein bisschen mehr. Die vielen
jungen Leute (meist Freunde der Bauherren), die
beim Betonieren mithalfen und die Tatsache, dass
man nicht gleich erkennen konnte, wohin diese
Beschäftigung führen würde, machte sie stutzig.
Einige glaubten sogar, es handle sich um eine Arbeit
mit schwer erziehbaren Jugendlichen. Und als das
Haus dann innerhalb von vier Tagen im Rohbau
dastand, trauten sie ihren Augen nicht. Heute ist
es als das Plastikhaus in der Hinterbrühl bekannt.
Im Inneren dagegen dominiert nicht das Plastik, hier
herrscht ein ganz anderer Eindruck: Der gesamte
Fußboden ist als Stampflehmboden ausgeführt und
tritt mit den Sichtbetonflächen, den Polycarbonat-
kästen und der Holzkonstruktion in einen leben-
digen Dialog. Bis auf den massiven Sanitärkern sind
alle Einbauten als Holzrahmenbau mit Schichtholz-
platten beplankt und damit reversibel gehalten.
Anne Isopp
Redaktion zuschnitt
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Holz Beton Verbund
zuschnitt
45.2012