„
Mein Vater hat eine Kahlschlagwirtschaft betrie-
ben“, erzählt Leopold Morgenbesser, Waldbauer in
der Buckligen Welt. Es ist nun dreißig Jahre her,
dass er
1982
den Betrieb von seinem Vater über-
nommen und auf Naturverjüngung umgestellt hat.
Heute bewirtschaftet er seinen Wald als Plenterwald,
eine Bewirtschaftung, bei der die Eingriffe der Ernte
und der Naturverjüngung zeitgleich stattfinden.
„
Damals haben mich alle belächelt“, erzählt er. Heute
gibt es in Österreich einige Bauern, die ihren Wald
als Plenterwald betreiben. Morgenbesser führt uns
durch seinen
44
Hektar großen Wald. Es fällt ihm
leicht, die Vorteile seiner Plenterwaldbewirtschaf-
tung gegenüber der eines klassischen Schlagwaldes
aufzuzählen: „So ein Wald ist stabiler gegen Käfer
und Naturkatastrophen, er hat mehr Zuwachs und
ich brauche keine kleinen Baumpflanzen kaufen,
die ich dann mühsam fünf Jahre großziehen muss.“
Wir kommen an einer Waldfläche vorbei, auf der
Morgenbesser erst vor Kurzem die bestehende Fich-
tenmonokultur ausgedünnt hat. Nun stehen die
Fichten nur mehr in einem Abstand von etwa
5
bis
6
Metern zueinander. Dazwischen fallen Sonne und
Regen auf den Waldboden und lassen schon viele
kleine Baumpflanzen nachwachsen: vor allem Fichten
und Tannen, aber auch den einen oder anderen
Laubbaum. Welcher von diesen Keimlingen später
einmal groß werden wird, liegt in der Hand von
Morgenbesser. Er nimmt die krumm wachsenden
und beschädigten Bäume heraus, macht den vitalen
Bäumen Platz und achtet auf eine gute Durchmi-
schung. Plenterung erfordert die Auseinandersetzung
mit jedem einzelnen Baum. Wenn Morgenbesser
durch seinen Wald geht – und das macht er eigent-
lich jeden Tag – dann blickt er mal prüfend in die
Höhe oder schaut auf den Boden, was dort alles nach-
kommt. Ein Stückchen weiter kommen wir zu einem
Waldstück, auf dem die für den Plenterwald typische
Durchmischung schon weit vorangeschritten ist:
Große, stämmige Bäume stehen neben kleinen und
mittelgroßen. Sie alle teilen sich, innig durchmischt,
diesen Flecken Waldboden. „Auf diesem Flecken
habe ich in den
1970
er Jahren mit der Plenterung
angefangen“, erinnert sich Leopold Morgenbesser.
„
Mein Vater hat damals gesagt, wenn du noch mehr
Bäume herausnimmst, dann kannst du ja gleich
einen Kahlschlag machen.“ Vierzig bis sechzig Jahre
braucht man, um einen gleichförmigen Altersklassen-
wald in einen Plenterwald zu überführen. Es ist eine
anspruchsvolle Aufgabe. Es kommt auf das Finger-
spitzengefühl an: Morgenbesser muss den richtigen
Zeitpunkt erwischen, wenn er Bäume fällt. Ist er zu
früh dran, gelangt zu viel Sonnenlicht auf den Wald-
boden, und dann wachsen dort Heidelbeer- und
Brombeersträucher und lassen keinen Baumkeimling
mehr aufkommen. Es ist ein Licht- und Schatten-
spiel, bei dem Morgenbesser und all die anderen
Plenterwaldbauern die Schiedsrichter sind.
Plenterwald
Im Gegensatz zu anderen Waldbewirtschaftungen wie zum Beispiel
dem Schlagwald, bei denen die Ernte und die Verjüngung zeitlich
voneinander getrennt stattfinden, erfolgen beim Plenterwald Ernte
und Verjüngung zeitgleich. Bäume aller Altersstufen sind hier kleinst-
flächig und einzelstammweise vermischt. Plentern kann man haupt-
sächlich in Fichten-Tannen-Buchenwäldern, da die Mischung von
lichtbedürftigen Fichten und eher schattentragenden Baumarten
wie der Tanne hierfür vonnöten ist.
Waldwirtschaftsgemeinschaften
Da beim Plenterwald hiebreife Bäume einzelstammweise ent-
nommen werden, ist die Vermarktung des eigenen Holzes nur
in kleinen Mengen möglich. Zu Waldwirtschaftsgemeinschaften
zusammengeschlossene Kleinwaldbesitzer haben die Möglich-
keit, die kleinen Holzmengen zu Großeinheiten zu bündeln
und so die Vermarktungsmöglichkeiten zu steigern. In Öster-
reich gibt es allein im Rahmen der Waldverbände insgesamt
258
Waldwirtschaftsgemeinschaften.
Leopold Morgenbesser, Waldbauer im Südosten Niederösterreichs, hat einen jährlichen Ertrag
von
9
Festmetern pro Hektar.
Info
Waldverband Österreich
Österreich hat etwa
3
Pro-
zent Plenterwälder, mit
Schwerpunkt im Bregenzer-
wald, dem oberösterreichi-
schen Alpenvorland und
in Teilbereichen des Mühl-
viertels.
Wertschöpfungskette
Plentern. Ein Spiel
mit Licht und Schatten
28
29
Holz Beton Verbund
Wertschöpfungskette
zuschnitt
45.2012