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Editorial
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zuschnitt
45.2012
„
Holz und Beton“ haben wir uns diesmal zum Thema
gesetzt. In unserer Vorstellung hat in dieser Partner-
schaft jedes Material seinen angestammten Platz:
Beton unten, Holz oben oder Beton als Tragstruktur
und Holz als Fassade. Was aber ist, wenn man das
umdreht – wenn plötzlich das Holz den Beton trägt?
Dann kommt es zu einem Paradigmenwechsel. Die
Architekten Köberl, Angonese und Boday haben
beim Bau des kleinen Verkaufspavillons am Weingut
Manincor einen solchen vollzogen. Hier tragen Holz-
stützen das Betondach. Nicht von ungefähr erzählen
sie, dass der Pavillon so zu einem „extrem kom-
plexen tektonischen Thema [wurde], an dem sich
[
die] Ingenieure fast die Zähne ausgebissen hätten“.
Auch beim Holz-Beton-Verbund, auf den wir uns in
diesem Zuschnitt konzentrieren wollen, verlässt man
in gewisser Weise das gewohnte Fahrwasser und
vollzieht einen Paradigmenwechsel. Holz und Beton
stehen für zwei Kulturen, das eine Material ist tro-
cken und wird in der Verarbeitung geschnitten, das
andere ist nass und wird geschüttet. Kein Wunder
also, dass es hier große Berührungsängste gibt, ob
zwischen den Gewerken, bei den Architekten oder
den Ingenieuren. In diesem Zuschnitt wollen wir
ihnen nun die Vor- und Nachteile dieser hybriden
Bauweise vorstellen. Im Verbund übernehmen Holz
und Beton als Decken, Wände oder Dächer gemein-
sam tragende und abschließende Funktionen.
Die bevorzugten Anwendungsgebiete der Holz-
Beton-Verbundbauweise liegen in der Sanierung von
Balkendecken, im Brückenbau und im Hochbau.
Vor allem, wenn es um den Bau von mehrgeschos-
sigen Wohn- und Gewerbebauten in Holzbauweise
geht – mit ihren hohen Anforderungen an den
Schall- und Brandschutz bei gleichzeitig stützen-
freien Grundrissen –, werden heute vermehrt Holz-
Beton-Verbunddecken eingesetzt.
Wann immer wir im Vorfeld von dem geplanten
Fokus auf Holz-Beton-Verbund erzählten, konnten
wir mit überraschten Gesichtern rechnen. Sicher
gibt es die Eingeweihten, die um die Vor- und Nach-
teile dieser Bauweise wissen. Aber viele fragten
auch erstaunt: „Warum bitte soll man auf ein tro-
ckenes Holz einen nassen Beton geben und damit
die Vorteile des Holzbaus, der trockenen Bauweise
und des hohen Vorfertigungsgrades zunichte ma-
chen?“ Ein anderes Gegenargument war: „Warum
sollte man zusätzliches Gewicht aufbringen, der
Holzbau kann das auch alleine – vom Schallschutz
bis hin zum Brandschutz.“ Sicher kann die Holzde-
cke die Anforderungen alleine erfüllen. Die Beton-
decke kann dies aber auch.
Doch schaut man genauer hin, gibt es viele Gründe,
die für eine Holz-Beton-Verbunddecke sprechen.
Allein vor dem Hintergrund der Ressourcenverknap-
pung und der Ökologie-Debatte ergibt es Sinn,
Baustoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften mit-
einander zu kombinieren. Das Holz ist dabei nicht
nur der ökologischere Baustoff der beiden, es ist
auch der, der ein atmosphärisches Plus mit sich
bringt. Bei einer Holz-Beton-Verbunddecke über-
nimmt das Holz die Zugkräfte und der Beton die
Druckkräfte. Das führt dazu, dass der Beton weni-
ger Bewehrung braucht, dass man im Vergleich zu
einer reinen Holzdecke mit einer geringeren Kon-
struktionshöhe auskommt und die Anforderungen
an den Schallschutz und den Brandschutz leichter
erfüllen kann. Zur Gebäudestabilisierung erleichtert
die Betonschicht zudem das Ausbilden von hori-
zontalen Deckenscheiben und bildet während der
Bauzeit eine wasserdichte Schicht für die darunter-
liegende Holzkonstruktion. Die Kombination führt
zu Gewichtseinsparungen gegenüber einer reinen
Betondecke und bewirkt einen Mehrwert durch
sichtbare Holzdeckenuntersichten, die je nach Aus-
gestaltung auch zu einer Verbesserung der Raum-
akustik führen. Vorfertigung und Schnelligkeit wie
beim Holzbau können je nach gewähltem Vorferti-
gungsgrad trotzdem gegeben sein. Nicht zu verges-
sen ist die vertrauensbildende Funktion, die der
Beton in Bezug auf den Brandschutz einbringt. Der
erste Siebengeschosser aus Holz der Architekten
Kaden Klingbeil in Berlin wäre zum Beispiel ohne die
Holz-Beton-Verbunddecken nie genehmigt worden.
Kein Zufall also, dass gerade beim mehrgeschos-
sigen Bauen Holz-Beton-Verbunddecken eingesetzt
werden, so auch beim Wohnbau in der Wagramer
Straße, dem ersten Siebengeschosser aus Holz in
Wien. Dieser wächst gerade in die Höhe und mit
ihm hoffentlich die Akzeptanz in den Städten, ver-
mehrt mit Holz zu bauen.
att. Brandschutzvorschriften in Österreich – Anforderungen nach
oib
-
Richtlinie
2
Neuauflage der Publikation
Die
oib
-
Richtlinien wurden neu überarbeitet. Während in der Erstauflage von
2007
hinsichtlich der Anforderungen an das Brandverhalten auf
önorm b 3806
verwiesen wurde, werden diese jetzt in der Neuauflage vom Oktober
2011
in
der Richtlinie
2
, „
Brandschutz“, direkt geregelt.
Das Zuschnitt-Attachment mit den Brandschutzvorschriften in Österreich liegt
nun in völlig überarbeiteter und aktualisierter Fassung vor. Hierin gibt es einen
Überblick über die aktuelle
oib
-
Richtlinie
2
,
die Anforderungen an das Brand-
verhalten werden aufgezeigt und die an den Feuerwiderstand der Bauteile
(
Gebäudeklasse
1
bis
5
)
werden visualisiert. Zusätzlich werden Detailausführun-
gen von brandabschnittsbildenden Bauteilen und Feuerabschlüssen vorgestellt
sowie brandschutztechnische Kompensationsmöglichkeiten für bis zu sieben-
geschossige Holzbauten.
Zu bestellen unter: shop.proholz.at
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