Quelle: Life Cycle Assessment of Man-Made Cellulose fibers; Li Shen, Martin Patel;
2007
Wasserverbrauch
zur Produktion
von
1
Tonne Fasern
Baumwolle aus den
usa
und China –
5.730
m
3
Wasser
Viskose aus Lenzing⁄ A –
445
m
3
Wasser
Tencel aus Lenzing⁄ A –
263
m
3
Wasser
„
Regeneratfasern müssen die Mode erst erobern.“
Welche Rolle spielen Umweltgründe bei der Auswahl Ihrer Materialien?
Eine große. Lässt man die erste Generation von Viskosefasern außer Acht,
dann muss man sagen, dass Regeneratfasern gegenüber herkömmlicher
Baumwolle umwelttechnisch viel besser abschneiden. Aber natürlich ist auch
im Baumwoll-Bereich viel in Bewegung, Stichwort Fair-Trade-Baumwolle.
Die Regeneratfasern, die Sie benutzen, werden in Oberösterreich erzeugt.
Ist der regionale Aspekt wichtig?
Absolut. Das Textile Zentrum Haslach ist eine Organisation, die mehrere
Partner unter einem Dach vereint, es gibt einen starken kulturellen As
pekt, wir haben ein Museum, Fortbildungseinrichtungen. Unsere Produk
tion steht unseren Besuchern offen, unser Anspruch ist also durchaus
auch ein volksbildnerischer. Uns ist es wichtig, eine zusammenhängende
und in sich konsistente Produktkette darstellen zu können. Wir möchten
Alternativen zu Materialien, die traditionell im Mühlviertel erzeugt wer
den, wie etwa Leinen oder Schafwolle, aufzeigen.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit der Lenzing
ag
aus und wer wählt die
Materialien aus?
Seitdem es das Textile Zentrum Haslach gibt, arbeiten wir mit der For
schungsabteilung von Lenzing zusammen. Wir testen verschiedene Garne,
die teilweise noch gar nicht auf dem Markt sind, oder entwickeln für
Messeproduktionen oder Großkunden Designs. Das Material wird deshalb
in Absprache mit Lenzing ausgewählt, oft sind es Mischungen, weil man
zum Beispiel schauen möchte, wie sich ein Material verhält, das zu
50
Prozent aus Modal und zu
50
Prozent aus Baumwolle in der Kette besteht.
Und wie verhält es sich?
Mindestens genauso saugfähig und angenehm auf der Haut wie her
kömmliche Baumwolle. Bei Frottee setzen wir das etwa ein.
Welche Chancen geben Sie Regeneratfasern im herkömmlichen Mode
bereich?
Da gibt es viel Potenzial, das Material muss die Mode erst erobern. In erster
Linie geht es um Aufklärungsarbeit, Materialien wie Modal oder Tencel
sind vielen noch unbekannt, das klingt furchtbar chemisch und qualitativ
nicht so hochwertig wie Naturmaterialien. Dabei belasten gerade Naturma
terialien die Umwelt oft sehr!
Die Textilexpertin Christina Leitner im Gespräch mit Stephan Hilpold
Frau Leitner, tragen Sie heute Kleidungsstücke aus Zellulosefasern?
Ohne einen genaueren Blick darauf zu werfen, würde ich sagen, dass mei
ne Unterwäsche aus Modalfasern besteht. Ansonsten trage ich einen
Schal aus unserer eigenen Produktion hier im Textilen Zentrum Haslach,
der aus Tencel besteht. Meine restliche Kleidung besteht aus Baumwolle.
Was ist der Vorteil von Unterwäsche aus Modal im Unterschied zu Baumwolle?
Die Saugfähigkeit ist ähnlich, das ist bei allen Materialien, die man auf
der Haut trägt, entscheidend. Mit Modalfasern kann man allerdings ein
sehr feines, zartes Gewebe erzeugen, das in der Strickerei und der Wirkerei
zu sehr feinen Qualitäten verarbeitet werden kann.
Ist Unterwäsche das Haupteinsatzgebiet von Modalfasern?
Wirkwaren sind ein Haupteinsatzgebiet, ja. Tencel, die neuere Generation
von Zellulosefasern, wird bei uns häufig für Bettwäsche benutzt. Da ist die
Saugfähigkeit des Materials ebenfalls wichtig, aber auch der Glanz, das
edle Schimmern des Textils, seine Farbechtheit.
Wie erkennt man als Konsument den Unterschied zwischen Modal und Tencel?
Ein einfaches, greifbares Merkmal gibt es nicht. Wir setzen Modal immer
dann ein, wenn es um elastische Flächen geht. Tencel ist dagegen sta
biler, griffiger und körniger in der Haptik. In der Webmaschine ist Tencel
deswegen auch einfacher zu verarbeiten. Modal ist weicher, es flust auf
der Maschine, hat etwas mehr Oberflächenabrieb, Tencel hat dagegen
eine fast seidige, glatte Struktur. Das sieht man auch bei den fertigen
Produkten.
Arbeiten Sie auch mit anderen natürlichen Kunstfasern wie etwa Cupro
oder Acetat?
Kaum, das hat aber in erster Linie mit unserem Kooperationspartner, der
Lenzing
ag
,
zu tun, für die wir die Garne auch testen und Designs entwi
ckeln. Generell ist der Einsatz von Acetat und Cupro allerdings im Abneh
men begriffen, und zwar aus Umweltgründen.
Christina Leitner
ist wissenschaftliche Leiterin des Textilen Zentrum Haslach, einem Verein, der es sich
zur Aufgabe gemacht hat, die textile Tradition des Mühlviertels weiterzuführen.
2012
wurde Christina Leitner für ihre Wendebettwäsche aus Tencel- und Modalfasern mit
dem Slow Fashion Award ausgezeichnet.
Stephan Hilpold
geboren
1974
in Brixen⁄ I, seit
2005
Moderedakteur der Tageszeitung Der Standard
18
I 19
Holzfasern
zuschnitt
48.2012