Auf ewig verbunden
Holz-Kunststoffe
Einsatzbereiche der Holzfaser
Ein Überblick
Mechanisch aufgeschlossene Holzfaser
Traditionelle Faserverbundwerkstoffe
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Hartfaserplatten (
hdf
⁄ High-density fibreboards) sind dichte, dünne und
damit sehr feste und steife Platten. Sie sind typisch für Schubladenböden,
Kastenrückwände usw. und dienen teilweise auch als Substrat⁄  Trägerma­
terial für Laminatböden sowie als Trägerplatten für Leichtbautüren (mit
Kartonwabenmittellage).
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Mitteldichte Faserplatten (
mdf
⁄ Medium-density fibreboards) sind heute
ein wichtiger Werkstoff im Möbelbereich und bei der Türenproduktion.
Vor circa dreißig Jahren begann die Nachfrage nach diesem Holzwerk­
stoff. Anders als mit der klassischen Spanplatte konnten damit neue Mö­
belformen (Softforming) entwickelt werden.
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Dämmplatten (Leichtbauplatten) gibt es in verschiedenen Ausfüh­
rungen und Verdichtungen. Vor allem werden sie als Wärmedämmplatten,
Warmdachdämmung und auch als Platten für den Unterboden verwendet.
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Verformbare Faserplatten sind eine Sonderform – ein Faservlies aus Holz­
fasern gemischt mit Langfasern (Polypropylen, Polyethylen oder auch Natur­
fasern), das in Formteile umgeformt wird, zum Beispiel für die Autoindustrie.
Wood Plastic Composites –
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Fasern und Partikel werden einer Polymermatrix aus Polyethylen oder Po­
lypropylen oder auch natürlichen Polymeren zugeführt und dann meist im
Spritzguss- oder Extrusionsverfahren zu Formteilen verarbeitet.
Chemisch aufgeschlossene Holzfaser
Papier
Bei Papier ist der Zellstoff nur vom Lignin (Vergilbung) befreit, die Hemi­
zellulose wird aus Kostengründen und aus Gründen der Klebeeigenschaf­
ten im Material belassen. Papier besteht also in der Regel aus Zellulose
und Hemizellulose.
Regeneratfasern
Regeneratfaser ist der Überbegriff für Viskose, Modal, Tencel usw. Sie
besteht aus reiner Zellulose, die anderen Holzbestandteile (Lignin und He­
mizellulose) werden im Zellstoffverfahren komplett herausgetrennt.
Nanozellulose
Der Bereich der Nanozellulose ist noch in Entwicklung. Die Nanofasern
können für Verbundwerkstoffe zur Schaffung von Oberflächenstrukturen
usw. eingesetzt werden. Theoretisch kann man damit auch einen hoch­
festen, transparenten und äußerst biegsamen „Kunststoff“ herstellen –
zum Beispiel für Bildschirme, Brillengestelle usw.
Jahrzehntelang wurden thermoplastische Kunststoffe mit Holzmehl auf­
gefüllt, vor allem weil Holzmehl preisgünstig ist. Durch Verwendung von
Holzfasern konnten die mechanischen Eigenschaften sogar zusätzlich
weiter verbessert werden. Mit steigendem Umweltbewusstsein kamen fin­
dige Köpfe auf die Idee, daraus einen eigenen Werkstoff, das
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,
zu
schaffen. Diese drei Buchstaben stehen für Wood Plastic Composites, also
für Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoff. Weitere Bezeichnungen sind Holz-
Polymer-Werkstoff, Hightech-Holz, Flüssigholz oder thermoplastischer
Faserstoff.
Die thermoplastischen Kunststoffe für
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werden heute meistens noch
aus Erdöl hergestellt. Es gibt aber inzwischen „Bio“-Alternativen. So ent­
steht aus technisch oder mikrobiologisch hergestellter Milchsäure nach
einer Vernetzungsreaktion Polymilchsäure. Zusammen mit Holzfasern las­
sen sich Öko-
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herstellen. Arboform wird ein Biowerkstoff genannt, der
hauptsächlich aus Holz-Lignin besteht, dem Naturfasern zugemischt sind.
Schlagzeilen machte Arboform zuletzt durch Produkte wie den Damen­
schuh EcoPump von Sergio Rossi der Marke Gucci.
Zur einen Hälfte aus Holz, zur anderen aus Stärke und Naturharzen be­
steht der Werkstoff Fasal, der am Institut für Naturstofftechnik an der
Universität für Bodenkultur Wien entwickelt wurde. Bei all diesen neuen
Werkstoffen spielt Holz eine prominente Rolle und ist nicht mehr nur der
billige Füllstoff. Die
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der ersten Generation hatten Holzanteile von
80
Prozent und darüber. Bei der neuen, zweiten
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Generation wurde
der Holzanteil deutlich gesenkt: Holz und Kunststoff werden jetzt in
einem Verhältnis von circa fünfzig zu fünfzig vermischt.
Selbst wenn die meisten technologischen Eigenschaften weit hinter de­
nen von Vollholz zurückbleiben, haben Holz-(Bio-)Kunststoffverbunde ei­
ne Reihe von Vorteilen: Es lassen sich Produkte mit den unterschiedlichs­
ten Formen und Farben herstellen, es entstehen keine Reststoffe durch
Verschnitt. Öko-
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Produkte sind zudem zu hundert Prozent aus nach­
wachsenden Rohstoffen und biologisch abbaubar. Auch wenn der Anteil der
Biokunststoffe am gesamten Kunststoffmarkt derzeit noch unter
1
Prozent
liegt, beobachten wir bereits zweistellige Wachstumsraten, in einigen Be­
reichen sogar
50
Prozent pro Jahr. In vielen Ländern und Regionen gibt es
strategische Bekenntnisse, Aktionspläne und Initiativen für die Stärkung
und den Ausbau der stofflichen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen.
Für eine Zukunft mit Kunststoffen ohne Erdöl brauchen wir deshalb enorme
Mengen an biologischen Ausgangsmaterialien. Das bedeutet, wir brau­
chen vor allem auch Holz, viel Holz.
Rupert Wimmer
Rupert Wimmer
geboren
1960
in Hallein, Professor für Holzwissenschaften an der Universität für Boden­
kultur Wien, Leiter der Arbeitsgruppe Sustainable Biomaterials am Institut für Natur­
stofftechnik,
ifa
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Tulln, lehrt unter anderem die Fächer Holzwerkstoffe, Nachwachsende
Rohstoffe, Forschungsplanung.