Was tun, wenn nicht sägen?
Das ist eine gute Frage. Wir arbeiten daran, auch wenn wir erst ganz am
Anfang stehen. Aber schon heute gibt es neben geschnittenen Massivholz­
brettern diverse andere Produkte. Spanplatten oder Faserplatten werden
mit hohem Druck und durch Beigabe von Leim zu Holzwerkstoffen zusam­
mengepresst. Diese Holzwerkstoffe haben die Möbel- wie die Bauwelt
völlig verändert. Aber auch sie ­halten weniger aus als der natürliche
Baum. Es geht also darum, ganz neue Holzwerkstoffe zu erfinden. Es ist
durchaus möglich, in vielen Bereichen die ­Leistungsfähigkeit des Holzes
zu verdreifachen.
Vereinfacht gesagt: Sie zerlegen Holz zu Fasern und bauen diese neu zu­
sammen. Gibt es für Sie ein optimales Ausgangsholz?
Mechanisch gesehen ist die Fichte der Star. Sie hat die besten ­Eigen­-
schaften beim geringsten Eigen­gewicht. Wenn Sie aber Härte brauchen,
dann ist die Buche am Zug.
Auch als Faser?
Ja, weil die Buche eine andere Faserlänge hat als die Fichte. ­Papier aus
Fichtenzellstoff hat andere Eigenschaften als Papier aus Buchenzellstoff.
Sie entwickeln auch ganz neue Verbundmaterialien …
Ja, zum Beispiel die Maisspindelplatte. Die getrockneten Mais­kolben im
Inneren haben eine enorme Druckfestigkeit, dämmen optimal und sind
gleichzeitig sehr leicht. In Verbindung mit ­Hartfaserplatten stellen sie ein
optimales Material dar. Solche Maisspindelplatten könnten durchaus als
einbruchssichere ­Außentüren Verwendung finden. Sie sind wesentlich
leichter und billiger als Massivholz.
Welche Produktideen gibt es noch?
Wir könnten beispielsweise auch sehr leichten Holzschaum herstellen. Wir
vermischen dabei Getreidemehl und Holzsägespäne und backen das Ge­
misch mit Hefe, so wie Brot. Wir backen sozusagen einen hölzernen Gugel­
hupf, können natürlich dem Material jede Form geben, zum Beispiel Ver­
packungsmaterial formen, das man nach der ersten, eigentlichen
Verwendung kompostieren oder in den Ofen stecken kann. Die Idee ist,
Holz zuerst intelligent als Werkstoff, Baustoff oder über die Viskosefaser
als Basismaterial für Textilien und dergleichen einzusetzen – und erst
Alfred Teischinger im Gespräch mit Othmar Pruckner
Holz ist ein seit Tausenden Jahren bekannter Werkstoff. Was kann man als
Holzforscher noch entdecken und erforschen?
Holz gilt als der älteste Bau- und Werkstoff des Menschen. Er ist breit
einsetzbar und leicht bearbeit­bar. Interessanterweise wurde gerade
deshalb bei Holz so wenig an der Entwicklungsschraube gedreht. Das
­
natürliche Holz erreicht ja schon eine sehr hohe Syntheseleistung. Die
höchsten dokumentierten Bäume sind
140
Meter hoch, mehrere hundert
bis tausend Jahre alt. Über viele Jahrzehnte und Jahrhunderte bleiben sie
funktionsfähig. Das hat noch kein anderer Werkstoff erreicht. Diese hohe
natürliche ­Syntheseleistung können wir nur zu einem geringen Ausmaß in
unsere Produkte überleiten.
Um welche Produkte geht es denn? Was machen Sie aus Holz?
In unserer Forschung geht es nicht um Produkt- oder Möbel­design, sondern
darum, den Rohstoff Holz in neue Werkstoffe, Baustoffe und Komponen­
ten umzuwandeln. Wir wollen durch Modifikation das Holz besser machen.
Wie kann man Holz denn verbessern?
Sobald wir den Baum in Bretter schneiden, zerstören wir dessen Struk­
turen und verlieren damit diese schon genannte immense natürliche Syn­
theseleistung. Mir geht es darum, die natürlichen Strukturen zu verstehen.
Heute wird die mechanische Leistungsfähigkeit von Massivholz nur zu
einem Zehntel der natürlichen Leistung ausgelastet.
Woran liegt das?
Das Hauptproblem ist die große Variabilität des Rohstoffes Holz. Ein
Baum, der an einem Nordhang wächst, wächst anders als ein Baum am
Südhang. Ein Baum, der auf
400
Metern Höhe wächst, hat andere Eigen­
schaften als ein Baum auf
600
oder
1.000
Metern Höhe. Der zweite Stör­
faktor ist der Ast. Die natürliche Lebens­ader des Baums wird zur Störstel­
le, sobald ich daraus Schnittholz mache. Es geht also auch darum, neue
Sägetechniken zu erfinden.
Alfred Teischinger
Leiter des Institutes für Holzforschung an der
Universität für Bodenkultur in Tulln
und wissenschaftlicher Leiter des Kompetenz­
zentrums Wood K plus
⁄ holzforschung
Othmar Pruckner
Redakteur im Wirtschafts­
magazin trend und Sach­
buchautor
Sperrholz, Span-, Faserplatten,
Isolationswerkstoffe, Engineered Wood Products,
z. B. Sandwichplatten, Formteile aus Holz
Profilholz, Balken, Konstruktionsvollholz,
Massivholzplatten, Brettschichtholz, Brettsperrholz, Parkett, Furnier
Papiere, Kartone, Pappen
Zellulosefaser für Textilien,
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Harze, Tallöl, Fette, Wachse,
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Aromastoffe, Nahrungsbestandteile wie Essigsäure, Süßstoffe
Holzkohle, Pellets, Kraftstoffe, Chemikalien,
Wärme, Strom, Holzgas
M A S S I V H O L Z P R O D U K T E
P A P I E R Z E L L S T O F F E
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E N E R G I E A U S H O L Z
H O L Z I N H A L T S S T O F F E
H O L Z W E R K S T O F F E
H O L Z B A U M Ö B E L
Produkte aus Holz: Der Weg des Rohstoffes Holz – Ernte, Zerlegung, Modifizierung,
Verarbeitung – ist ein Weg der stetig wachsenden Wertschöpfung.
Essay I
Wir müssen Holz besser machen!“