Ist das aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Prinzipiell funktioniert es. Ich bin aber der Meinung, dass die stoffliche,
mechanische Nutzung im Vordergrund stehen sollte. Holz als Baustoff,
zur Substitution von Stahl, Stahlbeton, Kunststoff und Aluminium oder
eben verarbeitet zu Papier, Karton, als Faser. Hier sehe ich die entschei­
denden Möglichkeiten für die Gesellschaft, den nachwachsenden Roh­
stoff Holz nachhaltig und umweltgerecht einzusetzen.
Was ist für Sie als Technologe das beste Holz? Was der ideale Wald?
Es gibt weder den idealen Baum noch das ideale Holz. Aber es gibt für den
entsprechenden Einsatz das jeweils passende Holz. Für den Dachstuhl ist
das die Fichte, für den Holzboden Hartholz, für technische Geräte wie den
Webstuhl Zwetschkenholz und so weiter. Für jeden Zweck hat die Natur
etwas bereitgestellt. Wir haben nur verlernt, diese verschiedenen Holz­
arten in unsere heutige Welt zu übernehmen.
Können Sie eigentlich noch einen ganz einfachen Waldspaziergang genießen?
Ich bin, das muss ich ganz ehrlich gestehen, kein so starker Waldgänger.
Natürlich gehe ich hin und wieder in den Wald, sehe dann aber gleich das
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ungenutzte Potenzial. Meine Welt beginnt mit dem gefällten Baum, mit
dem Baumstamm im Sägewerk.
danach als Energieträger. Holz ist zu schade, um es gleich zu verheizen.
Noch eine Produktinnovation: Wir können auch einen extrem reißfesten
Zellu­losefilm für verschiedenste Anwendungsgebiete schaffen.
Diese neuen Materialien sind noch im Projekt­stadium?
Ja, so wie vieles andere auch. Sie kennen ja den Thonetstuhl. Thonet hat
die Technik, Holz zu ver­formen, erfunden, doch letztendlich hat nach ihm
niemand daran weitergearbeitet. Natürlich ist es leichter, Metall zu
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biegen als Holz. Es gibt aber zurzeit nicht einmal ein Projekt, in dem man
darüber nachdenken kann, wie man Holz besser verformen könnte.
Es wäre eines Ihrer Ziele, den Thonetsessel neu zu bauen?
Die Holzindustrie hat sich nicht so dynamisch weiterentwickelt wie die
Metall- oder Kunststoffindustrie. Sie ist technologisch stehen geblieben.
Wir müssen das Holz anders zerlegen und ­anders zusammenfügen als bis­
her. In der Produktion einer Schale eines Holzsessels steckt immer noch
viel Handarbeit. Vom Materialinput her wäre Holz wesentlich billiger als
Kunststoff, aber die Arbeit ist teurer.
Wäre hier nicht auch die Holzindustrie selbst gefordert?
Die Holzindustrie ist zu konservativ für radikale ­Ansätze. Für große Tech­
nologiesprünge braucht man Vorlaufzeiten von zehn,
15
Jahren. Man kann
Holz ja auch chemisch verwerten, auch in Treibstoff umwandeln.
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Holzfasern
zuschnitt
48.2012