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Wald darauf reagieren kann. Wie managen wir
diesen Übergang? Wenn die Leute fordern, dass wir
ein Drittel oder ein Viertel des Waldes nicht mehr
managen sollen, dann sage ich: Wisst ihr, auf welches
Risiko ihr euch da einlasst?
Arno Ritter
Sie können reagieren, aber die Konse-
quenzen aus der Reaktion dauern, denn sie folgen
dem natürlichen Prinzip des Wachstums.
Felix Montecuccoli
Da halte ich mich an den über-
lieferten Spruch von Napoleon, dem vorgeschla-
gen wurde, die französischen Straßen mit Alleen
zu bepflanzen, da diese Maßnahme wegen der
Beschattung die Truppenbewegungen beschleu-
nigen würde. Seine Offiziere haben darauf gemeint:
Aber das dauert ja fünfzig Jahre! Und seine Ant-
wort soll gewesen sein: Dann lasst uns gleich
beginnen.
Arno Ritter
Und wie stehen Sie dazu, die Natur
technologisch beziehungsweise genetisch zu
beeinflussen? Stichwort Turbobäume und Neu-
züchtungen …
Felix Montecuccoli
Als österreichische Waldbe-
sitzer haben wir da eine ganz klare Haltung. Die
Bäume sind das wichtigste Element im Ökosystem
Wald, aber wir wissen über die Genetik dieser
Bäume zu wenig. Wir kennen die heutigen Bäume
nur von außen und müssen sie von innen kennen
lernen – nicht, um sie zu verändern, sondern um
sie noch besser managen zu können. Wenn wir die
Genetik besser verstanden haben, können wir das
Ökosystem auch besser steuern.
Arno Ritter
Es gibt Baumarten, die ursprünglich
nicht aus Österreich stammen, aber ideale Eigen-
schaften für unsere Boden-und Klimasituation
aufweisen. Es gibt viel Widerstand gegen solche
Neophyten, da sie nicht Bestandteil unseres
autochthonen Ökosystems sind.
Felix Montecuccoli
Es gibt viele Pflanzen bei uns,
in Wald und Flur, die als Zierpflanzen nach Europa
gekommen sind. Das eine ist der Ailanthus, auch
Essigbaum oder Götterbaum genannt. Er ist aus
den Hausgärten „ausgebrochen“, produziert viele
Samen und fühlt sich bei uns recht wohl. Auch die
Fortwirtschaft kann nicht losgelöst von anderen
Aktivitäten gesehen werden. Jemand, der sich Zier-
pflanzen aus aller Welt in den Garten holt, kann
nicht fordern, dass sich im Wald nichts ändern darf.
Arno Ritter
Zum Abschluss: Der Zuschnitt ist ein
Kommunikationsmedium für eine breite Öffentlich-
keit. Welche wesentliche Botschaft würden Sie für
das Heft formulieren?
Felix Montecuccoli
Unsere Botschaft ist, dass wir
den Wald nicht aus Selbstzweck bewirtschaften,
sondern dass wir darin durchaus auch eine Aufgabe
für die Gesellschaft sehen. Wir liefern einen Roh-
stoff und damit eine wichtige Ressource für einen
ökologischen Lebensstil.
Felix Montecuccoli
Waldbesitzer in Markersdorf-
Haindorf, Niederösterreich,
Präsident der Land & Forst
Betriebe Österreich, Wien
Arno Ritter
Leiter des aut. architektur
und tirol; Kurator, Ausstel-
lungsmacher und freier
Kulturpublizist
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Im Wald
zuschnitt
51.2013
1767
Die maria-theresianische Waldordnung reglementiert den Holzverbrauch
und stellt unberechtigte Holzentnahmen unter Strafe.
1770
1760
1765
„Wir brauchen den Spiegel der Wildnis.“
Arno Ritter
„Wir stehen an einem Wendepunkt, in dem das Paradigma
des rein ökonomischen Denkens nicht mehr stimmig ist.“
Arno Ritter
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