2012
2011
2010
2013
2012
2011
2010
2008
Pierre Huyghe
geboren
1962
in Paris
Studium an der Ecole
Nationale Supérieure des
Arts Décoratifs, Paris
lebt und arbeitet in New York
Im Jahr
2008
verwandelte der französische Künstler
Pierre Huyghe die Konzerthalle des Sydney Opera
House in einen subtropischen Regenwald. Die tem-
poräre Installation „A Forest of Lines“ für die von
Carolyn Christov-Bakargiev kuratierte
16
. Biennale
von Sydney war nur
24
Stunden zugänglich. Sie ließ
die Besucher in eine mystische Welt eintauchen, in
der die Grenzen zwischen Fiktion und Realität auf-
gehoben waren. Wie ein vegetativer Teppich legte
sich der Wald über die für gewöhnlich getrennten
Bereiche Bühne, Orchester und Parkett und kreierte
eine homogene Landschaft innerhalb des Opern-
hauses. Ähnlich einem Prolog konnte man im höher
gelegenen Eingangsbereich zunächst über das dichte,
nebelverhangene Blätterdach der tausend Bäume
blicken. Aus dem Wald war eine Stimme zu hören,
ein Gesang, der sich an das Publikum richtete und
es indirekt aufforderte näher zu kommen. Um sich
auf den labyrinthartig angelegten Pfaden, die
durch den Wald führten, zurechtzufinden, trugen die
Besucher Stirnlampen und erzeugten damit aus der
Ferne betrachtet ein Muster sich ständig bewegen-
der Lichtpunkte. Wer den Wald wieder verlassen
wollte, musste dem Text des Liedes folgen. „Frag
Prudence ...!“ ist in einer der letzten Strophen des
Liedes zu hören und verweist auf jene Frau, die
Pierre Huyghe in den Daintree Rainforest – einem
der ältesten Regenwälder der Welt – begleitete.
Prudence erzählte Huyghe die Geschichte des briti-
schen Seefahrers James Cook, der hier zum ersten
Mal Würgebäume sah. Diese Hemiepiphyten umwach-
sen andere Baumarten, strangulieren sie förmlich,
bis diese absterben und einen Hohlraum hinter-
lassen. In diesen Hohlräumen bestatteten die Abo-
rigines ihre verstorbenen Angehörigen. Als James
Cook die menschlichen Überreste in den Hohl-
räumen entdeckte, dachte er allerdings, dass die
Würgebäume Menschen verschlingen könnten.
Das Lied wird zum Wegweiser. Diese Form der gesun-
genen Erzählweise, die Landschaften beschreibt
und die mit Geschichten aufgeladen ist, war für die
Ureinwohner Australiens eine Art
gps
, um sich in
ihrer Umgebung zurechtzufinden. „Ein Regenwald
ist etwas, das man nicht so einfach definieren kann“,
sagt Pierre Huyghe. „Er ist ein verschwommenes
Bild, aufgrund seiner Dichte, der Heterogenität und
Komplexität, die sich ständig verändert. Er ist ein
Organismus. Er ist ein Ort, an dem man sich verlieren
kann und deshalb ein Mysterium.“ Die Installation
in der Konzerthalle des Sydney Opera House ist nur
ein Teil des narrativen Gesamtkonzeptes und bildet
eine Art Vorstufe für weitere Geschichten. Huyghes
Interesse gilt dem Potenzial der Veränderungen, der
Möglichkeit, im Laufe einer Ausstellung die Narra-
tion und Richtung zu ändern, die eigenen Arbeiten
nicht als abgeschlossene Einheiten zu betrachten.
Kuratiert vom Museum
Moderner Kunst Stiftung
Ludwig Wien
Einzelausstellungen
(Auswahl)
El día del ojo, Museo Tamayo
Arte Contemporáneo,
Mexiko Stadt
A Journey That Wasn’t, Walter
Phillips Gallery, Banff⁄
ca
La saison des fêtes, Museo
Nacional Centro de Arte
Reina Sofía, Madrid
Gruppenausstellungen
(Auswahl)
expo 1
: New York, MoMA
p.s.1
,
New York
documenta
13
, Kassel
Once Upon a Time, Deutsche
Guggenheim, Berlin
Dreamlands, Centre
Pompidou, Musée National
d’Art Moderne, Paris
16
. Biennale von Sydney
Revolutions – Forms That
Turn, Sydney
Stefan Tasch
Stefan Tasch
Studium der Kunstgeschich-
te in Wien und Edinburgh
Arbeit in verschiedenen
Museen und Galerien
Holz(an)stoß
Pierre Huyghe