Ich bin überzeugt, dass wir sowohl ökonomisch als
auch ökologisch auf der Welt nur überleben können,
wenn wir zum Holz zurückfinden. Die Menschheit
wird es sich nicht leisten können, alles aus Kunst-
stoff herzustellen und hinterher das ökologische
System zu reparieren. Die Nichtnutzung des Waldes
wie zum Beispiel bei Nationalparks kostet langfris-
tig zu viel Geld.
Arno Ritter
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir mit
einem „Zurück zum Holz“ die Weltprobleme lösen
können …
Felix Montecuccoli
Nicht alle Probleme, aber wir
werden sicher einige dadurch lösen können. Denn
nur in einem nachhaltigen Sinne kann der Wald aus
dem Spannungsfeld herausfinden, in dem er sich
derzeit befindet: zwischen radikaler Nutzung – alles
Fichte und sonst nichts – auf der einen und sich
aus dem Wald zurückzuziehen auf der anderen Seite.
Eine Lösung ist meines Erachtens, dass wir unter-
schiedliche Holzarten einer Verwendung zuführen
müssen und uns nicht nur auf das Holz an sich, son-
dern auf den Wald als Rohstoffquelle fokussieren
sollten. Dem steht aber entgegen, dass uns heute
die Schwammerl aus dem Wald gestohlen werden
und dass die Nutzung des Waldes für Erholungs-
und Freizeitaktivitäten selbstverständlich geworden
ist und nichts kosten darf. Wenn wir nicht in die
Lage versetzt werden, Leistungen und Nutzungen
des Waldes in ein ökonomisches System einzu-
bringen, werden wir diesen Spannungsbogen nicht
aushalten können.
Arno Ritter
Da muss ich Ihnen ein bisschen wider-
sprechen: Ökonomie ist nur eine Form von Bewer-
tung. Und derzeit habe ich mit dem eindimensio-
nalen Bewertungssystem mein Problem…
Felix Montecuccoli
… damit haben wir beide ein
Problem, aber ich fürchte, wir werden es nicht lösen
können …
Arno Ritter
Vielleicht, aber es stellt sich die Frage,
aus welchen gesellschaftlich vereinbarten Paradig-
men heraus wir was und wie bewerten. Ich denke,
dass wir an einem Wendepunkt bzw. in einer
„Sattelzeit“ leben, in der das Paradigma des rein
ökonomischen Denkens nicht mehr stimmig ist.
Felix Montecuccoli
Ich gebe Ihnen in gewissem
Sinne recht, denn das ist ja der Grund, warum wir
uns trotz der ökonomischen Zwänge unproduktive
Flächen leisten, warum wir dem Grundsatz folgen:
So viel ökonomische Bewirtschaftung wie möglich,
aber so viel ökologische wie notwendig. Wir ver-
zichten jeden Tag auf viel Geld, um langfristig nach-
haltig zu sein.
Arno Ritter
Für mich ist auch ein Element hoch
entwickelter Kulturtechnik, dass man Teile des
Waldes freistellt von jeglicher Bewirtschaftung und
Nutzung, dass man also sagt: Da mache ich nichts.
Das ist sicher ein Ausdruck unseres modernen, kom-
pensatorischen und schizophrenen Verhältnisses
zur Natur, dass wir kollektiv vereinbaren, die „Natur“
letztlich vor uns selbst zu schützen.
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Im Wald
zuschnitt
51.2013
1740
1730
1735
„Ich vergleiche unsere Art der Waldbewirtschaftung mit der
Knopflochchirurgie.“
Felix Montecuccoli
„Der Wald ist eine unglaubliche Projektionsfläche unserer
Gesellschaft.“
Arno Ritter