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London
Holz –wegen seiner Fähigkeit, CO
2
zu speichern
In London gilt der Bezirk Hackney als einer der ärmsten undmultikulturellsten Bezirke
des ganzen Landes. Auf europäischer Ebene und darüber hinaus aber wurde das
250.000
Einwohner zählende Hackney aus einem ganz anderen und in der Tat überraschenden
Grund bekannt, und zwar weil dort zahlreiche städtische Brettsperrholz-Bauten errichtet
wurden. Angefangen hat diesmit dem vonWaugh Thistleton
2007
errichteten Stadthaus
Murray Grove. „Ichwar vor einigenWochen an der TechnischenUniversität Graz“, erzählt
AndrewWaugh, der mit seinemArchitekturbüroWaugh Thistleton inHackney residiert.
„Gerhard Schickhofer, der Vorstand des Instituts für Holzbau undHolztechnologie, hat
hervorgehoben, dass Hackney und das BüroWaugh Thistleton zu einem internationalen
Brettsperrholz-Zentrum geworden sind.“Woche für Woche bekommt das Büro vonWaugh
Thistleton Besuch von Interessenten, jüngst von einem Bürgermeister aus Oregon und
einem schwedischen Stadtratsvorsitzenden.
Holz hat Vorrang
Zu Beginn des Jahres
2012
war David
Hopkins zum Leiter der neu formierten
WerbeplattformWood for Good zur Förde-
rung des Holzbaus ernannt worden.
Hopkins setzte auf dieWood First Rule
(dt. Holz-hat-Vorrang-Vorschrift), die in
British Columbia in Kanada bereits einge-
führt wordenwar. Hopkins wusste, dass
die Verwendung vonHolz wegen seiner
Fähigkeit, CO
2
zu speichern, und aus
Gründen der Nachhaltigkeit von einigen
lokalen Behörden unterstützt wurde.
Sollte der Einsatz vonHolz auf Planungs-
ebene rechtlich verankert werden und
Holz – „sofern anwend- unddurchführbar“ –
als erste kohlenstoffneutrale Option für
öffentliche Gebäude festgeschrieben
werden, würde das die Entscheidung der
lokalen Behörden zugunsten vonHolz
beträchtlich erleichtern. Hopkins war sich
Wie kam der Holzbau nachHackney?
Vor dem Bau des Stadthauses vonWaugh
Thistletonwar Hackney auf einer Land-
karte vonHolzbauten keinen Eintragwert.
Derzeit kannman
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realisierte und sieben
im Bau befindliche Projekte zählen. Dies
ist zugegebenermaßen ein Tropfen auf
den heißen Stein, aber Bauenmit Holz ist
inGroßbritannien ein junger Trend, der
erst um
2005
inGang gekommen ist.
Damals realisierten einige Vorreiter, unter
anderem die Tragwerksplaner Eurban
und die Architekturbüros de RijkeMarsh
Morgan Architects (d
rmm
) undWaugh
Thistleton, eine kleine Zahl von Projekten
und trugen damit nachweislich viel dazu
bei, denHolzbau inGroßbritannien be-
kannt zumachen.
Murray Grove, das erste neungeschossige
Wohnhaus aus Brettsperrholz weltweit,
wurde nicht zuletzt von Brettsperrholz-Pio-
nierenwieAlex de Rijke vond
rmm
kritisiert,
weil es wie alle anderen Gebäude aussehe
undman dieMöglichkeiten der Holzbau-
weise in struktureller und gestalterischer
Hinsicht nicht ausgelotet habe. Andrew
Waugh erzählt, dass ein Gesprächmit dem
österreichischen Architekten undUniversi-
tätsprofessor für Entwerfen undHolzbau
an der
tu
MünchenHermann Kaufmann
dazu geführt habe, dass sich sein Büro
Waugh Thistleton nun entschiedener auf
das Bauenmit Holz konzentriere.
Im Interesse des Bezirks
Die lokale Planungsbehörde vonHackney
engagierte sich ohnehin für Kohlenstoffre-
duktion und die Verwendung ökologischer
Baustoffe und erhielt mit Murray Grove
und den nachfolgenden Projekten den
gebauten Beweis für dieMöglichkeiten
des Holzbaus. Spätestens
2012
hatte sich
das Bauenmit Holz, vor allemmit Brett-
sperrholz, inHackney durchgesetzt, wobei
das Programm Building Schools for the
Future (dt. Schulen für die Zukunft bauen)
zur Bekanntheit und Popularisierung des
Materials beitrug (siehe Zuschnitt
55
).
In Londonwar die Rezession amAbklin-
gen und im Bezirk Hackney wurden
überall neue Projekte fertiggestellt wie
das in Brettsperrholz-Bauweise errichtete
Bridport House.
Oliver Lowenstein
Hinter der goldenen Fassade steckt eine Schulerweiterung inHolzbauweise.
zuschnitt
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In Zukunft Stadt
Weitere Infos:
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Wood for Good:
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