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zuschnitt
65.2017
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Kreislauf Holz
geht, in einemHolzbau den sogenannten
Primärenergieinhalt erneuerbarer oder
nicht erneuerbarer Energie exakt zu be-
greifen – da stolpere ichmanchmal. Mit
diesen Themen können nur Spezialisten
etwas anfangen, die Bewusstmachung der
Bedeutung ist nicht gelungen.
Arno Ritter
Ich erinnere nur an „The Bro-
ken Kilometer“ vonWalter deMaria, der
1979
in einer New Yorker Galerie einen Ki-
lometer Länge aus einzelnen Stahlstücken
ausgestellt hat und damit diese wahr-
nehmbar gemacht hat. Das sind Strategien
der Übersetzung, durch die eine abstrakte
Zahl sicht- und letztlich auch „spürbar“
wird. Dennwie übersetzt man Zahlen, Da-
ten und Fakten, sodass man eine wahr-
nehmbare Relation und einGefühl dafür
bekommt?
Wenn für Bauprojekte Holz aus dem ge-
meindeeigenenWald verwendet wird, dann
fühlt sich das zumindest nachhaltiger an.
Man hat einen persönlichen Bezug dazu.
Arno Ritter
Mittlerweile ist alles sehr
komplex geworden. In der Wochenzeitung
„Die Zeit“ wurde einmal der CO
2
-Verbrauch
eines konventionell gehaltenen, einheimi-
schen und eines argentinisches Rinds auf-
gezeigt. Da kam das argentinische Rind
besser weg als das einheimische, undman
fragt sich natürlich, warum. Das argentini-
sche Rind läuft das ganze Jahr in der freien
Natur herum und frisst das, was vorhan-
den ist, wogegen das lokale, aber konven-
tionell gehaltene Rindmeistens mit Soja
gefüttert wird, das oft importiert wird.
Hermann Kaufmann
Die Zahlen decken
die Fehlentwicklung der europäischen
Landwirtschaft auf. Und dafür sind die
Zahlen ja gut.
Arno Ritter
Das größte Einsparungspoten-
zial, das der Mensch hat, besteht in seiner
Verhaltensänderung. Dabei können Zahlen
zwar helfen, letztendlich aber muss man
im Kopf damit starten und dann einiger-
maßen konsequent danach leben.
HermannKaufmann
Mit Zahlen kannbe-
legt werden, dass der Einsatz von nach-
wachsenden Rohstoffen heute sinnvoll ist.
Das darf nicht nur aus dem Bauch heraus
geschehen. Ein viel wichtigerer Faktor als
die Quantifizierungen sind aber die nicht
quantifizierbaren Eigenschaften des Bau-
stoffs. In diesenweichen Faktoren und
emotionalenQualitäten des Holzes liegt
seine Chance. DasMaterial muss von den
Menschen geliebt werden, sonst nützen
die besten Zahlen nichts. Ich glaube
schon, dass da gerade etwas aufbricht,
was bis jetzt anders war. Man hat irgend-
wowieder Sehnsucht nach natürlichen,
gewachsenenMaterialien.
Arno Ritter
Du hast einmal gesagt, dass
du viele Zahlen selber nicht kapierst.
HermannKaufmann
Mit demCO
2
-Poten-
zial tue ichmir relativ leicht. Inzwischen
habe ich einGefühl dafür bekommen.
Obwohl es ein abstrakter Begriff ist, kann
ich es einordnen. Aber wenn es darum
Arno Ritter
Leiter des aut. architektur und tirol, Kurator,
Ausstellungsmacher und freier Kulturpublizist
Hermann Kaufmann
Architekt in Schwarzach, seit
2002
Professor am
Institut für Entwerfen und Bautechnik, Fachgebiet
Holzbau an der
tu
München, Initiator und Kurator
der Ausstellung „Bauenmit Holz –Wege in die
Zukunft“
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Vergleich Treibhauspotenzial in kgCO
2
-Äquivalent prom
2
Nettogeschossfläche und Jahr
Holz
Standard
Vergleich Primärenergieverbrauch für Herstellung, Instandsetzung und Entsorgung in kWh prom
2
Nettogeschossfläche und Jahr
Holz – Primärenergie, nicht erneuerbar –
Primärenergie, erneuerbar
Standard – Primärenergie, nicht erneuerbar –
Primärenergie, erneuerbar
Vergleich abiotisches Ressourcenpotenzial in kgAntimon-Äquivalent prom
2
Nettogeschossfläche und Jahr
Holz
Standard
Wohnbausanierung inAugsburg
Betrachtungszeitraum:
50
Jahre für Gebäude ohne Betrieb
Quelle der ÖkobilanzierungAugsburg: Bauenmit
Holz. Wege in die Zukunft, Hermann Kaufmann,
WinfriedNerdinger (Hg.), München
2016
, S.
29
Holz
Holzbauweise des realisier-
tenGebäudes, bei demHolz
für primäre Tragkonstruktion
und zahlreiche andere Bau-
teile eingesetzt wurde
Standard
Gebäudemit demselben
Raumprogramm in Standard-
bauweisemit Bauprodukten
weitgehend aus nicht nach-
wachsenden Rohstoffen
(mineralisch, metallisch,
synthetisch)
1...,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14 16,17,18,19,20,21,22,23,24,25,...28
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