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zuschnitt
65.2017
Kreislauf Holz
„Das Swisswoodhouse blickt auf eine zehnjährige Entwurfs- und
Entwicklungsgeschichte zurück. Anfänglichwar ein nachhaltiges
Gebäudekonzept gesucht, das gestalterisch hochwertig und
einfach reproduzierbar ist, für die breite Anwendung taugt und
zur attraktiven Verdichtung von Agglomerationsräumen beitra-
gen kann. Unabhängig von Standort undGeometrie der Baupar-
zelle galt es, eine Architekturtypologie zu entwickeln, mit der
einWohnhaus in allen Lebenszyklus-Phasen flexibel angepasst
werden kann. Dabei interessierteman sichweniger für Bautech-
nik oder Materialökologie als für räumliche, geometrische und
nutzungsbezogene Forschungsfragen: Lässt sich ein Gebäude-
entwurf derart systematisieren, dass daraus vielfältige Varianten
entwickelt werden können?Welcher einheitliche Zuschnittraster
erlaubt einemöglichst flexible Raumnutzung? Undwelche Flä-
chen- und Ausstattungsstandards braucht es, damit sichmög-
lichst vieleWohninteressenten dafür begeistern können?
Beim nachhaltigen Bauen ist die Auswahl an Baumaterialien
und Energietechnologienmitunter eingeschränkt. Die architek-
tonische und räumliche Umsetzung leidet oft darunter und
schmälert den bestmöglichenOutput in der nutzungsbezogenen
sozialenDimension. Das Swisswoodhouse ist deshalb ein leicht
veränderbaresWohnhauskonzept, das entsprechend den jewei-
ligen Bedürfnissen der Bewohner, vor dem Bau oder im Betrieb,
angepasst werden kann. Investoren, die nun das Swisswoodhouse
entdecken sollen, müssen sich für die langfristige Perspektive
interessieren. Da sich die Baukosten kaum von denjenigen kon-
ventioneller Konstruktionsvarianten unterscheiden, darf trotz-
dem ein realistisches Renditeniveau von über 4 Prozent erwartet
werden. Einweiterer Antrieb der Architektenwar, das Swisswood-
house aus dem gestalterischen Korsett des ‚Klötzli‘ zu befreien.
Und nicht zuletzt ist es diesem fachübergreifenden Pilot- und
Demonstrationsprojekt zu verdanken, dass der moderne Holzbau
inzwischenmit rationellen, schlanken und schnellen Prozessen
beeindrucken kann.“
2000
-Watt-Gesellschaft
Ressourcenbilanz für Bau, Betrieb undNutzung
Der ökologische Leistungsausweis des Swisswoodhouse wird
unterschiedlich bilanziert: Die Energieeffizienz wurde konventio-
nell nach den Regeln des Schweizer GebäudelabelsMinergie-P
zertifiziert. Die graue Energie und die induzierteMobilität wurden
hingegen an den Vorgaben der
2000
-Watt-Gesellschaft gemes-
sen. Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (
sia
)
legt im „Effizienzpfad Energie“ fest, wie genügsam der Primär-
energiebedarf undwie gering der Treibhausgasausstoß eines
2000
-Watt-tauglichen“ Gebäudes ist. Dazuwird die Energie-
bilanz im Betrieb, die sich zumeist auf Raumklima, Warmwasser
und Beleuchtung bezieht, mit Bedarfswerten für die Erstellung
und die nutzerbezogeneMobilität ergänzt. Die verwendeten
Baustoffe, der Gebäudestandort und die Erreichbarkeit mit dem
öffentlichen Verkehr werden daher für den nachhaltigen Fuß-
abdruckmitgezählt. Als Faustregel für die Gebäudeplanung gilt,
dass der Konsum an endlichenMaterial- und Energieressourcen
auf fast ein Zehntel des aktuellenNiveaus zu reduzieren ist.
Die
2000
-Watt-Bilanzierungwird für Wohnhäuser, Bürobauten
und Schulgebäude durchgeführt und ist von Bauherrschaften,
Behörden und der Planungs- und Baubranche inzwischen glei-
chermaßen akzeptiert. Unter anderemwird geschätzt, dass eine
umfassende Energiebetrachtung vorgenommenwird und die
ökologischen Standards flexibel umsetzbar sind. Dies hat dazu
geführt, dass der ökologische Baustoff Holz inzwischen ebenso
populär ist wie die Nutzung lokal verfügbarer Energiequellen.
Die
2000
-Watt-Gesellschaft wurde Ende des
20
. Jahrhunderts
von Forschern der
eth
Zürich als Vision dafür entworfen, wie ein
global gerechter und nachhaltiger Ressourcenverbrauch aussehen
könnte. Inzwischen haben sich der Bund, diemeisten Schweizer
Kantone, aber auch viele Städte entschlossen, die Vorgaben der
2000
-Watt-Gesellschaft in energiepolitische Leitlinien zu über-
setzen und einen eigenen Absenkpfad für den Energiekonsum
in allen Alltagsbereichen zu skizzieren. Auch deutsche und
österreichische Städte imBodenseeraummachen sich inzwischen
daran, die
2000
-Watt-Zielemithilfe von regionalen Energie-
Sparkampagnen und freiwilligen Bürgerinitiativen umzusetzen.
Parallel dazu ist „Bauen für die
2000
-Watt-Gesellschaft“ zu
einem zentralenMotiv für die Gebäude- und Energieforschung
in der Schweiz geworden.
Paul Knüsel
diplomierter Umweltnaturwissenschaftler
eth
, Wissenschafts- und Fachjourna-
list, freie publizistische und journalistische Tätigkeit mit Themenschwerpunkt
„Nachhaltiges Bauen“, derzeit Redaktor von
tec21
StefanGraf von Bauart Architekten über das Swisswoodhouse
und die Erforschung von langlebigen Raumstrukturen.
„Für Investoren, die an einer langfristigen Perspektive interessiert sind“
Energiesparziele der
2000
-Watt-Gesellschaft
Istwert
6300
Watt
Zielwert
2000
Watt
Konsum
Ernährung
Wohnen
Mobilität
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
Infrastruktur
1...,11,12,13,14,15,16,17,18,19,20 22,23,24,25,26,27,28
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