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zuschnitt
65.2017
Kreislauf Holz
Altholzmengen aus demBauwesen inÖsterreich
Alfred Teischinger und Jasmin Kalcher
Im Bauwesen gewinnt die Frage des Umgangs mit Abbruchma-
terial bzw. des Baustoffrecyclings zunehmend an Bedeutung.
Mit Bezug zumHolzeinsatz im Bauwesen stellen sich dabei zwei
zentrale Fragen: Wie viel Holz ist derzeit imGebäudebestand
enthalten, wann steht dieses zur Entsorgung an und kann somit
als potenzieller Sekundärrohstoff dienen? Um diese Fragen be-
antworten zu können, wurden im Zuge des Projekts CaReWood
(Cascading RecoveredWood) mithilfe vonModellrechnungen
verschiedene Szenarien zur Entwicklung der Holzmenge im
österreichischen Gebäudebestand und ihrer Output-Ströme
entwickelt und für die Jahre
2011
bis
2100
dargestellt. Die Ergeb-
nisse des Basisszenarios zeigen, dass bereits eine beachtliche
Menge anHolz im Bestand enthalten ist, die aufgrund der zuneh-
menden Bedeutung vonHolz im Bauwesen innerhalb der kom-
menden Jahrzehnte noch größer werdenwird. Wennwir nur das
im Rohbau (Außen- und Innenwände, Decke, Dachstuhl) von
Wohngebäuden enthalteneHolz betrachten, wird sich die Holz-
menge stetig von
2011
bis
2100
von
32
Mio.m
3
auf ca.
50
Mio.m
3
erhöhen. Die jährlich anfallendeMenge von Altholz aus diesem
Bestandwird – als Ergebnis der unterschiedlichen Annahmen
zuHolzmengen inGebäuden aus verschiedenen Bauperioden in
Kombinationmit variierenden Lebensdauern und Annahmen
zur Bevölkerungsentwicklung – über den gesamten betrachteten
Zeitraum von
350.000
m
3
auf
650.000
m
3
bis
2100
ansteigen.
Aufgrund der Datenverfügbarkeit beziehen sich die genannten
Zahlen ausschließlich auf den Rohbau vonWohngebäuden.
Weitere Quellen von Altholz sind Bau- und Abbruchholz von
Nicht-Wohngebäuden, Sperrmüll, Holzverpackungen und Palet-
ten, Altholz imRestmüll undHolz imAußenbereichwie Eisenbahn-
schwellen undMasten. Das gesamte Altholzaufkommen beträgt
derzeit beachtliche
745.000
t (das entspricht ca.
1,5
Mio.m
3
).
Einem gezielten „Design für Recycling“ kommt daher auch bei
vergleichsweise langlebigen Strukturenwie dem Bauwesen zu-
nehmende Bedeutung zu.
Alfred Teischinger
Professor am Institut für Holztechnologie undNachwachsende Rohstoffe
Universität für Bodenkultur, Wien
Jasmin Kalcher, Mitarbeiterin am selben Institut
JasminKalcher, Gabriel Oliver Praxmarer, Alfred Teischinger: Quantification of
FutureAvailabilities of RecoveredWood fromAustrian Residential Buildings,
Resources, Conservation andRecycling,
2016.
Alfred Teischinger, Jasmin Kalcher, Erwin Salzger, Gabriel Oliver Praxmarer,
Manfred Vanek: General Systematics for aDesign for Recycling. Guideline for
WoodenWindows andWoodAluminumWindows, World Conference on
Timber Engineering (
wcte 2016
), Wien,
22
.–
26.8.2016
, in: Josef Eberhardsteiner,
WolfgangWinter, Alireza Fadai, Martina Pröll:
cd-rom
Proceedings of the
World Conference on Timber Engineering (
wcte 2016
), Wien
2016
.
CaReWood: An dem Forschungsprojekt über Cascading RecoveredWood sind
insgesamt
15
Hochschulen und Industriepartner beteiligt:
ist die Dekontaminierung undNachkontrolle von belastetemAlt-
holz technischmöglich. So können in Zukunft auch Gebraucht-
hölzer aus dem strukturierten Gebäuderückbau in einem industri-
ellenMaßstab in industriellen Verfahren von Behandlungsstoffen
befreit und über Fügeverfahren zu neuen, hochwertigenHalb-
waren aufbereitet werden. Selbst die Verwendung vonAltholz zur
Gewinnung von Zellulose und Lignin für die Bioraffinerie ist Ge-
genstand aktueller Forschungsprojekte undwürde die stoffliche
Kaskade weiter verlängern.
Modellrechnungen zeigen, dass das Aufkommen vonAltholz in den
nächsten Jahren groß genug seinwird, um einen Industriezweig
entlang der Kaskadennutzung zu etablieren.
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Durch die laufende
Steigerung der Holzeinsatzmenge imGebäudesektor vergrößert
sich das potenzielle Volumen kontinuierlich. Für die zukünftige
Nutzung ist neben den rechtlichen und technologischen Rahmen-
bedingungen das Verständnis des urbanen Raums als Rohstoff-
quelle eine wichtige Grundlage. UrbanMining sollte daher auch
für den Rohstoff Holz, der trotz seiner Erneuerbarkeit nur begrenzt
verfügbar ist, Gültigkeit finden. Dies ist insbesondere für den
Erfolg einer kreislaufbasierten Bioökonomie essenziell. In der Folge
wird dies nicht nur die Ressourceneffizienz der Holzverwendung
steigern, sondern auch die Gesamtumweltbilanz der Holzverwen-
dung reduzieren. Ein Grundstein dafür kann bereits heute gelegt
werden: Durch ein sinnvolles Design for Recycling kann bei der
Entwicklung von Produkten und Gebäuden das künftigeWert-
schöpfungspotenzial der Holzverwendung gesteigert werden.
Klaus Richter
Professor für Holzwissenschaft und Leiter der HolzforschungMünchen an der
tu
München. Er ist Koordinator des CaReWood-Projekts.
Michael Risse
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Holzwissenschaft der
tu
München. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Kaskadennutzung vonHolz.
chemische Produkte
energetische Verwertung