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Ein Fenster ist nur so gut wie sein Einbau
ÖNORM B 5320

erschienen in
Zuschnitt 58 Holzfenster, Juni 2015

Der Fenstereinbau ist eine anspruchsvolle Bauaufgabe. Denn es liegt nicht nur eine komplexe Geometrie vor, es müssen auch hohe bauphysikalische Anforderungen erfüllt und die Materialien exakt verarbeitet werden. Dies erfordert von allen Beteiligten großes Know-how und die Bereitschaft zur gewerkeübergreifenden Zusammenarbeit.

Das Fenster – inklusive seiner Anbauteile wie Sonnenschutzeinrichtungen – ist ein Hochleistungsbauteil, das letztendlich nur so gut ist wie seine Montage. Fehler beim Einbau können z. B. den Schallschutz dramatisch verschlechtern, zu massiven Wärmebrücken bis hin zum Schimmel führen oder einen schlagregendichten Anschluss z. B. der Bodenschwelle einer Balkontür zur Terrassenabdichtung verhindern. Alle Anforderungen, die das Fenster und die Wand erfüllen, sind auch vom Bauanschluss zu erfüllen. Diese Anforderungen müssen in einer Fuge von nur ca. 10 bis 20mm Breite und 70 bis 100mm Tiefe gelöst werden, und das nicht nur in der Fläche, sondern auch über Ecken und Kanten sowie bei allen Unwägbarkeiten auf der Baustelle (Schmutz, Temperatur, Regen, …).

Diese Problematik führt immer wieder zu Fragen und Diskussionen bei der Planung und Ausführung des Fenstereinbaus in der Praxis. Die verschiedenen am Fenstereinbau beteiligten Gewerke wie Baumeister/Zimmermeister, Fensterindustrie/-gewerbe, Montageunternehmen, Fassaden-/Wärmedämmverbundsystem-Hersteller, Putzer/Trockenbauer, Spengler/Abdichter sowie die gesamte Zuliefer-industrie (z. B. für Befestigungsmittel, Dämmstoffe, Füllschäume, Dichtstoffe, Dichtbänder, vorkomprimierte Dichtbänder und Multifunktionsbänder, Dichtfolien und dergleichen) sind zu koordinieren. Hier alle Interessen auf einen Nenner zu bringen, Sichtweisen und Standpunkte zu berücksichtigen und technisch korrekte Lösungen zu finden und zu planen, ist eine Herausforderung für jeden Planer. Die neue ÖNORM B 5320 »Einbau von Fenstern und Türen in Wände«, erschienen am 15. März 2015, gibt dazu wesentliche Hilfestellungen.

Die Holzforschung Austria veranstaltet Fachseminare
zur neuen ÖNORM B 5320:2015.

Infos und Anmeldung: www.holzforschung.at

ÖNORM B 5320 »Einbau von Fenstern und Türen in Wände«

Mit der neuen Norm wurden folgende wesentliche Änderungen vorgenommen:

  • Der Leistungsumfang und die Verantwortlichkeiten für den Standard-Fenstereinbau und den objektspezifischen Fenstereinbau wurden klar definiert.
  • Der Standard-Einbau vereinfacht die Planung und den Einbau bei Einhaltung der vorgegebenen Rahmenbedingungen und ermöglicht die Verwendung von Standarddetails von Systemgebern.
  • Durch die Festlegung des Leistungsumfangs Standard-Fenstereinbau ist die Schnittstelle exakt definiert, eine Gewerketrennung möglich und das Gewerk Fenstereinbau kann übergeben werden.
  • Der objektspezifische Fenstereinbau eröffnet die Möglichkeit der individuellen Planung, wenn eine Gesamtbetrachtung des Bauanschlusses erfolgt und die Gewerkeschnittstellen auch geplant und am Bau überwacht werden.
  • Ein objektspezifischer Fenstereinbau bedeutet für den Planer, die volle Verantwortung zu tragen.
  • Ein objektspezifischer Fenstereinbau ist zum Beispiel erforderlich bei besonderen Einbausituationen, wie fassadenbündigem Einbau oder über die Fassade hinausragenden Fenstern, bei hohen Schallschutzanforderungen, beim Einbau von einbruchhemmenden Bauteilen ab Widerstandsklasse 3 (WK 3) und anderen spezifischen Anforderungen.

Standard-Fenstereinbau

  • Planung und Ausführung »nur« eines Fensteranschlusses
     
  • Anschluss »nur« an den tragenden Baukörper/Wandbildner (an den Rohbau
     
  • Mindestleistungsumfang
    • befestigen
    • Fuge füllen
    • innerer und äußerer Anschluss
    • Die Fensterbank innen und außen zählt nicht zum Standard-Fenstereinbau.
       
  • Anforderungen in Hinblick auf
    • Luftdurchlässigkeit,
    • Schlagregendichtheit und
    • Belastung bei Wind sind zu erfüllen.
    • Ein bauphysikalischer Nachweis ist nicht erforderlich.
       
  • Eine Gewerketrennung ist möglich, weil Mindestleistungsumfang und Schnittstelle genau definiert sind (der Fenstereinbauer kann nach der Montage sein Gewerk übergeben).
     
  • Vereinfachte Planung, weil Regel- und Standarddetails oder fachgerechte Einbaudetails von Systemgebern verwendet werden können.
     
  • Nachfolgende Gewerke müssen sich, wenn nicht vorher Anforderungen bekannt gegeben wurden, an das Vorgewerk anpassen.

Objektspezifischer Fenstereinbau

  • Planung und Ausführung eines gesamten Bauanschlusses
     
  • Anschluss aller Bauteilschichten der gesamten Wand an das Fenster
     
  • Alle Anschlüsse aller Anschlussebenen sind in der Regel von mehreren Gewerken zu erbringen, zusätzlich z. B. Fassadenanschluss, Putzanschluss, Fensterbankanschluss, Anschluss der Bauwerks- oder Flachdachabdichtung
     
  • Alle Anforderungen in Hinblick auf Statik, Bauphysik, Gebrauchs- und Funktionstauglichkeit sind zu erfüllen.
     
  • Da der objektspezifische Fenstereinbau in der Regel von mehreren Gewerken ausgeführt wird, müssen die Gewerkeschnittstellen vom Architekten oder Planer geplant und am Bau überwacht werden.
     
  • Individuelle Planung ist möglich.
    Die Planung hat den gesamten Bauanschluss zu umfassen und ist konstruktiv festzulegen inkl. der angrenzenden bzw. anarbeitenden Gewerke wie Bodenabdichtung, wdvs, Fensterbank, Sonnenschutz sowie Zusatzmaßnahmen wie Vordach, Rigol.
     
  • Angrenzende und anarbeitende Gewerke und deren Schnittstellen sind in Abhängigkeit des Bauablaufes so zu planen, dass die Leistungen der einzelnen Gewerke gebrauchs- und funktionstauglich erbracht werden können und auch so bleiben.

verfasst von

Peter Schober

ist Abteilungsleiter Bautechnik und Bereichsleiter Fenster der Holzforschung Austria. 

Erschienen in

Zuschnitt 58
Holzfenster

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Zuschnitt 58 - Holzfenster

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