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Bauen mit Raummodulen III
Ein Gespräch mit Harald Heußer vom Frankfurter Hochbauamt

erschienen in
Zuschnitt 67 Raumstapel, September 2017

Ein Gespräch mit Harald Heußer vom Frankfurter Hochbauamt, verantwortlich für den Schulbau der Stadt Frankfurt am Main.

In Frankfurt gibt es bereits zwei Schulen, die aus vorgefertigten Holzboxen errichtet wurden: die Europäische Schule und die Schule in Kalbach-Riedberg. Wer ist auf die Idee gekommen?

Das war meine Idee. Ich habe mich an das Hotel Post in Bezau, dessen Zubau in einer Rekord-Bauzeit mithilfe von Boxen realisiert worden ist, erinnert, als die Frage aufkam, wie wir in kurzer Zeit für die Europäische Schule einen Interimsbau errichten können. Die Eltern wollten ihre Kinder ungern in Stahlcontainer schicken. Die Europäische Schule wurde sehr schnell errichtet, mit hoher Präzision und überzeugender Architektur.


Kurz nach der Europäischen Schule wurde gleich ein zweites temporäres Schulgebäude in der gleichen Bauweise errichtet.

Die Europäische Schule wird sehr gut angenommen, sowohl von Schülern – das ist ja das Entscheidende – als auch von den Eltern und den Lehrern. Auch die Lehrer der IGS Kalbach-Riedberg, die vorher in Stahlcontainern unterrichtet haben, sind sehr angetan. Sie haben gesagt, das ist jetzt ein richtiges Gebäude. Auch sie fühlen sich wohl.

Was ist zu den Kosten zu sagen? Wurden diese mit denen einer Containerbauweise verglichen?

Bei den Holzraumzellen zählen der Zeitaspekt und die Kostensicherheit. Im Vergleich zum konventionellen Bauen haben wir kaum Nachträge. Wir wissen, was wir bekommen, und können auch dem Kämmerer sagen, mit den Kosten, mit denen wir ins Rennen gehen, kommen wir aus. Da gibt es keine Preissteigerungen, da gibt es keine Firmen, die ausfallen, da gibt es Qualität.

Die Europäische Schule hat in Presse und Fachpresse viel Aufmerksamkeit bekommen. Wie erklären Sie sich das?

Anscheinend haben wir da einen Nerv getroffen. Die Schule sieht gut aus und wirkt nicht wie ein Containergebäude. Es ist wichtig, dass sich die Architektur fundamental von dieser Stangenware unterscheidet. Die Stadt muss sich allerdings einen guten Architekten suchen, einen richtig guten, um ein so überzeugendes Ergebnis zu erhalten.

Sie haben gerade gemeinsam mit dem österreichischen Architekten Simon Speigner von sps÷architekten ein Baukastensystem für Schulen entwickelt, das auch auf Raummodulen basiert. Was ist das?

Es gibt einen Katalog von Raumzellen, die frei kombinierbar sind: Unterrichtsraum, Lehrerzimmer, Flur, Toilettenraum, Fachraum. Daraus können Sie verschieden große Schultypen zusammenbauen. Wir wollen mit ein bis zwei Fachbetrieben, die wir über eine europaweite Ausschreibung finden werden, einen fünfjährigen Rahmenvertrag machen. Der Vorteil ist, dass wir dann vereinbarte Preise pro Raumtyp haben und uns viel Zeit sparen, weil wir nicht jedes Mal neu ausschreiben müssen. Wir beauftragen dann Architekten, die das für den Ort auf Basis dieses Baukastens planen.

Ist das für temporäre oder auch für Schulneubauten gedacht?

Da geht es um temporäre und schnell zu errichtende Schulbauten für einen Einsatz von vier bis zehn Jahren. Wir wollen damit aber nicht den Bau von konventionell, gut gebauten Schulen in anderer Bauweise aushebeln. Es ist für eine Nische oder sagen wir Auftragssituation gedacht, für die wir eine Alternative zu Stahlraumzellen anbieten wollen. Holz ist besser. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass die Städte nicht weiter verschandelt werden.


verfasst von

Anne Isopp

ist freie Architekturjournalistin. Sie studierte Architektur an der TU Graz und TU Delft und Qualitätsjournalismus an der Donau Universität Krems. Sie war von 2009 bis 2020 Chefredakteurin der Zeitschrift Zuschnitt.

Erschienen in

Zuschnitt 67
Raumstapel

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Zuschnitt 67 - Raumstapel