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NEST – Forschungs- und Innovationsgebäude bei Zürich

erschienen in
Zuschnitt 67 Raumstapel, September 2017

Daten zum Objekt

Standort

Dübendorf/CH Google Maps

Bauherr:in

Empa Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, Dübendorf/CH, www.empa.chEawag Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz, Dübendorf/CH, www.eawag.ch

Architektur

Gramazio Kohler Architects, Zürich/CH, www.gramaziokohler.ch

Fertigstellung

2016

Typologie

Forschung

Holzforschung im Raummodul

Bis innovative Bau- und Energietechnologien vom Labor auf die Baustelle, also auf den Markt kommen, braucht es heute im Schnitt zehn Jahre. Dies ist eine zu lange Zeit, wenn man bedenkt, dass der gesamte Energieverbrauch des Schweizer Gebäudeparks bis 2050 um den Faktor 5 gesenkt werden soll. Das Forschungs- und Innovationsgebäude NEST (Next Evolution in Sustainable Building Technologies) in der Nähe von Zürich soll diesen Prozess nun beschleunigen, es ist ein Gemeinschaftsprojekt der Empa (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt), Eawag (Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz) und Partnern aus Forschung, Wirtschaft und öffentlicher Hand.

Die neuen Technologien, Systeme und Baumaterialien werden hier von Bewohnern im Alltag getestet und erforscht. Es ist also kein Ausstellungsgebäude, sondern ein bewohntes Musterhaus in Entwicklung. Das Gebäude besteht aus Gemeinschaftsräumen im Erdgeschoss und einem Edelrohbau aus Beton darüber. Auf die umlaufenden stützenfreien Geschossplatten können völlig unabhängig voneinander verschiedene Forschungs- und Innovationseinheiten, sogenannte Units, gestellt werden, die jeweils eine einzelne Wohn- und Gebäudeeinheit darstellen. Der Aufbau geschieht vor Ort oder mit vorgefertigten Raummodulen. Diese werden etwa fünf bis sieben Jahre getestet und danach durch neuere ausgetauscht.

Der Forschungsbereich rund ums Holz heißt Vision Wood und wird von zwei Doktoranden ständig bewohnt. An der Holzfassade werden Behandlungen für den UV-Schutz und gegen Schwärzepilze getestet, ebenfalls der Witterung ausgesetzt sind die Gartenmöbel und das Terrassendeck aus dem neuen Bambusfasern-Harz-Komposit, das die Zugfestigkeit von Stahl hat. Im Inneren gibt es eine ganze Reihe von Testanwendungen: bindemittelreduzierte Dämmplatten, Zimmertüren mit höherem Flammwiderstand und antimikrobielle Holztürgriffe, magnetisierbares Holz, Zellulose in Silikonfugen und Waschbecken aus Holz mit einer dünnen und transparenten Schutzschicht, zudem werden verschiedene Raumautomations- und Lüftungssysteme erforscht.

Vision Wood wurde im 3D-Verfahen sehr weit vorausgeplant und dann in der Werkhalle modular vorgefertigt und aufgebaut. Gebäudetechnik, Sanitäranlagen, Mobiliar und insbesondere die Forschungsprojekte konnten so unter optimalen Bedingungen eingebaut werden.

Die Grundkonstruktion der drei Raummodule besteht aus Buchensperrholzplatten, die in der Schweiz in einem neuen Werk für Laubholzverarbeitung hergestellt wurden. Die hohe Festigkeit der Buche erlaubt einen schlankeren Aufbau der Raummodulwände, der einen Platzgewinn mit sich bringt. Die Buchensperrholzplatten haben im Vergleich zu Buchenfurnierschichtholz einen geringeren Klebstoffanteil und bieten eine gleichmäßige und edle Optik.

Für den Transport auf Tiefladern wurden die Raummodule in Folie eingeschweißt. Stahlprofile auf der Unterseite sorgten dafür, dass sich die 4,5 Tonnen schweren Raummodule beim Anheben mit dem Kran nicht verziehen, die Raummodule wurden dann wie Schubladen auf zwei vormontierten Schienen langsam ins Gebäude hineingezogen, und zwar mithilfe von zwei handbetriebenen Seilwinden. Fett auf den Schienen erhöhte die Gleitfähigkeit und reduziert ein späteres Zusammenrosten.

Diese seitliche Montage bedeutet einen gewissen Mehraufwand gegenüber der gängigen Raummodule-Stapelung, bietet aber einen für dieses Projekt unverzichtbaren Vorteil: Die einzelnen Raummodule, deren Forschungszyklus unterschiedlich lang sein kann, können völlig unabhängig voneinander ausgewechselt werden.

Die Empa bietet für alle interessierten Privatpersonen jeden Monat eine öffentliche Führung durch das gesamte NEST-Gebäude an. Diese dauert etwa eine Stunde, eine vorherige Anmeldung auf der Homepage ist erforderlich.
www.nest.empa.ch


verfasst von

Manuel Joss

geboren 1973, studierte Architektur in Lausanne und Zürich, ist freiberuflich als Architekt und Autor für Tageszeitungen, Fachpresse und Fernsehen tätig. 

Erschienen in

Zuschnitt 67
Raumstapel

So baut man heute: Komplett vor­ gefertigte Räume aus Holz werden zu Häusern aufgestapelt. Das geht schnell bei garantiert hoher Ausführungsqualität.

8,00 €

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Zuschnitt 67 - Raumstapel

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