Zum Hauptinhalt springen

Forschungsprojekte
zum Wald im Wandel

erschienen in
Zuschnitt 93 Holz – Bau – Forschung, Juni 2024

trace-wood
Intelligente Nachverfolgbarkeit von Holz als Grundlage für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft

Die 2023 beschlossene EU-Verordnung über Entwaldungsfreie Produkte (EUDR) soll der globalen Entwaldung und Waldschädigung entgegenwirken. Das Ziel ist Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Erreicht werden soll es durch umfassende Nachweispflichten für den Import, Export und Verkauf von bestimmten Rohstoffen und Erzeugnissen, darunter Holz, Soja und Kaffee. Um bei Holzprodukten die geforderte Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, muss etwa die Herkunft vom Möbel oder Bauteil bis zum Stamm nachweisbar sein. Ein Tool dazu entwickelt derzeit das Kompetenzzentrum Holz im durch den Waldfonds geförderten Forschungsprojekt trace-wood mit Partnern aus universitärer Forschung, IT und Möbelbau. Forschungsziel ist ein digitaler Fingerabdruck in Form einer fälschungssicheren Markierung, die auf dem Holz angebracht und in einer Datenbank hinterlegt ist. Das Konsortium, geleitet von Martin Riegler vom Kompetenzzentrum Holz und Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe an der Universität für Bodenkultur Wien, hat dabei mehrere Faktoren im Fokus. Zum einen erforscht es, wie ein fälschungssicherer Code erstellt, in einer Datenbank festgeschrieben und aus ihr ausgelesen werden kann. Zum anderen arbeitet es an Materialien und Techniken, um den Code auf Holz aufzubringen. Die chemische Zusammensetzung der Farben und deren Haftung auf verschiedenen Holzoberflächen ist ebenso Forschungsinhalt wie die Drucktechnik.
Die im Rahmen von trace-wood entwickelte Markierung soll schließlich entlang der gesamten Wertschöpfungskette zum Einsatz kommen – bei der Schlägerung im Wald, im Sägewerk, bei der weiteren Verarbeitung – und die legale Herkunft des Holzes nachweisen. Darüber hinaus erforscht das Kompetenzzentrum Holz eine weitere Möglichkeit der Rückverfolgbarkeit. Als einer von 18 Partnern arbeitet es am Projekt champI4.0ns zur souveränen Datennutzung. Diesem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Jahrringe wie ein Fingerabdruck jedem Stamm und jedem Brett ein einzigartiges Aussehen und damit eine eindeutig zuordenbare Identität verleihen.

trace-wood
Laufzeit 2023–2026
Wissenschaftliche Leitung Kompetenzzentrum Holz GmbH, Linz/AT, www.wood-kplus.at/de
Partner:innen ags – solutions GmbH, Fraiss IT GmbH, Holzcluster Steiermark GmbH, SYRION – Institut zur Förderung Systemischer Forschung und Innovation, TEAM 7 Natürlich Wohnen GmbH, Universität Innsbruck, Institut für Textilchemie und Textilphysik

 

UniStrand
Holzbauwerkstoffe der nächsten Generation

Konstruktive Werkstoffe für den Bau werden derzeit vorrangig aus Nadelschnittholz gefertigt. Andere Holzarten und Nadelholz, das für den klassischen Sägeprozess zu dick, zu dünn oder zu unförmig ist, werden weitgehend ausgeschieden. Prozessbedingt liegt die Rohstoffausbeute für das eigentliche Zielprodukt Brettsperrholz lediglich bei 30 bis 40 Prozent. Das wirft die Frage auf, wie man das bisher für geringere Wertschöpfung eingesetzte Holz großindustriell zu einem Produkt mit ähnlichen Eigenschaften wie Brettsperrholz verarbeiten kann. Eine Antwort darauf gibt das Projekt UniStrand, das das Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe der Universität für Bodenkultur Wien mit Partnern aus Forschung, Wald- und Bauwirtschaft umsetzt. Dabei wird das Holz zuerst – ähnlich wie bei OSB-Platten – in Strands aufgespaltet. Die Furnierschnitzel werden hochgradig orientiert zu Platten zusammengefügt und diese wiederum kreuzweise miteinander zu einer Strukturplatte verleimt. Eine Besonderheit ist, dass man Mischungen aus Strands mehrerer Holzarten erstellen und diese unterschiedlich stark verdichten kann. So lassen sich Festigkeit und Dichte des Werkstoffs dem jeweiligen Bedarf anpassen. Ein Wandelement kann beispielsweise so konzipiert werden, dass es genau dort, wo höhere Lasten wirken, auch eine höhere Festigkeit aufweist. Das spart ebenso Ressourcen wie die Tatsache, dass Fensteröffnungen u.Ä. nicht nachträglich ausgeschnitten, sondern im Produktionsprozess ausgespart werden. Derzeit vergleichen die Forscher:innen die an erstellten Platten gemessenen Werte mit den Simulationen und optimieren die Strukturen. Parallel dazu betreibt das Institut Grundlagenforschung im Projekt Strong Hardwood. Dieses geht davon aus, dass aufgrund der Klimaveränderung künftig mehr Laubholz anfällt. Dessen Astholzanteil liegt bei 50 Prozent – eine Ressource, die es in Zukunft zu nutzen gilt. Dazu soll Astholz in einem Makrofaserprozess in Fasern von 20 cm Länge aufgespaltet werden, die man anschließend wieder zu einem Werkstoff zusammensetzt. Das Ziel ist, die größere Variabilität der Holzeigenschaften von Ästen auszugleichen und ein leistungsfähiges Produkt zu generieren.

UniStrand
Laufzeit 2022–2025
Wissenschaftliche Leitung Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe, Wien/AT, https://boku.ac.at/map/holztechnologie; Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Hochbau, Holzbau und kreislaufgerechtes Bauen, Wien/AT, https://boku.ac.at/baunat/ihb; Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung, Graz/AT, https://ess.uni-graz.at/de; Kompetenzzentrum Holz GmbH, Linz/AT, www.wood-kplus.at/de
Partner:innen Dynea AS; Wirtschaftskammer Österreich; Fachverband der Holzindustrie Österreichs; Hasslacher Holding GmbH; Henkel Central Eastern Europe GmbH; Holzcluster Steiermark GmbH; Huntsman (Europe) BV, Dieffenbacher GmbH Maschinen- und Anlagenbau; Metadynea Austria GmbH; Österreichische Bundesforste AG; Swiss Krono Tec GmbH

 

functional WOOD2print
3D-Druck von hochfesten Holz- und biobasierten Strukturwerkstoffen mit nachhaltig servicierbarer funktioneller Oberfläche

3D-Druck (AM-Prozesse/Additive Manufacturing) aus pulverförmigem Grundmaterial erweitert die möglichen Design-Varianten und die Individualisierung von Komponenten und Baugruppen wie etwa sichtbare und unsichtbare Möbelverbindungen oder Dekorelemente. Außerdem kommt es im Vergleich zu konventionellen Technologien wie Spritzguss zu vermindertem Zeit- und Kostenaufwand vom Prototypen bis zur Serienfertigung. Bisher fehlten entsprechende technisch und industriell nutzbare AM-Prozesse, um aus holz- und biobasierten Rohstoffen (etwa Holzspänen, Holzmehl, Lignin), die in großen Mengen in der holz- und papierverarbeitenden Industrie anfallen, Komponenten herzustellen, die ähnlich belastbar sind wie solche aus Kunststoff. Nachhaltige, im 3D-Druck-Verfahren aus holz- und biobasierten Werkstoffen hergestellte Produkte müssen jedoch auch über langlebige bzw. servicier- oder austauschbare Oberflächen mit verschiedenen Eigenschaften wie Kratzfestigkeit verfügen, um deren Nutzungsdauer zu verlängern. Solche Oberflächen können im AM-Prozess aber nicht hergestellt werden, weshalb es ein anderes Produktionsverfahren braucht.

Functional WOOD2print bearbeitet also drei Kernthemen:
Erstens geht es um die Entwicklung von AM-Prozessen unter Anwendung von holz- und biobasierten Rohstoffen. Dadurch sollen die fertigen Komponenten ähnliche Eigenschaften haben, wie sie mit Kunststoff im SLS-Verfahren (selektives Lasersintern) möglich sind. SLS würde durch hohen Wärmeeintrag die Holzfasern schädigen, Functional WOOD2print hingegen ist ein Prozess, bei dem durch „selektives Verkleben“ der Pulverlagen mit viel niedrigeren Temperaturen gedruckt werden kann.
Zweitens wird eine Toolbox mit verschiedenen Varianten auswechselbarer, mechanisch belastbarer Oberflächen entwickelt, die auch dekorative Eigenschaften haben können.
Der dritte Bereich betrifft die Entwicklung von biobasierten (Nano-)Kohlenstoffpulvern (z.B. Graphit) aus Lignin, die als Ersatz für synthetische Trockenschmierstoffe mit fossilem Ursprung dienen sollen.
Die Forschung erfolgt unter anderem in Zusammenarbeit mit Unternehmen der holzverarbeitenden Industrie in hochqualitativen Anwendungsfeldern wie Möbel- oder Musikinstrumentenbau.

functional wood2print
Laufzeit 2023–2026
Wissenschaftliche Leitung Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, Wien/AT, www.joanneum.at
Partner:innen Kompetenzzentrum Holz GmbH; HARATECH GmbH; Schmidt Harmonikaerzeugung GmbH; Technoholz GmbH

 

rethink_LTprocessing
Potenziale des Kombinationsprozesses „Schälen und Sägen“ sowie prinzipielle Grenzen der Produktion geschälter Holzrohwaren einschließlich ihrer Charakterisierung

In Österreich, Deutschland und der Schweiz sind maßgebliche Landesflächen von Wald bedeckt, wobei Nadelholz vorherrschend ist. Davon weist wiederum eine große Menge einen Brusthöhendurchmesser von mehr als 50cm auf und gilt somit als Starkholz. Die industrielle Verarbeitung daraus gewonnener Stämme mit einem Durchmesser über 45cm ist aufwendig.
Der Starkholzproblematik entgegen steht die hohe mechanische Leistungsfähigkeit des äußeren Stammbereichs, holztechnologisch als „adult“ bezeichnet. In der Kombination der etablierten Auftrennprozesse „Schälen“ und „Sägen“ wird eine wesentliche Chance gesehen, Starkholz üblicher, sägefähiger Qualität industriell lastabtragenden Holzbauprodukten zuzuführen. Dies zielt darauf ab, die Ressource Starkholz zu nutzen, nachhaltig die Funktionen unserer Wälder zu erhalten und den Anteil an langlebigen Holzbauprodukten als aktive CO2-Speicher zu erhöhen. Der Kombinationsprozess „Schälen und Sägen“ sieht vor, dass zuerst die entrindete Stammrandzone geschält und dann der verbleibende Zylinder zu Schnittholz gesägt wird.
Das Schälen, als kontrollierte spanlose Spalttrennung, erzeugt flächige Holzrohwaren, wobei eine Stärke von deutlich über 6mm anvisiert wird. Derartige Holzrohwaren können anschließend direkt als Lagenwerkstoffe oder weiter zu „geschälten Brettern“ verklebt werden und als Grundmaterial sowohl für flächige als auch stabförmige Holzbauprodukte eingesetzt werden.
Die Hauptziele der Forschungsarbeiten bestehen darin, die Möglichkeit der Herstellung von starken Holzrohwaren durch Schälen mit handelsüblichen Schälmaschinen zu testen, entsprechende Parameter und Prozesse zu optimieren, die mechanischen Kenngrößen der Holzrohwaren und daraus verklebter Produkte zu charakterisieren und ihr Potenzial für daraus hergestellte Holzbauprodukte auch in Kombination mit den Sägeprodukten der Stammkernzone zu bestimmen.

rethink_LTprocessing
Laufzeit 2023–2026
Wissenschaftliche Leitung Technische Universität Graz, Institut für Holzbau und Holztechnologie, Graz/AT, www.tugraz.at/institute/lignum/home
Partner:innen holz.bau forschungs gmbh; Mayr-Melnhof Holz Leoben GmbH; Pollmeier Furnierwerkstoffe GmbH

Erschienen in

Zuschnitt 93
Holz – Bau – Forschung

Holz – Bau – Forschung im Kontext der Ressourcen- und Bauwende

8,00 €

Zum Produkt   Download

Zuschnitt 93 - Holz – Bau – Forschung