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Effiziente Ressourcennutzung
durch kombinierte Prozesse und intelligentes Werkstoffengineering

erschienen in
Zuschnitt 97 Spektrum Holz, Juni 2025

Die OECD prognostiziert in ihrem Global Material Ressource Outlook für alle relevanten Baumaterialien einen massiv steigenden Bedarf. Besonders betroffen sind Sand, Schotter, Metalle, Kalkstein und Holz. Bis 2060 wird bei diesen Materialien mindestens eine Verdoppelung des Verbrauchs erwartet. Die Ursachen für den steigenden weltweiten Bedarf sind vielfältig und liegen unter anderem in der Urbanisierung und den prognostizierten Einkommen in Schwellenländern. In Europa wird durch die Notwendigkeit der Dekarbonisierung der Bedarf an erneuerbaren Werkstoffen mit geringem CO2-Fußabdruck steigen. Diese Rahmenbedingungen bieten der holzverarbeitenden Industrie die Chance, die Vorteile von holzbasierten Werkstoffen weiter auszubauen, erfordern jedoch Weiterentwicklungen innerhalb der Verarbeitungsketten.

Durch forstliche Maßnahmen allein wird die Bedarfsentwicklung in Europa nicht zu decken sein. Die Kohlenstoffspeicherwirkung des Waldes wird wichtiger, was zu einer Reduktion des Rundholzaufkommens führen könnte. Es ist jedoch klar, dass die Substitution von energieintensiven Werkstoffen durch langlebige Holzbauprodukte, die zusätzlich auch Kohlenstoff speichern, zusammen mit dem permanenten Holzzuwachs auf Waldflächen insgesamt einen größeren Effekt erzielen kann.

Dem steigenden Bedarf steht langfristig eine Reduktion des Angebots an hochwertigem Stammholz entgegen. Durch den fortschreitenden Waldumbau wird – mit großen regionalen Unterschieden – die Verfügbarkeit von derzeit dominierenden Nadelholzarten langfristig zugunsten vielfältigerer Nadel- und Laubhölzer reduziert. Der steigende Laubholzanteil hat für die Forst- und Holzwirtschaft die größten Konsequenzen. Im Unterschied zu Nadelholz wachsen viele Laubbäume langsamer, sind weniger homogen in ihrer Wuchsform und haben einen geringeren Stammholzanteil, dafür einen höheren Astholzanteil.

Diese Veränderung des Rohstoffangebots erfordert eine Anpassung der Verarbeitungsprozesse und der Werkstoffe. Grund dafür ist ein zwangsläufig anderes Eigenschaftsprofil dieser Holzarten im Vergleich zur derzeit bei Bauprodukten dominierenden Fichte, die ein kaum zu übertreffendes Verhältnis zwischen mechanischen Eigenschaften und Dichte aufweist. Zusammen mit einem moderaten Quell- und Schwindverhalten, der guten Bearbeitbarkeit und der Verteilung von festigkeitsbeeinflussenden Merkmalen hat sie sich zurecht als dominierende Holzart für tragende Werkstoffe durchgesetzt. 

Mit welchen Lösungsstrategien kann man diesen Herausforderungen begegnen? 

Eine effiziente Nutzung der verwendeten Ressourcen in den Verarbeitungsprozessen ist immer sinnvoll. Obwohl bereits 100 Prozent des eingesetzten Rohstoffs verwertet werden, landet ein großer Teil davon aufgrund der inhomogenen Stammform direkt in Prozessströmen mit geringer Wertschöpfung (z. B. Energie). Entlang der verfügbaren Basistechnologien vom Sägen und Furnierschälen über die Verarbeitung zu Strands bis hin zum fertigen Werkstoff fallen unterschiedliche Mengen an Kuppelprodukten an, mit klaren Vorteilen für strandbasierte Produkte. Die Leistungsfähigkeit der daraus gewonnenen Werkstoffe bezogen auf das eingesetzte Rohmaterial variiert jedoch stark, mit klaren Vorteilen für die Massivholzprodukte Brettschichtholz und Brettsperrholz. Es gibt damit keine Verarbeitungstechnologie, die alle Anforderungen gleichermaßen erfüllt. Die Kombination von Technologien wie Sägen und Stranden oder Schälen und Stranden an einem Stamm würde zu einer höheren Ausbeute an hochwertigen Produkten führen. Technologien für kombinierte Aufschlussverfahren wurden bereits vor Jahrzehnten entwickelt, aber aufgrund der Einfachheit und Preisentwicklungen im Bereich von Energie und Pellets nie umgesetzt.

Neuer Rohstoffmix

Die Verschiebung des Rohstoffmixes hin zu mehr Laubholz ist weitreichend. Aufgrund der Wuchsdauer ist in den kommenden Jahrzehnten zunächst vermehrt mit Laubholz unterer Durchmesserklassen zu rechnen. Derzeit wird der größte Anteil dieses Materials bestenfalls zu Zellstoff verarbeitet oder direkt verbrannt. Die auf hochwertige und breite Brettware spezialisierte Laubholzsägeindustrie wäre bei der Verarbeitung von Schwachholz im aktuellen Konzept mit drastischen Kapazitätseinbußen und steigenden Verarbeitungskosten konfrontiert. Zudem erlauben gängige Festigkeitssortierungen nur schwer die Nutzung des Laubholzpotenzials für tragende Bauprodukte. Aufgrund der Größe der festigkeitsmindernden Merkmale würde sich ein Großteil des Schnittholzes nicht für die Einordnung in Festigkeitsklassen eignen.

Neue Verarbeitungskonzepte, wie die sogenannte Stäbchenlamelle, zeigen enormes Potenzial. Die Firma Hasslacher hat dies an schwachen Birkenholzdimensionen demonstriert und die Holzforschung Austria hat diesen Ansatz in einem Branchenprojekt des Waldfonds unter der Leitung von Dr. Andreas Neumüller auf weitere Holzarten übertragen. Anstelle einer Sortierung von Schnittholz wird durch Homogenisierung ein vorhersagbares Materialverhalten erzielt, selbst bei derzeit praktisch nicht vermarktbaren Schnittholzsortimenten. Dadurch können aufgrund der höheren Festigkeits- und Steifigkeitswerte von Buche mechanische Werte erzielt werden, die selbst mit der höchstmöglichen Sortierklasse von Fichtenlamellen nicht erreichbar sind.

Eine weitere Möglichkeit zur hochwertigen und langfristigen Nutzung von Rohstoffsortimenten wie Durchforstungsholz oder unförmigem Material bietet die Stranderzeugung. Strands, die beispielsweise für OSB oder für Laminated Strand Lumber (LSL) verwendet werden, sind so klein dimensioniert, dass es kaum geometrische Anforderungen an das Rohmaterial gibt. Vorteilhaft ist auch die Möglichkeit, Rohstoffmischungen verwenden zu können, was dem zukünftigen Ressourcenangebot sehr entgegenkommt. Theoretisch könnte sogar stärkeres Astmaterial in langlebige Werkstoffe transformiert werden. Die Eignung einzelner Holzarten für diesen Prozess variiert jedoch stark. 

Engineering als Potenzial

Enormes Potenzial zur Ressourceneinsparung birgt das intelligente Engineering der Produkte. Die reale Auslastung von Baumaterialien ist punktuell sehr unterschiedlich, sodass derzeit lokal zu viel Rohmaterial enthalten ist. Diesem Umstand wird aktuell nur teilweise Rechnung getragen. Bereits jetzt ist es zum Beispiel möglich, Träger aus Brettschichtholz mit Vollquerschnitten, aber veränderlicher Höhe auszubilden. Deutlich mehr Einsparungspotenzial liegt aber in zur Gänze adaptiven Querschnitten, die lokal an die Spannungserfordernisse entlang der gesamten Länge angepasst sind. Analoge Konzepte für Brettsperrholz fehlen derzeit komplett. Daher wird im aktuellen, vom Waldfonds geförderten Forschungsprojekt UniStrand ein Ansatz verfolgt, bei dem strandbasierte Platten unterschiedlicher Dichte und damit Festigkeitsklasse erzeugt werden. Die Kombination von intelligentem Einzelbauteilengineering und digital verknüpfter industrieller Herstellung ermöglicht die effiziente Produktion von Holzbauelementen mit lokal angepassten mechanischen Eigenschaften trotz Vollquerschnitts und konstanter Bauteildicke.

Ressourcennutzung bei Anwendung unterschiedlicher Basistechologien


verfasst von

Johannes Konnerth

Professor für Holztechnologie an der Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe.

Maximilian Pramreiter

Senior Scientist an der Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe. 

Erschienen in

Zuschnitt 97
Spektrum Holz

Holz spielt neben seinem Einsatz in traditionellen Bereichen zunehmend auf gänzlich neuen Gebieten eine Rolle. Durch innovative Material­forschung und neue Technologien findet es erweiterte und smarte Verwendungsformen. In diesem Zuschnitt zeigen wir, wie und in welchen Bereichen Holz und Holzprodukte sich bewähren und entwickeln.

8,00 €

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Zuschnitt 97 - Spektrum Holz