Früher einmal waren, so scheint es, alle Fortbewegungsmittel zu Land, zu Wasser und in der Luft aus Holz: die Karren, Wagen und Kutschen, die Schlitten, die Flöße, die Boote und Schiffe, die erstaunlichen Konstruktionen der Flugpioniere. Auf welche Weise man auch unterwegs war, stets war Holz – sofern verfügbar – ein selbstverständliches und taugliches Material. Selbst elementare Bestandteile der mechanischen Fortbewegung wie das Scheiben- und Speichenrad, aber auch Vorrichtungen zur Fahrzeugsteuerung wie das Lenkrad von Automobilen oder die Ruder (Riemen) und Steuerräder von Booten bestanden bevorzugt aus Holz. Bis weit ins 20. Jahrhundert dominierte in Fahrzeugkonstruktionen das mehr oder weniger veredelte natürliche Material (z. B. als Flugzeugsperrholz); zudem war Holz in unterschiedlichen Spielarten auch in der Innenausstattung von Automobilen, Zügen und Schiffskabinen haptisch präsent.
Im Laufe der Entwicklung des Fahr- und Flugzeugbaus, spätestens aber seit den 1970er Jahren, wurde das Material immer mehr von Leichtmetallkonstruktionen (Aluminium) und Kunststoffschalen verdrängt. Holzflugzeuge (etwa die französische Robin DR400) werden zwar bis heute serienmäßig hergestellt, bleiben aber Nischenprodukte. Das trifft auch auf die Kleinserien des britischen Autobauers Morgan zu, der in seinen Fahrzeugen Karosserieträger aus Eschenholz verbaut. Holz und Holzwerkstoffe fielen im Verkehrsmittelbereich zwar nie ganz aus der Produktionskette, spielten aber zunehmend entweder eine untergeordnete oder eine „exklusive“ Rolle.
Für Reisende war Holz oft gar nicht mehr wahrnehmbar, und wenn, dann als gediegenes Surplus z. B. in Form eines Schaltknaufs aus Mahagoni. Unsichtbar kam in Verbundflugzeugen weiterhin Holz für Flügelrippen und Rumpfstrukturen zum Einsatz, während Carbonfaser-Verbundkunststoffe in den Vordergrund traten. Aktuelle Entwicklungen in der Materialforschung legen den Schluss nahe, dass im Auto-, Bahn- und Flugzeugbau auf das tendenzielle Verschwinden des Holzes nun eine Geschichte seiner Rückkehr folgen könnte. Der aktuelle (geplante) Einsatz von holzbasierten Composites im Triebwagen- und Fahrzeugbau könnte einer Entwicklung Auftrieb verleihen, die eine Senkung des CO2-Ausstoßes zum wichtigsten Innovationsziel erklärt.
Trotz der beschleunigten technischen Entwicklung im 20. Jahrhundert und der Nachhaltigkeitsbestrebungen der Gegenwart haben die Träume des frühen Fluggerätebaus ihre Faszination nicht eingebüßt. Das mag daran liegen, dass sich das reziproke Verhältnis zwischen technischer Innovation und menschlicher Sehnsucht nach Entgrenzung in den vormodernen aeronautischen Versuchen besonders eindrücklich zeigt. Der Mythos des Ikarus, dessen Flug mit einem Federn-Wachs-Gestänge kläglich mit dem Sturz ins Meer endete, hat Visionäre und Erfinder wie Leonardo da Vinci seit der Renaissance zu immer kühneren Konstruktionen angespornt.
Die Anstrengungen zur Herstellung von menschentragenden Flugmaschinen führten im 19. Jahrhundert sowohl in der Leichter-als-Luft- als auch in der Schwerer-als-Luft-Technik zu beachtlichen Erfolgen. Die Heißluftballone des ausgehenden 18. Jahrhunderts gaben den Anstoß: Angeregt durch die kurz zuvor erfundene Montgolfière brachte Johann Georg Stuwer im Juli 1784 ein haushohes Luftschiff im Wiener Prater über den Köpfen des Publikums zum Schweben.
Der Luftfahrtpionier, der seinen Lebensunterhalt mit der Abhaltung von Feuerwerken bestritt, hatte eine polygone „Tragwolke“ aus Leinen und Zwillich in Form eines liegenden Zylinders mit kegelförmigen Seitenteilen konstruiert, unter der anstelle des üblichen Weidenkorbes ein großes hölzernes Schiff angebunden war, „das in der Mitte ein geraumes Zimmer barg“. Die drei ersten Passagiere der französischen Montgolfière waren ein Hammel, ein Hahn und eine Ente gewesen – an Bord des Stuwer’schen Luftschiffs befanden sich nun vier gleich gekleidete Insassen (darunter Stuwers Sohn Kaspar), die zum Zeichen ihres Wohlergehens während der gesamten Fahrt weiße Fahnen schwenkten. Nach geglückter Darbietung wurde der Ballon an seinen Sicherungsseilen heruntergezogen und der Abend mit einem Themenfeuerwerk zu Ehren der Herren Montgolfier beschlossen.
Zwanzig Jahre später versuchte an exakt derselben Stelle der Uhrmacher Jakob Degen sein Glück.
Er konstruierte einen Schlagflügelapparat aus zwei verbundenen, tropfenförmigen Flügeln, die durch Muskelkraft geradlinig auf- und abbewegt werden konnten. Zur Unterstützung des Auftriebs fügte Degen nach mehreren Indoorversuchen einen Wasserstoffballon hinzu. Die zart verspannte Konstruktion bestand aus Schilfrohr, Bambus, Föhrenholz, Seidenfäden, Leder und gefirnisstem Papier und wurde auch noch von späteren Flugpionieren als Wunderwerk der Feinmechanik bestaunt. 1808 gelang Degen im Prater der erste gesteuerte Freiflug, im Jahr darauf flog er innerhalb einer Stunde von Wien über Aspern nach Bruck an der Leitha. Seine eigentliche Verwirklichung fand der aerodynamische Flug schließlich in den 1890er Jahren durch die Gleitflüge Otto von Lilienthals und 1903 durch die Motorflüge der Gebrüder Wright. Dass bei diesen Versuchen der Vogelflug, insbesondere jener von Störchen, als Vorbild der meist aus Holz gefertigten Tragflügelkonstruktionen diente, hat Lilienthal in „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“ eindrucksvoll dargelegt. Der britische Ingenieur Geoffrey de Havilland hingegen setzte ab 1908 auf andere flugfähige Wesen: Seine aus Holz konstruierten Doppeldecker „Tigermotte“ DH.60 (ab 1925) bzw. DH.80 (1929 – 1933) zählten zu den erfolgreichsten Flugzeugen ihrer Zeit.
Welchen Eindruck die Flugexperimente am Beginn des 20. Jahrhunderts auf die Zeitgenossen gemacht haben, kann niemand mehr erzählen, doch wurde den überlieferten Berichten zufolge das Wunder menschlicher Levitation stets in Massen bestaunt. Kaum einer erfasste das Dilemma zwischen existenziellem Wagnis und dumpfer Schaulust wie Franz Kafka in seinem Artikel „Die Aeroplane in Brescia“. Als Gast der legendären internationalen Flugschau in der lombardischen Stadt notierte er 1909: „Hier oben ist 20 M. über der Erde ein Mensch in einem Holzgestell verfangen und wehrt sich gegen eine freiwillig übernommene unsichtbare Gefahr. Wir aber stehn unten ganz zurückgedrängt und wesenlos und sehen diesem Menschen zu.“ Während in der Luft jemand für einen Menschheitstraum sein Leben riskiert, ist das Publikum am Boden bereits mit den Modalitäten der eigenen Heimfahrt in der Kutsche beschäftigt. Vielleicht ist die Entzauberung des Fliegens im Bericht Kafkas symptomatisch für die Selbstverständlichkeit, mit der selbst kühnste technische Errungenschaften gesellschaftlich absorbiert werden können. Dabei war 1909, im Jahr des futuristischen Manifests Marinettis sowie der ersten Überquerung des Ärmelkanals, die kommende Zerstörungskraft der militärischen Luftfahrt in zwei Weltkriegen noch nicht einmal absehbar.
Dem differenzierten Blick Kafkas stand in den 1920er und 1930er Jahren eine Flugzeugeuphorie gegenüber, die auch führende Architekten der Moderne wie Le Corbusier erfasste. Fasziniert von den neuesten Automobil- und Flugzeugmodellen nutzte er jede Gelegenheit, die eigenen Entwürfe mit den technischen Erzeugnissen des Maschinenzeitalters zu parallelisieren. 1935 dokumentierte er seine Bewunderung für die Luftfahrt in seinem Buch „Aircraft“ und verklärte das Flugzeug als „Symbol unserer Zeit“.
Rund hundert Jahre später ist das Pathos des „Höher – Schneller – Weiter“ einer wachsenden Sorge um den ökologischen Fußabdruck heutiger Verkehrsmittel gewichen. Das klingt ernüchternd, ist aber auch eine Chance. Gerade in der postheroischen Phase der Luftfahrt und des Automobilbaus könnten innovative Holzprodukte zukunftsweisende Ansätze bieten. Cellulose- und Holzverbund-Stoffe, die aufgrund ihrer Leichtigkeit die CO2-Bilanz von Autos, Zügen und Flugzeugen verbessern, könnten einem einst omnipräsenten Material zu neuer Wirksamkeit verhelfen. Im Bereich der energieintensiven Verkehrsmittel sind nahezu ausschließlich Innovationen gefragt, die auf Reparatur abzielen.
Literatur
- Natasha Adamowsky: Das Wunder in der Moderne. Eine andere Kulturgeschichte des Fliegens, München 2010.
- Franz Kafka: Die Aeroplane in Brescia, in: Bohemia (Morgenausgabe), Prag, 29. September 1909.
- Le Corbusier: Aircraft, Paris 1935.
- Otto Lilienthal: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst, Berlin 1889.