Das Familienunternehmen Pollmeier bietet mit dem Produkt BauBuche eine bereits weit etablierte Alternative zu Stahlbetonträgern und -balken. Wir haben bei Ralf Pollmeier, seit 1990 Geschäftsführer bei Pollmeier Massivholz, nachgefragt, was man nach einer Dekade der Verwendung von der Laubholzvariante lernen kann, welche Argumente abseits der Nachhaltigkeit überzeugen und welche Besonderheiten im Prozess der Einführung eines neuen Produkts auftauchen können.
Die BauBuche hat seit ihren Anfängen vor zehn Jahren einen deutlichen Aufschwung erlebt. Damals war Furnierschichtholz aus Laubholz aus Sicht einer wirtschaftlichen Herstellung kaum denkbar. Wenn Sie zurückblicken – inwiefern hat sich der Einsatz von BauBuche im Sinne Ihrer Erwartung entwickelt und wo gab es unerwartete Wendungen beispielsweise durch technische Herausforderungen oder marktwirtschaftliche Faktoren?
Rückblickend war die Markteinführung der BauBuche sicherlich ein technologisches und unternehmerisches Wagnis. Dass ein industriell gefertigtes Laubholzprodukt – noch dazu aus Buche – wirtschaftlich konkurrenzfähig sein könnte, schien vielen zu ambitioniert. Umso bemerkenswerter ist, dass sich die BauBuche heute in bestimmten Segmenten fest etabliert hat. Die hohe Leistungsfähigkeit war nie die Frage – die größere Herausforderung lag im Umdenken entlang der gesamten Wertschöpfungskette: vom Planer bis zum Verarbeiter. Unerwartet war etwa der hohe Schulungs-/Beratungs- und Marketingaufwand: Tragwerksplaner mussten erst die Bemessungsgrundlagen und besonderen Eigenschaften verstehen, Verarbeiter wiederum mussten Fertigung und Logistik anpassen. Auch technische Details, wie das Quellverhalten oder die Anforderungen an Verbindungsmittel, waren zunächst Stolpersteine. Marktseitig wirkte sich die Rohstoffverfügbarkeit (Stichwort Buchenpreise, Waldumbau, Kalamitäten) ebenso aus wie geopolitische Einflüsse auf den Holzmarkt. Dennoch: Der Einsatz hat sich insgesamt positiv entwickelt – allerdings in deutlich differenzierteren Nischen als anfangs gedacht.
Positive Eigenschaften dieses Bauprodukts sind zum Beispiel die hohe Tragfähigkeit bei gleichzeitig schlanken Dimensionen und die Eignung zur Überspannung großer Weiten. Gibt es ein gebautes Projekt, bei dem die Vorteile der BauBuche besonders stark zur Geltung kommen? Eignet sie sich explizit für einen speziellen Typus in der Baubranche oder setzt man auch in der Vermarktung ganz bewusst auf eine gewisse Universalität bzw. Offenheit in der Verwendung?
Besonders eindrucksvoll wird die Stärke der BauBuche dort sichtbar, wo Tragwerk und Gestaltung ineinandergreifen – zum Beispiel beim UmweltHaus der UmweltBank in Nürnberg, dem i8 auf dem ICampus in München, dem Gymnasium Herrsching oder dem TRI-Bürogebäude in München. Hier zeigt sich, wie die Eigenschaften der BauBuche zu Flächengewinnen führen, ohne dass man statische Kompromisse eingehen muss. Durch den Flächengewinn amortisieren sich die Mehrkosten der BauBuche in städtischen Lagen nicht nur – sie zahlen sich sogar überproportional aus. Obwohl sich die BauBuche universell einsetzen lässt – von Trägern über Deckenrippen bis zu Verbindungsknoten – hat sich klar herauskristallisiert, dass sie dort brilliert, wo hohe Lasten bei minimalem Querschnitt gefragt sind. Typische Anwendungsfelder sind daher Stützen in Holzskelettbauten (Holz-Hybridbauten), weitgespannte, als Fachwerk ausgeprägte Dachtragwerke oder alle Bauten, bei denen die Optik der BauBuche aus gestalterischen Gründen eine Rolle spielt. In der Kommunikation betonen wir daher weniger eine Universalität im Sinne von Massenmarkt, sondern eine gezielte Exzellenz im anspruchsvollen Ingenieurholzbau.
Bei der Entwicklung von neuen Holzwerkstoffen oder Produkten in neuen Anwendungsbereichen muss oftmals Überzeugungsarbeit geleistet werden. Welche Argumente sind Ihrer Meinung nach am relevantesten: Nachhaltigkeit, technische Innovation, logistische oder preisliche Vorteile?
Das hängt stark vom jeweiligen Stakeholder ab. Bei Architekt:innen und Bauherr:innen überwiegen Themen wie die CO2-Bilanz, ESG-Kriterien, die Schlankheit des Tragwerks und die gestalterische Freiheit. Tragwerksplaner:innen wiederum interessieren sich vorrangig für die technischen Kennwerte – hier spielt die Effizienz des Materials eine wichtige Rolle. Für ausführende Betriebe hingegen stehen Verfügbarkeit, Verarbeitbarkeit, Witterungsschutz und logistische Aspekte im Vordergrund. Am Ende zählt aber vor allem eines: die Wirtschaftlichkeit im System. Und genau da liegt oft der Knackpunkt. Viele Kund:innen unterschätzen die sekundären Effekte wie Flächengewinne oder geringere Bauteilhöhen. Nachhaltigkeit ist wichtig, ja – aber ohne einen konkreten betriebswirtschaftlichen Nutzen bleibt sie zu oft ein Lippenbekenntnis.
Welche Erkenntnisse haben Sie durch die Entwicklung Ihres Produkts und in den ersten zehn Jahren der Anwendung gewonnen? Welche Stellschrauben gab und gibt es bei der Entwicklung neuer Werkstoffe und Produkte und was sind die maßgeblichen Einflussfaktoren, die es zu berücksichtigen gilt?
Ein zentraler Lerneffekt war, dass selbst ein technologisch überlegenes Produkt nicht automatisch den Markt gewinnt. Es braucht Geduld, enge Begleitung – und eine realistische Einschätzung der Veränderungsbereitschaft in der Branche. Oft wird das eigene Produkt nur als Kostenfaktor wahrgenommen – nicht im Kontext des Gesamtsystems. Wichtige Stellschrauben sind das frühe Einbeziehen von Multiplikatoren wie zum Beispiel Statikbüros, belastbare Referenzprojekte, Netzwerkveranstaltungen, eigene Events wie die BauBesuche sowie hochwertige Unterlagen für Planer, das Erzielen von Reichweiten für Aufmerksamkeit, und – ganz wichtig– die insbesondere in den Anfängen intensive Zusammenarbeit mit Universitäten, Hochschulen und Verbindungsmittelherstellern. Wir haben vom lösungsorientierten Vorgehen aller Stakeholder in der Holzbaubranche profitiert und sehr viel Unterstützung erhalten. Letztlich waren wir eine Art Azubi in einer für uns völlig neuen Branche. Für die umfangreiche Unterstützung sind wir heute sehr, sehr dankbar. Maßgeblich sind auch politische oder baurechtliche Rahmenbedingungen – Stichwort öffentliche Hand als Bauherr, Landesbauordnungen und so fort.
Der Einsatz von Laubholz und das von Ihnen entwickelte Produkt BauBuche haben sich im Laufe der letzten Jahre zunehmend etabliert. Inwiefern haben Sie das Produkt seit der ersten Anwendung weiterentwickelt? Woran wird zurzeit geforscht? Gibt es eine Vision für die nächsten zehn Jahre?
Die erste Generation der BauBuche war vor allem auf den Einsatz als stabförmiger Hochleistungsbaustoff ausgerichtet. Dies wird auch so bleiben. Flächige Anwendungen, zum Beispiel als aussteifende Platte mit Querlagen, werden eine untergeordnete Rolle spielen und nicht im Fokus stehen. Derzeit wird das Langzeitverhalten der BauBuche unter wechselnden Feuchteeinflüssen erforscht. Die Vision für die nächsten zehn Jahre: BauBuche-Tragwerke können durch die Entwicklung geeigneter Verbindungsmittel zerstörungsfrei rückgebaut werden. Aber das ist eine Forschungsaufgabe für andere. Wir unterstützen durch die Bereitstellung von Material Forschungszwecke, die in diese Richtung gehen.