zuschnitt 71 - page 28

Stefan Tasch
2018
2017⁄ 18
2016⁄ 17
2016
2015
2014
2013
2012
2017
2016
2015 ⁄ 16
2015
2014
2013
Thomas Bayrle,
geboren
1937
in Berlin
lebt und arbeitet
in Frankfurt amMain
„Sars Formation“, Karton auf Holzkonstruktion,
2008
Der
1937
in Berlin geborene Künstler Thomas
Bayrle gilt als einer der Hauptvertreter der deut-
schen Pop-Art, die Anfang der
1960
er Jahre auch
ironische und sarkastische Variantenwie den
„Kapitalistischen Realismus“ hervorbrachte. Bayrles
Arbeit ging jedoch über die Kritik am kleinbürger-
lichen Konsumwahn hinaus, er rückte vielmehr das
ästhetische Element des Seriellen ins Zentrum sei-
ner künstlerischen Auseinandersetzung. Ab
1964
begann er sich intensiv für die „Mechanik hinter
denMassen“ zu beschäftigen – in Anlehnung an
die Schriften des Frankfurter Soziologen Siegfried
Kracauer, der den Begriff des „Massenornaments“
prägte („...als ästhetischen Reflex der von dem
herrschendenWirtschaftssystem erstrebten Ratio-
nalität“).
Das Interesse an Technik undmaschinellen Abläu-
fen erklärt sich bei Bayrle aus seiner Biografie. Vor
seinem Studium der Gebrauchs- undDruckgrafik
an der Werkkunstschule Offenbach absolvierte er
eine Lehre in einer Weberei. Dabei prägte ihn die
Arbeit an den automatisierten Jacquardstühlen,
indem er das Prinzip desWebens als System ver-
stand: „Das Einzelne – der Faden, die Summe – der
Stoff. In einemQuadratmeter Stoff kann es tausend
verschiedene Gewebeformen geben.“ Daraus ent­
wickelte der Künstler über die Jahre seine soge-
Einzelausstellungen
(Auswahl)
Playtime, NewMuseum,
New York
fiat, Galerie BarbaraWeiss,
Berlin
Wenn etwas zu lang ist –mach
es länger,
mak
–Museum für
angewandte Kunst⁄ Gegen-
wartskunst, Wien
Lenbachhaus, München
Complete Films
1979
2007
,
Gavin Brown’s enterprise,
New York
Kreuzweg, Galerie Johann
Widauer, Innsbruck
dépendance, Brüssel
Galerie Francesca Pia, Zürich
All-in-One, Institut d‘art con-
temporain, Villeurbanne⁄ FR
All-In-One,
wiels
, Brüssel
The Artist’s Institute, New
York
AmericanDream, High Line
Billboard, New York
Air de Paris, Paris
Gruppenausstellungen
(Auswahl)
A Tale of TwoWorlds. Experi-
mentelle Kunst Lateinameri-
kas der
1940
er- bis
80
er-Jahre imDialogmit der
Sammlung des
mmk
,
Frankfurt amMain
Infected Foot, GreeneNaftali,
New York
SpringAwakening, Galerie
Francesca Pia, Zürich
The Promise of Total Automa­
tion, KunsthalleWien, Wien
TheWorldGoes Pop, Tate
Modern, London
1989
, Galerie BarbaraWeiss,
Berlin
Hier steht ein Sessel – Sessel,
Stuhl, Hocker in der Kunst,
Galerie im Traklhaus, Salzburg
In These Great Times, Kunst-
nernes Hus, Oslo
DasMuster, das verbindet,
Kunsthalle Lingen, Lingen⁄ D
Vertical Club, Bortolami
Gallery, New York
nannten „Superformen“, Collagen aus einer Viel­
zahl anMiniaturbildern, die in ihrer Gesamtheit ein
Motiv ergeben. Eine solche Superform entwarf
Bayrle
2003
auch für den Eisernen Vorhang in der
Wiener Staatsoper. Zu sehenwaren die komplexe
Collage einer Mega-Stadt imHintergrund und eine
Christusfigur im Vordergrund. Die Stadtstruktur
entwarf Bayrle anhand einiger weniger Bausteine,
auch der Christus-Körper basiert auf dem immer
gleichen Polizeifoto, das sich hundert Mal wieder-
holt. Es zeigt eine Autobahnszene, die allerdings
durch Anpassung an die einzelnen Parzellen indivi-
duell verzerrt ist. Dadurch entstanden ähnliche,
aber nie idente Situationen. Das in BayrlesWerk
immer wiederkehrendeMotiv der Autobahnenwird
auch in der hier abgebildeten Arbeit „Sars Forma­
tion“ aufgegriffen. Die schwebende, modulare
Skulptur breitet sich rhizomartig im Raum aus,
könnte schier endlos horizontal wie auch vertikal
wachsen. Sie fungiert gleichsam alsMetapher einer
ökonomischen Arterie, lebenserhaltend für die Pro-
duktionsmechanismenwirtschaftlicher Ideologien
und den gesellschaftlichen Fortschritt.
Stefan Tasch
Studium der Kunstgeschichte inWien und Edinburgh,
Arbeit in verschiedenen Museen undGalerien
Holz(an)stoß
Thomas Bayrle
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 28
Powered by FlippingBook