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2014
2013
2012
2011
2010
2014
2013
2012
2011
Thomas Hirschhorn
geboren
1957
in Bern
lebt und arbeitet in Paris
Studium an der Hochschule
für Gestaltung und Kunst,
Zürich
Die ephemeren Installationen des Schweizer Künst-
lers Thomas Hirschhorn fallen zunächst durch ihre
dichte, überbordendeMaterialakkumulation auf.
Aus einfachenMaterialienwie Pappe, Klebebän-
dern, Aluminiumfolie undHolz schafft Hirschhorn
provisorisch anmutende Konstruktionen, die er
zu Fotografien aus Printmedien, philosophischen
Zitaten und Alltagsgegenständen in Beziehung
setzt. InHirschhorns kompromissloser Auseinander-
setzungmit dem Kapitalismus, denMassenmedien
und sozialen Problemfeldern geht es ihm aber nicht
um das Aufzeigen gesellschaftspolitischer Miss-
stände, sondern um die kommunikative Beziehung
zu seiner Umwelt. Hirschhornwill das Publikummit
einbeziehen, möchte den Betrachter, ohne Rücksicht
auf dessen soziale Herkunft oder Bildung, mit den
Themen konfrontieren, die ihm, dem Künstler, wich-
tig sind. „Ich habe nie ‚politische Kunst‘ gemacht…
Ichwollte immer ‚Kunst politischmachen‘, aber kei-
ne Sekunde denke ich, ichwäre ein ‚engagierterer‘
Künstler als ein⁄ e andere⁄ r! Denn ichweiß: Jede⁄ r
Künstler⁄ inmuss
100
Prozent engagiert sein, und
ichweiß, es gibt nur Kunst, die
100
Prozent enga-
giert ist.“ Mit seinem Beitrag zur documenta
2002
,
dem BatailleMonument – ein Außenraum-Projekt
in einemmultikulturellenWohngebiet in der Nord-
stadt Kassels – entwickelte Hirschhorn eine neue
Kategorie innerhalb seiner künstlerischen Praxis.
Die Installation bestand aus einem Imbissstand,
einer Bibliothek, einem
tv
-Studio und einem eigens
für die Besucher der Friedrich-Wöhler-Siedlung
eingerichteten Taxiservice. Dieses Projekt bildete
den Anfang der von ihm später als „Präsenz und
Produktion“ betitelten Arbeiten. Innerhalb der von
Hirschhorn konzipierten Environments finden so
genannte Ereignisse statt, wie etwa Lesungen,
Workshops oder Theaterspiele. Die Do-it-yourself-
Ästhetik seiner Installationen und die Verwendung
von „armenMaterialien“, wie dem braunen Klebe-
band, das so etwas wie HirschhornsMarkenzeichen
geworden ist, entspricht einer programmatischen
Grundhaltung: „Es ist eine Liebe zu demMaterial,
weil es ein universelles Material ist. Weil es ein für
mich nicht exklusivesMaterial ist. Es ist einMaterial,
das andere einschließt, das jeder Mensch braucht
und benutzt, das jeder Mensch für ganz andere
Sachen braucht als dafür, Kunst zumachen.“ Auch
in der hier abgebildeten Arbeit Break-Through, die
Hirschhorn
2013
in der Neapolitaner Galerie Alfonso
Artiaco zeigte, sind die herabfallenden Trägerbalken
der Decke in braunes Klebeband gewickelt. An
mehreren Stellen der Galerieräumlichkeiten brechen
die vertikalen Skulpturen durch, erzeugen den Ein-
druck, als würde das ganze Gebäude kurz vor dem
Kollaps stehen. Das Unsichtbare wird sichtbar
gemacht, das versteckte Chaos dringt metaphorisch
in den sonst unberührtenWhite Cube, wird so in
das Zentrum einer dramaturgischen Inszenierung
gerückt. Die Installation evoziert das Sinnbild
zusammenbrechender Machtstrukturen. Die indivi-
duelle Revolution, der gedankliche Umbruch er-
scheinen somit nicht mehr abstrakt, sondern real.
Kuratiert vomMuseum
Moderner Kunst Stiftung
LudwigWien
InKlebeband gewickelteDeckenbalken: Hirschhorns „Break-Through“ inNeapel.
Einzelausstellungen
(Auswahl)
Flamme Éternelle, Palais De
Tokyo, Paris
Gramsci Monument, Dia Art
Foundation, New York
Schinkel Pavillon, Berlin
Concordia, Concordia,
Gladstone Gallery, New York
Crystal of Resistance,
Schweizer Pavillon, Biennale
von Venedig, Venedig
Wirtschaftslandschaft Davos,
Aargauer Kunsthaus, Aargau
Too Too –MuchMuch,
MuseumDhondt-Dhaenens,
Deurle, Belgien
Stevenson, Kapstadt
Gruppenausstellungen
(Auswahl)
VanGogh Live!, Fondation
Vincent vanGoghArles,
Arles
Elevation
1049
: Between
Heaven andHell, Gstaad
metamatic
Reloaded, Muse-
um Tinguely, Basel
A Sunday in theMountains,
Swiss Institute, New York
Intense Proximity, La Trien-
nale, Palais de Tokyo, Paris
9
th Shanghai Biennale,
Shanghai
The Luminous Interval,
GuggenheimMuseum, Bilbao
Irrwege, Labyrinthische
Variationen, Centre
Pompidou-Metz, Metz
Stefan Tasch
Stefan Tasch
Studiumder Kunstgeschichte
inWien und Edinburgh
Arbeit in verschiedenen
Museen undGalerien
Holz(an)stoß
ThomasHirschhorn
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