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VomÖffnen undVerbergen
Türen imDorfhaus
TinaMott
Das Dorfhaus von Bernardo Bader schenkt der alpinen Streusied-
lung Steinberg am Rofan wieder eine Mitte. Mit Kirche und Ge-
meindeamt bildet der Baukörper ein lineares Ensemble und defi-
niert einen zentralen Außenraum. Der kompakte Holzelementbau
wird von einem schlichten Satteldach bedeckt, der Sichtbeton-
sockel verspringt dem Geländeverlauf entsprechend. Großflächig,
aber sparsam gesetzt, entwickeln sich die Öffnungen aus der
Struktur und richtendasGebäude zumDorfplatz aus. Auf derWet-
terseite zeigt die unbehandelte vertikale Brettschalung bereits
einen feinen Silberglanz.
Das Bauholz für das Gemeinschaftshaus stammt zu einem großen
Teil aus den Lärchenwäldern desHochtals und konnte auch gleich
vom Sägewerk imDorf verarbeitet werden. Nur für dieAusbildung
der Fenster- und Türelemente wurde auf sibirische Lärche zurück-
gegriffen, weil durch ihren feinenWuchs stabilereHolzeigenschaf-
ten und ein geringerer Verzug gewährleistet werden konnten. Im
Inneren gliedert sich der leicht gestreckte Baukörper in drei klar
voneinander getrennte Bereiche.
Der zentrale Foyertrakt ist als zwei-
geschossiger Sichtbetonkern ausge-
führt und verbindet den hangseitig
gesetzten Mehrzwecksaal mit der
Gaststube der kleinen Dorfrestau-
ration. Eine einläufige Treppe führt
zu den Toilettenanlagen und einem
Technikraum imObergeschoss.
Die Haupterschließung des Hauses
erfolgt vom kunstvoll gepflasterten
Vorplatz ins Foyer. Die zweiflügelige
Glastürewird voneinem feinenHolz-
rahmen gefasst und ist als Flucht-
türe konstruiert. Sie nimmt fast die
gesamte Breite der Erschließungs-
zone einund sitzt innenbündig. Da-
durch bildet sich ein kleiner über-
dachterUnterstand imAußenraum.
Zu beiden Seiten des Eingangsbe-
reichs schließen sich die großzügig
verglasten Öffnungen des Multi-
funktionsraums und der Gaststube
an. Eine große Hebe-Schiebetüre
verbindet denGastraummit dem Sitzbereich auf der Terrasse, vom
Saal führt neben fixverglasten bodentiefen Fenstern eine weitere
Fluchttüre ins Freie.
Während die Öffnungen der Frontfassade weit und licht ausgebil-
det sind, wurden die beidenNebeneingänge an der Rückseite des
Gebäudes im deutlichen Gegensatz dazu konzipiert. Sie sind als
integraler Teil der Fassade gedacht und mit der vertikalen Holz-
schalung der Gebäudehülle übertäfert.
Auch bei den Türelementen im Inneren des Bauwerks findet sich
diese Dualität der sichtbaren Holztüren und der verborgenen Ta-
petentür. Die Zugänge, die den massiven Gebäudekern perforie-
ren, sind als flächenbündige, raumhoheHolztüren ausgeführt und
kontrastieren so das samtige Grau des Sichtbetons mit ihrer ho-
nigfarbenen Oberfläche. Dagegen verbergen sich die Öffnungen
der verblendeten Wandelemente als rahmenlose Tapetentüren in
der lebhaft gezeichneten Täfelung. Einzig die beiden Hauptver-
bindungstüren vom Foyer in den Saal und in die Gaststube bilden
eine Ausnahme. Sie präsentieren
sich als große verglaste Durchgän-
gemit Geh- und Feststellflügel, die
eine flüssige Besucherzirkulation
und direkte Sichtverbindungen ge-
währleisten.
TinaMott
hat Fotografie, Architektur und Kulturpu-
blizistik studiert undmehrere Jahre in
der Schweiz als Architektin gearbeitet.
Sie lebt in Tirol, lehrt an der Hochschule
Luzern und beschäftigt sichmit Text-,
Film- und Theaterprojekten.
Lageplan
25
m
1,2,3,4,5,6,7 9,10,11,12,13,14,15,16,17,18,...28
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