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Gesundheitszentrum Madeleine-Brès in Taverny

erschienen in
Zuschnitt 84 Gesundheitsbauten in Holz, März 2022

Daten zum Objekt

Standort

Taverny/FR Google Maps

Bauherr:in

Ville de Taverny, Taverny/FR, www.ville-taverny.fr

Architektur

MAAJ Architectes, Paris/FR, www.maaj.fr

Statik

Batiserf Ingénierie structure tous matériaux, Fontaine/FR, www.batiserf.com

Holzbau

Le Bâtiment Associé, Muizon/FR, www.lebatimentassocie.fr

Fertigstellung

2020

Ein Gebäude wie ein beruhigendes Gefühl

Das stetige Wachstum der französischen Bevölkerung, ihre Überalterung und die Konzentration von Gesundheitsfachkräften in den großen Ballungsgebieten führen in den Provinzen zu einer medizinischen Wüste, von der auch die Region Île-de-France nicht verschont bleibt. In Taverny, einer Gemeinde mit 26.000 Einwohner:innen nordwestlich von Paris, hat der Mangel an Fachpersonal im Gesundheitswesen die Stadtverwaltung dazu veranlasst, ein multidisziplinäres Gesundheitszentrum zu errichten. Bei der Ausschreibung des Wettbewerbs war eine ökologische Bauweise verlangt, ohne die Verwendung von Holz vorzuschreiben. Das Siegerprojekt von MAAJ war jedoch dasjenige, bei dem Holz sowohl in der Konstruktion als auch in der Fassade am stärksten vertreten war.

Eine hölzerne Schatulle

Das zweigeschossige Gebäude am Rande eines Wohngebiets zeichnet sich durch seine strenge Geometrie, die Rhythmik der Fassade und die Zeltdächer an den vier Ecken aus. Es liegt zwischen einer Landstraße und der Autobahn, die die Stadt in zwei Hälften teilt. Marc-Antoine Richard-Kowienski und Anne-Julie Martinon reagierten darauf, indem sie ihr Projekt um einen ­ruhigen Innenhof herum konzipierten, der von den Kreuzgängen der Klöster inspiriert wurde. Das Gebäude bietet Passant:innen und Besucher:innen das Bild einer hölzerne Schatulle. Der innen liegende Garten ist mit Bäumen bepflanzt, um die Auswirkungen von Emissionen aus dem Straßenverkehr zu reduzieren, an der Außenseite schirmen Büsche das Gebäude vor den neugierigen Blicken der Vorübergehenden ab.

Der quadratische Grundriss definiert eine klare Hierarchie der Räume: Die Sprechzimmer sind an der äußeren Fassade situiert, erreichbar durch einen um den Innenhof laufenden Korridor. In den vier Ecken dieser Erschließungsfläche bieten Nischen zusätzlichen Platz und dienen als Wartebereich. Von hier aus fällt der Blick in den ruhigen, mit Heilpflanzen bewachsenen Garten mit kreuzförmigem Grundriss.

Holz prägt den Charakter des Hauses

Die Primärkonstruktion besteht aus Brettschichtholz-Pfosten in einem Raster von 1,70 Metern. Je nach Beanspruchung bestehen die Wände aus Brettsperrholz oder vorgefertigten Holzrahmenelementen. Deckenplatten aus Brettsperrholz überspannen sowohl die Praxen als auch den Flur. Die zinkgedeckten Zeltdächer an den Ecken des Gebäudes haben einen traditionellen Dachstuhl aus Brettschichtholz, die begrünten Dachterrassen ruhen auf Brett­sperrholz-Trägern. Hölzerne Leitern im Innenhof gewähr­leisten den zu Wartungszwecken notwendigen Zugang zu diesen Freiflächen.

Die gartenseitig umlaufenden Fensterbänder, strukturiert durch Pfosten aus Douglasie, bringen viel Licht ins Innere. Die so ge­schaffene Transparenz erlaubt Durchblicke und erleichtert die Orientierung. Eine vertikale Verkleidung aus französischer Dou­glasie bildet die Außenfassade. Eine zweite Ebene aus ­Pfosten, im Achsabstand von 86 cm gerastert, bestimmt das Erscheinungsbild.

Auch im Innenraum prägt Holz den Charakter des Hauses. Laut Anne-Julie Martinon war es jedoch aufgrund der Brandschutz­bestimmungen und aus akustischen Gründen nicht überall möglich, es sichtbar zu lassen. Dort wo es zum Einsatz kommt, entfaltet es jedoch seine Wirkung: durch die stellenweise sichtbare Tragstruktur s­owie sichtbare Wand- und Deckenelemente in der Eingangshalle, in Wartebereichen und Praxen. Einige Sichtoberflächen wurden zu diesem Zweck mit einer schwer entflammbaren Lackierung versehen; abgehängte Akustikdecken aus Lignotrend sind ebenfalls feuerhemmend.

Vannina Prévot, stellvertretende Bürgermeisterin für Kultur und Gesundheit, ist mit dem Bau in jeder Hinsicht zufrieden. „Für die Wettbewerbsjury entsprach der Entwurf des Gebäudes aus Holz einem doppelten Ziel: Ästhetik und Komfort“, erklärt sie. „Als Nutzerin dieses wunderschönen Gesundheitszentrums sehe ich, dass diese Versprechungen eingehalten wurden. Schon beim Betreten des Gebäudes verspürt man ein beruhigendes Gefühl. Das ist gerade dann wichtig, wenn man zum Arzt muss.“


verfasst von

Dominique Gauzin-Müller

Die französische Publizistin studierte Architektur und spezialisierte sich bei Roland Schweitzer an der UPA 7 in Paris auf Holzkonstruktion. Sie schrieb zwanzig Bücher, kuratierte mehrere Ausstellungen und lehrt Nachhaltigkeit in Architektur und Städtebau an mehreren europäischen Universitäten. Sie lebt seit 1986 in Stuttgart.

Erschienen in

Zuschnitt 84
Gesundheitsbauten in Holz

Was kann ein Gebäude aus Holz zu Genesung, Gesundheit und Wohlbefinden beitragen? Antworten darauf finden Sie in diesem Zuschnitt.

8,00 €

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Zuschnitt 84 - Gesundheitsbauten in Holz