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Ernas Haus Student:innen-Wohnungen in Dornbirn

erschienen in
Zuschnitt 90 Weiterbauen in Holz, September 2023

Daten zum Objekt

Standort

Dornbirn/AT

Bauherr:in

Martin und Peter Winder

Architektur

Ludescher + Lutz Architekten, Bregenz/AT, www.ludescherlutz.at

Statik

gbd ZT GmbH, Dornbirn/AT, www.gbd.group
Holzbau Kaufmann Zimmerei und Tischlerei GmbH, Reuthe/AT, www.kaufmannzimmerei.at

Fertigstellung

2020

Typologie

Wohnbauten

Student Co-Living

Wie die Revitalisierung des ländlichen Raums durch Nachverdichtung und neue Nutzungskonzepte gelingen kann, zeigt das Ensemble Winderhof in Dornbirn. Die beiden Bauherren Peter und Martin Winder strukturierten den Familienbetrieb seit der Übernahme neu – von der Milchwirtschaft zum Anbau und zur Verarbeitung von Beeren, Obst und Spargel –, und erweiterten ihn kontinuierlich. Das 1828 erbaute Bauernhaus, seit drei Generationen im Familienbesitz, wurde 2010 saniert und um einen Hofladen auf Straßenniveau erweitert. 2015 entstand in direkter Nachbarschaft der sogenannte Beerenstadel – ein unterkellertes Lagergebäude mit Spargelsortiermaschine, Getränkelager und Kühlraum. 2016 erwarben die Winders ein auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindliches Wohnhaus mit angrenzendem lang gestreckten Wirtschaftstrakt. Die unmittelbare Nähe zur FH Vorarlberg inspirierte die Bauherren, dieses als Co-Living-Haus für Student:innen umzunutzen.

Vertrautes im Blick

Wie schon bei den früheren Adaptierungen übernahm auch dieses Vorhaben das Bregenzer Büro Ludescher+Lutz Architekten. Der Stall wurde rückgebaut, das massive Wohnhaus entkernt und durch einen Neubau in Holzbauweise erweitert und überbaut. Ziel der Architekten war es, vertraute Sehgewohnheiten weiterzutragen, indem sie sich in allen drei Gebäuden auf bestehende Kubaturen wie das steile Dach und den geknickten Giebel bezogen. Bei Ernas Haus – benannt nach der letzten Bewohnerin – nimmt das auskragende Vordach formal Bezug auf das Flugdach des ehemaligen Wirtschaftsgebäudes und dient zugleich als Witterungsschutz und überdachter Eingangsbereich.
Insgesamt entstanden 18 Wohneinheiten mit eigenem Schlafplatz, Schreibtisch, Kochnische und Bad. Pro Geschoss sind es jeweils zwei im Altbauteil und vier im neu aufgebauten Anbau. Letztere verfügen über südseitige, vorgestellte Veranden (außer bei den Zimmern im Dachgeschoss), die durch einen Lattenschirm vor zu viel Sonneneinstrahlung geschützt sind. Im Untergeschoss befinden sich ein Fahrradkeller und eine Waschküche.

Handwerk und Holz

Alle Möbel – vom Lattenrost bis zur Kochnische – fertigte der gelernte Tischler Martin Winder nach Plänen der Architekten aus geöltem Birkensperrholz selbst. Das Material dazu stammt aus dem eigenen Wald der Bauherren, ebenso das Weißtannenholz für die dem Bau vorgesetzte Hülle und das Treppenhaus, das Alt und Neu miteinander verbindet. In Massivholzbauweise errichtet, verfügt es über eine eigene Lastabtragung und lehnt sich an die beiden Bauteile rechts und links davon lediglich an. Der neu errichtete Anbau wurde als serielle Holzkonstruktion mit einem Achsmaß von 3,60 Metern ausgeführt. Hier kam für Decken und Wände Brettsperrholz zum Einsatz, das aus Brand- und Schallschutzgründen bei den Innenwänden mit Gipskartonplatten beplankt wurde. Durch die Kombination von handwerklichem Geschick und besonderem Gespür für den Wert des Bestands wurde über einen Zeitraum von fast 200 Jahren ein Ensemble (Elternhaus, Stadel, Ernas Haus) errichtet, umgenutzt und weitergebaut, das sich heute in neuem und doch vertrautem Gesicht präsentiert.


verfasst von

Christina Simmel

leitende Redakteurin der Zeitschrift Zuschnitt

Erschienen in

Zuschnitt 90
Weiterbauen in Holz

Aufstocken, Implementieren, Drumherumbauen – der Umgang mit dem Bestand ist diesmal unser Thema.

8,00 €

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Zuschnitt 90 - Weiterbauen in Holz