Die hier abgebildete Arbeit „Manifest Destiny!“ ist eine ca. 2 Meter breite und 3 Meter hohe Holzhütte, die in 12 Meter Höhe an einer Feuermauer angebracht ist. Es ist eine kommemorierende und zugleich politische Installation, die 2011 vom Künstler Mark Reigelman und der Architektin Jenny Chapman in San Francisco geschaffen wurde. Das Werk befasst sich mit dem komplizierten Zusammenspiel von Geschichte, Umwelt und gesellschaftspolitischen Entwicklungen und erforscht das vielschichtige Konzept der Manifest Destiny in einem zeitgenössischen Kontext. Die Manifest Destiny war eine US-amerikanische Ideologie aus dem 19. Jahrhundert, die den Glauben propagierte, dass es das vorbestimmte Schicksal der Pioniere sei, ihr Territorium über den nordamerikanischen Kontinent auszudehnen. Diese Idee wurde oft als Rechtfertigung für westliche Expansion, Landnahme und Eroberungen verwendet. Obwohl die Ideologie der Manifest Destiny zur Vereinigung und territorialen Expansion der Vereinigten Staaten beitrug, wird sie heute kritisch betrachtet. Historiker:innen weisen darauf hin, dass sie zu Konflikten, Ungerechtigkeiten und dem Verlust von Lebensräumen für indigene Völker geführt hat. Sie betonen auch, wie die Vorstellung von einer „göttlichen Mission“ verwendet wurde, um imperialistische und koloniale Bestrebungen zu rechtfertigen. Die Installation von Reigelman und Chapman wirft somit Fragen zu den Folgen der Manifest Destiny auf – sowohl in der Vergangenheit als auch in der heutigen Welt. Sie thematisiert das Erbe der Expansion nach Westen im Lichte zeitgenössischer Themen wie Landrechte, kulturelle Erhaltung und ökologische Nachhaltigkeit. Die Arbeit, die in die gebaute Umwelt eingreift und an der Feuermauer des Hotel des Arts an der Bush und Grand Street in San Francisco hängt, weckt einerseits die Sehnsucht nach einer einfacheren Zeit mit handgefertigten Hütten und Wohnraum für alle und spielt andererseits auf die herrschende Zwangsversteigerungskrise der 2010er Jahre an.
Formal ist die Installation eine eindrucksvolle Darstellung einer amerikanischen Grenzhütte aus dem 19. Jahrhundert, die sorgfältig aus wiederverwendetem Holz und rustikalen Materialien gefertigt wurde. Reigelman und Chapman setzten die Aufhängung der Hütte geschickt ein, um den Schwebezustand der historischen Ideologie in der Gegenwart zu symbolisieren – sie verkörpert darüber hinaus auch die Dichotomie von Vorwärtsbewegung und historischer Bewahrung und spiegelt das heikle Gleichgewicht zwischen dem Streben nach Entwicklung und der Bewahrung des Erbes wider. In einer Zeit der rasanten Urbanisierung und des technologischen Fortschritts regt das Werk dazu an, darüber nachzudenken, wie sich das Streben nach Fortschritt mit der Notwendigkeit überschneidet, unsere Vergangenheit anzuerkennen und aus ihr zu lernen. „Manifest Destiny!“ ist nicht nur eine Installation, sondern auch ein Katalysator für Kontemplation und Diskussion. Ihr provokanter Charakter lädt dazu ein, sich mit der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft auseinanderzusetzen, und regt zu Gesprächen über den Einfluss der Geschichte auf die heutige Gesellschaft, über unsere Verantwortung, historische Ungerechtigkeiten aufzuarbeiten, und über die sich entwickelnde Beziehung zwischen der Menschheit und ihrer Umgebung an.
Jenny Chapman
Lebt und arbeitet in
San Francisco
Mark Reigelman
geboren 1983 in Cleveland, Ohio
Lebt und arbeitet in Brooklyn, New York
Einzelausstellungen (Auswahl)
2019/20
- Striking Gold, Fuller Craft Museum, Brockto
2018
- Scale Up: 10 Years, 10 Fellows, 10 Projects,
- Asheville
2016
- Mark Reigelman II: The Golden Axe, Helle Gallery, New Yor
2015
- Uneven Growth: Tactical Urbanisms for Expanding Megacities, Museum of Modern Art (MoMA), New York
2014
- The Invitational, Kunsthalle Galapagos, New York
