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zuschnitt
72.2018
Das Ornament
Die neue Abu Bakr SiddiqMoschee für rund tausend Gläubige
im britischen Cambridge stammt vonMarks Barfield Architects
aus London, bekannt unter anderem für die Planung des statisch
innovativen Riesenrads London Eye. Grundelement desMoschee-
Entwurfs ist eine komplexeHolzkonstruktion: Der zentrale Gebets-
raumwird von einem stabförmigenHolztragwerk überspannt,
das sich zu einem komplex-ornamentalenMuster fügt. „DieGrund-
idee war die eines Baumhains“, sagt Architektin Julia Barfield.
„Die Natur ist ein verbindendes Element zwischenwestlicher und
islamischer Kultur. Der Raum soll zur Kontemplation einladen.“
Um diesen Effekt zu erreichen, lassen sie das Licht durch runde
Deckenöffnungen durch die Tragstruktur in den Raum fallen.
Ziel sei es gewesen, eine britischeMoschee für das
21
. Jahrhundert
zu entwickeln. Lokales Vorbildwar die Kapelle des King’s College,
Cambridge, mit seinem gotischen Fächergewölbe. „Daher haben
wir zuerst auch anMauerwerk gedacht“, so Barfield. „Das hätte
aber bedeutet, dass nur die Stützen tragend gewesenwären und
alles Ornamentale nur Dekoration. Also habenwir uns für Holz
entschieden“ – für einHolztragwerk, das ein ornamentalesMuster
formt, für Holz nicht zuletzt auch, weil die Auftraggeber explizit
auf Nachhaltigkeit setzten und dieMoschee als „eco-mosque“
bewerben.
Das Grundelement der Geometrie bildet ein achteckiger Stern,
unter dem Begriff „Atem des Barmherzigen“ (al-nafas al-rahman)
eine traditionelle Figur in der islamischen Architektur. Dieses
Muster sei aber kein reines Bild, sondern von Anfang an struktu-
rell gedacht, betont Julia Barfield.
Entwickelt wurde der „Baumhain“ mit einem Schweizer Team: dem
Holzbauunternehmen Blumer-Lehmann
ag
, den Ingenieuren
sjb
Kempter Fitze
ag
, die schon ähnliche Konstruktionen für Shigeru
Ban berechnet hatten, sowieDesign-to-Production, die das digitale
Modell erstellten. Insgesamt
2.746
freigeformteHolzelemente
wurden vorgefertigt und vor Ort montiert. Statisch sind die einzel-
nen Teile unterschiedlich belastet, manche davon haben eine rein
optische Funktion, so Johannes Kuhnen vonDesign-to-Production.
Die Eröffnung der Moschee ist für Frühjahr
2019
anvisiert.
Maik Novotny
AbuBakr SiddiqMoschee
Standort
Mill Road, Cambridge⁄ UK
Bauherr
TheMuslimAcademic Trust, London⁄ UK
Planung
Marks BarfieldArchitects, London⁄ UK,
Digitale Planung
Design-to-ProductionGmbH, Erlenbach⁄ CH,
StatikHolzbau
sjb
Kempter Fitze
ag
, Herisau⁄ Ch,
Holzbau
Blumer-Lehmann
ag
, Gossau⁄ CH,
Fertigstellung
Januar
2019
das Ornament duldet aber kein Maß und keine Struktur. Bei allem Überfluss ist es nicht überflüssig. Die Vitalität des Ornaments hat mit seiner Naturhaftigkeit zu tun.
streckt
seine
Ranken
in
Richtung
zukünftiger
Möglichkeiten
der
digitalen
Herstellung.
Architekturtheorie
an
der
eth
Zürich
DigitaleGotik
Stabförmige Tragkonstruktion, die statisch
ehrlich und sinnbildlich passend ist
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