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zuschnitt
74.2019
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Im Innenraum
Stückweise Täfer
ZuBesuch im Landesmuseum Zürich
Gleich neben dem Zürcher Hauptbahnhof liegt das Landesmuseum
Zürich. Hier gibt es wunderbare historische Zimmer aus Holz zu
sehen. Diese Täferzimmer zeugen von der Kunstfertigkeit und
demHolz- undHölzerreichtum des
15
. bis
17
. Jahrhunderts in der
Schweiz. Die Sanierung desWestflügels, der Herberge dieser
historischen Zimmer, ist fast abgeschlossen. Die offizielle Eröff-
nung ist für Herbst
2019
geplant. Wir batenMona Farag, Partne-
rin imArchitekturbüro Christ&Gantenbein und Projektleiterin
der Sanierungen, um einen ersten Einblick.
Zuschnitt: Wann haben Sie die historischen Zimmer das erste
Mal gesehen undwas war Ihr erster Eindruck?
Farag: Das war
2002
, als Christ&Gantenbein denWettbewerb für
die Sanierung und die Erweiterung des Landesmuseums gewon-
nen haben und ichmit den Bestandsaufnahmen begonnen habe.
Der erste Eindruck war toll. Diese Zimmer erzählen so viel aus
vergangenen Zeiten in ihrer Vielfalt undDetaildichte.
Hatten Sie bei der Sanierung der historischen Zimmer überhaupt
eine Gestaltungsmöglichkeit?
Eigentlich nicht. Wir durften nichts verändern, und das ist auch
richtig so. Wir durften nicht ein einziges Loch bohren. Das Ein-
zige, das wir sichtbar hinzugefügt haben, war die Beleuchtung.
Wir haben überlegt, die vorhandenen Astlöcher für unsere
Durchführungen zu verwenden, haben sie sogar mit demGeo-
meter aufgemessen, aber sie haben dann von der Geometrie her
am Ende doch nicht exakt genug gepasst. Dort, wowir eine
Bohrung für die Beleuchtungmachenmussten, wurde die Origi-
naltäfelung abgenommen, archiviert und durch ein neues Holz-
element ersetzt.
Historische Zimmer
Die sogenannten Period Rooms sind original
historische Raumarchitekturen, die im späten
19
. Jahrhundert zu begehrten Sammlerobjekten
wurden. Gerade die Täferzimmer, die für den
Alpenraum typisch sind und sich relativ leicht
ausbauen ließen, wurden zunehmend nach-
gefragt. Dies führte in der Schweiz zu einem
zunehmenden Bewusstsein für das eigene
Kulturgut und zu ersten Bemühungen, dieses
zu bewahren, was schließlich in den Bau des
Landesmuseum Zürichmündete. DerWest-
flügel des vonGustav Gull errichtetenNatio-
nalmuseums beherbergt die historischen
Zimmer –wie z.B. diese Stube von
1585,
die
aus einem Palast aus Chiavenna (IT) stammt –
sowie zahlreicheWand- undDeckentäfer, die
geschickt in die räumliche Gesamtkonzeption
eingepasst sind.
Alle Täfelungen der Zimmer wurden ja komplett ausgebaut,
zwischengelagert und später wieder originalgetreu eingebaut.
Das waren pro Zimmer an die
350
Einzelteile. Haben Sie durch
den Aus- und Einbau etwas dazugelernt?
Unser Know-howwar hier nicht sehr gefordert, weil die Arbeiten
von Restauratoren ausgeführt wurden. Sie wussten, was zu tun
ist. Unser Schwerpunkt war die Integration der neuen technischen
Infrastruktur von der Haustechnik bis zur Sicherung gegen Erd-
beben, ohne dass nachher etwas davon sichtbar ist. Das war eine
großeHerausforderung. Die Vorgabe des Denkmalschutzes und
des Museums an uns war, weder die Bekleidung noch deren
Unterkonstruktion zu verändern, weil auch diese historisch ist.
Das ist uns gelungen, aber wir mussten für jeden Raum eine
individuelle Lösung entwickeln.
Die Schweizer Architekten Christ&Gantenbein gewannen
2002
den zweistufi-
gen internationalenWettbewerb zur Erweiterung und Sanierung des Landes-
museums. Der Erweiterungsbau und die Sanierungen sind bis auf denOstflügel
bereits abgeschlossen. Mona Farag ist Projektleiterin der Baumaßnahmen im
Landesmuseum Zürich und Partnerin imBüro Christ&Gantenbein.
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Anne Isopp
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