Aus alt mach neu
Durch gelungene Sanierungen entstehen aus alten Häusern moderne Wohnträume, energetisch und gestalterisch up to date. Fünf Beispiele demonstrieren die Vorzüge von Holz.
In jedem bestehenden Gebäude steckt graue Energie. Damit ist jene Energie gemeint, die zu seiner Errichtung aufgewendet wurde. Alte Häuser nicht abzureißen, sondern zu sanieren und zu erneuern, ist ein Beitrag zur Energie- und Ressourcenschonung. Die bereits eingesetzten Baumaterialien müssen nicht entsorgt werden, die vorhandene Substanz wird genutzt und es muss weniger graue Energie in Form neuer Baumaterialien eingesetzt werden als bei einem Neubau.
Sanierungen machen Altbauten tauglich für neue Nutzungen, verpassen ihnen ein zeitgemäßes neues Gesicht und bringen sie vor allem auch bauphysikalisch und energetisch auf den neuesten Stand. Durch wärmedämmende Maßnahmen können die bisherigen Heizkosten drastisch reduziert werden.
Anbauen, Aufstocken, Einhüllen mit Holz
Holz besitzt eine hohe Festigkeit und Tragkraft bei vergleichsweise geringem Eigengewicht. Diese Eigenschaft prädestiniert Holz für Auf- und Zubauten. Die Erweiterungen können durchgeführt werden, ohne die bestehenden Fundamente und Tragstrukturen übermäßig zu belasten. Weitere Vorzüge von Holz sind die Möglichkeit der präzisen Vorfertigung, die trockene Bauweise und die Flexibilität der Konstruktion.
Alternativen zum verputzten Vollwärmeschutz
Dämmungen aus Holzfasern oder auch aus Zellulose, Hanf, Kork oder Stroh sind Alternativen zu den herkömmlichen Wärmedämmverbundsystemen aus erdölbasierten Kunststoffen wie Polystyrol (EPS). Im Gegensatz zu Polystyrol-Dämmungen sind die Dämmungen aus nachwachsenden Materialien kompostierbar und problemlos zu entsorgen. Zudem sind sie diffusionsoffen, während EPS-Systeme jeder bislang durchlässigen Außenwand die Luft nehmen und zu bauphysikalischen Problemen führen.
Holzfaserdämmplatten können direkt auf Holzelementen als auch auf Massivmauerwerk aufgebracht werden. Ebenso können sie als Zwischendämmung in Wand- und Dachelementen eingesetzt werden. Für die thermische Sanierung mit Holz stehen auch vorgefertigte gedämmte Fassadenelemente zur Verfügung oder es können Holzverkleidungen auf wärmegedämmten Unterkonstruktionen zum Einsatz kommen.
Sanierungsbeispiele
Beispiele sanierter Einfamilienhäuser aus den 1870er, 1930er, 1950er und 1960er Jahren illustrieren die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten von Holz.
Beispiel 1: Wo einst der Bahnwärter wohnte
Für die Bahnwärter, die die Bahnstrecke zwischen Lindau und dem Arlberg kontrollierten, entstanden Anfang der 1870er Jahre eigene Wohnhäuser. Ein solches Wohnhaus, in Bregenz zwischen Bahnstrecke (die unmittelbar am Bodensee vorbeiführt) und stark befahrener Straße gelegen, wurde 2012 von den Österreichischen Bundesbahnen zum Verkauf angeboten. Architekt Christoph Kalb erwarb das geschichtsträchtige Haus und verwandelte es durch Sanierung und Aufstockung in ein neues, eigenständiges Gebäude.
Das bestehende Mauerwerk im Erdgeschoß wurde freigelegt, geschlämmt und mit einer Kalkfarbe beschichtet. Im ersten Stock kam bei den Rückbauarbeiten ein Holzstrick zum Vorschein. Dieser wurde vom Innenputz befreit und in aufwändiger Arbeit auf Sichtqualität gebürstet. Über beide Geschoße des Bestands wurde eine vorgefertigte, wärmegedämmte Holzelementhülle gestülpt. Darauf wurde ein zusätzliches Stockwerk in Holzbauweise mit großer Aussichtsterrasse und Blick auf den Bodensee gesetzt.
Bahnwärterwohnhaus
Standort: Bregenz, Vorarlberg/A
Architektur: Architekturwerk Christoph Kalb
Grundstücksfläche: 160 m²
bebaute Grundfläche: 55 m²
Wohnfläche: 95 m²
Baujahr: ca. 1870
Sanierung: 2015
Beispiel 2: Übergestülpte Mütze aus Holz
Der Wunsch nach energetischer Komplettsanierung und dem Aussehen eines neuen Hauses führte dazu, dass einem traditionellen Haus aus den 1950er Jahren mit Putz und Satteldach eine zweite Haut aus Holz übergestülpt wurde.
Zunächst wurde der Bestand bis in den Rohbauzustand zurückgeführt. Dann mussten die Unregelmäßigkeiten des äußeren Mauerwerks (der Spielraum betrug bis zu 3 cm) ausgeglichen werden. Dazu wurde an allen 4 Seiten des Hauses eine 10 cm starke horizontale Unterkonstruktion aus Kanthölzern angedübelt. Diese dient gleichzeitig als erste Dämmebene, in der auch die 9 cm starken Rahmen der 3-fach verglasten Fensterelemente auf dem Bestandsmauerwerk montiert sind. Eine Unterspannbahn als Regenschutz schließt die Ebene ab. Nun wurden vorgefertigte, 23 cm starke Holzrahmenelemente angebracht. Die Fassade bekam eine Schalung aus witterungsbeständigem Douglasienholz.
Ähnlich ging die Sanierung des Daches vor sich: Dachvorsprünge wurden begradigt und Gaupen beseitigt, die bestehenden Holzsparren gebürstet und der alte Dachstuhl für seine neue Aufgabe mit Stahlprofilen ertüchtigt. Darauf kamen 29 cm starke Holzrahmenelemente und eine Lattung, auf der die Dachziegel aufliegen.
Haus Glück
Standort: Kleinengstingen/D
Architektur: Baisch + Fritz Freie Architekten BDA
Heizwärmebedarf: 37,24 kWh/m² (vor Sanierung 399,4 kWh/m²)
Baujahr: ca. 1950
Sanierung: 2006
Beispiel 3: Holz und Stroh
Viele hätten die ungedämmte Immobilie aus den 1960er-Jahren mit eigenartigem Grundriss und zugigen Fenstern gar nicht gekauft. Der großzügige Baugrund und die feine Lage sprachen aber dafür. Ein junges Paar hat aus dem eineinhalbgeschossigen Ziegelbau durch ökologische Sanierung ein komfortables Wohnhaus geschaffen. Für die Bestandserweiterung wurden ausschließlich natürliche Baustoffe eingesetzt.
Das Erdgeschoß blieb bis zur Decke erhalten, das Obergeschoß wurde abgetragen und durch ein neues, höheres in Holzrahmenbauweise ersetzt. Das Dach besteht aus Holzkastenelementen, der Dachfirst wurde um 90 Grad gedreht. Der gesamte Baukörper wurde mit Stroh gedämmt. Dadurch wuchs die alte Mauerstärke von rund 36 Zentimetern auf insgesamt 80 Zentimeter an. Um trotz der dicken Wände Tageslicht ins Haus zu holen, sind die Laibungen der Fenster im Außenbereich konisch zulaufend. Als neue Außenhaut erhielt das Haus eine ortstypische Schalung aus Fichtenschindeln. Im Innenausbau kamen Wandvertäfelungen aus heimischer Weißtanne zum Einsatz.
Das Haus erreicht Niedrigenergiestandard. Der Kachelofen im Wohnzimmer ist die einzige Wärmequelle für die Raumwärme, die sich frei im Gebäude verteilt. Eine kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung senkt die Lüftungswärmeverluste auf ein Minimum.
Haus Simma
Standort: Egg, Vorarlberg/A
Architektur: Georg Bechter Architektur + Design
Grundstücksfläche: 874 m²
bebaute Grundfläche: 137 m²
Wohnfläche: 169 m²
Heizwärmebedarf: 14,8 kWh/m²a
Baujahr: 1966
Sanierung: 2011
Beispiel 4: Mehr Platz, weniger Heizkosten
Ein Ziegelbau aus dem Jahr 1950 war für den Wohnbedarf der neuen Besitzer zu klein. Daher wurde das Haus mit einem Holzbau um eine Raumachse zur Straße hin verlängert und ein neues Satteldach mit einer für Wohnzwecke geeigneten Neigung von 45 Grad aufgesetzt. Dadurch verdoppelte sich die Wohnfläche nahezu.
Zur thermischen Sanierung wurden die Außenwände des Bestands mit Holzfaserdämmplatten gedämmt. Bei Zubau und Dach kam eine Zellulose-Einblasdämmung zum Einsatz. Alle Baukörper wurden mit schwarz lasierten Lärchenleisten im Zusammenspiel mit hellen Paneelen verkleidet. Der Heizwärmebedarf konnte pro Quadratmeter Wohnfläche auf rund ein Viertel des früheren Verbrauchs gesenkt werden.
Haus Krümmel-Schiefl
Standort: Osterhofen/D
Architektur: Architekturbüro Bert Reiszky
Baujahr: 1950
Sanierung: 2006
Beispiel 5: Schlichter Holzmantel
Ein Einfamilienhaus aus den 1930er Jahren wurde in zwei Etappen für eine neue Nutzung adaptiert und saniert. Im Jahr 2000 wurde der Wohnraum mit Anbauten, die gartenseitig rund um den Altbestand andocken, erweitert. Für Böden und Decken kam altes Mischholz zum Einsatz. Bretter einer alten, abgetragenen Scheune wurden von Nägeln befreit und gesäubert sowie mit einem satinierten Lack oberflächenbehandelt. Eine unnötige Vorsichtsmaßnahme wie die 12 Jahre später durchgeführte thermische Sanierung zeigt. Hier kam wieder viel Holz zum Einsatz, dieses Mal unbehandelt.
Einen Vollwärmeschutz auf Kunststoffbasis wollten die Bauherren auf keinen Fall. Sie entschieden sich für einen Mantel aus sägerauen Latten heimischen Lärchenholzes mit Mineralwolle und nannten das Projekt "warm anziehen". In präziser Detailarbeit auf hohem handwerklichem Niveau wurde eine durchgehend flächige Lattung angebracht. Vor den Fenstern verlaufen in gleicher Flucht und millimetergenau eingepasst bewegliche Sonnenschutzelemente. Das einzige Ornament an der schlichten Fassade sind die bodennahen Lüftungslöcher für die Kellerfenster.
Die energietechnische Aufwertung der Fassade in Kombination mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung, Solarpaneelen und einer Photovoltaikanlage machen das ehemalige Vorstadthäuschen nahezu energieautark.
warm anziehen
Standort: Klagenfurt, Kärnten/A
Architektur: Winkler + Ruck Architekten
Baujahr: ca. 1930
Sanierung: Umbau 2002, thermische Sanierung 2012
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