Eine aktuelle Holzverfügbarkeitsstudie, die das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) im Auftrag der Kooperationsplattform Forst Holz Papier (FHP) erstellt hat, zeigt, dass nur mit einer aktiven und zuwachsoptimierten Waldbewirtschaftung das nachhaltige Holzpotenzial in Österreichs Wäldern erhalten werden kann.
Generell muss der Wald immer vor Übernutzung geschützt werden, weshalb in der Forstwirtschaft vor mehr als 300 Jahren, genauer gesagt 1713, das Prinzip der Nachhaltigkeit eingeführt wurde. Kein anderer relevanter Wirtschaftszweig hat sich über Jahrhunderte so vorausschauend verhalten. Ein Kriterium der nachhaltigen Waldbewirtschaftung ist es, nicht mehr Holz aus dem Wald zu entnehmen als nachwächst. Derzeit werden im österreichischen Wald nur 89 Prozent des Zuwachses geerntet. In den letzten Jahrzehnten wurde Nachhaltigkeit immer umfassender definiert: Die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Leistungen des Waldes sollen auf lokaler und nationaler Ebene gegenwärtig und langfristig in der Zukunft erbracht werden. Vor allem die Klima- und Biodiversitätskrise zeigt den Menschen zusätzlich die Bedeutung der Nachhaltigkeit auf. Die rasch fortschreitende Klimaerwärmung stellt die nachhaltige Waldwirtschaft vor besondere Herausforderungen. Immer öfter steht eine zentrale Frage im Raum: Wird es auch in Zukunft genug Holz geben? Um diese Frage zu beantworten, untersuchte das BFW im Rahmen der Studie „Holzverfügbarkeit in Österreich“ das jährlich nachhaltige Nutzungspotenzial des österreichischen Waldes für die nächsten zehn Jahre. Die Studie basiert auf vier Szenarien, den Auswertungen der Österreichischen Waldinventur (ÖWI) 2016/21 und der Einschätzung von Expert:innen. Insgesamt standen für die Studie 7.964 ÖWI-Probeflächen zur Verfügung, die eine Ertragswaldfläche von rund 3.362.000 Hektar und einen Holzvorrat von rund 1,18 Mrd. Vorratsfestmetern repräsentieren. Die Berechnung der Szenarien wurde mit dem einzelbaumorientierten, klimasensitiven Waldwachstumsmodell CALDIS durchgeführt. Dieses Modell bildet die Bestandsentwicklung über das Wachstum der einzelnen Bäume, und nicht wie in den Ertragstafeln über die Entwicklung von Hektar- und Mittelwerten (Stammzahl, Grundfläche oder Volumen je Hektar bzw. Mitteldurchmesser, Mittelhöhe oder Oberhöhe) nach. Das Modell ist deshalb in der Lage, die Auswirkungen einer Vielzahl von waldbaulichen Behandlungsvarianten, Baumarten- und Alterskombinationen zu beschreiben. Es enthält außerdem Teilmodelle, die das natürliche Absterben von Bäumen und den Prozess der Waldverjüngung simulieren.
Nutzungsszenarien und Kernaussagen
Das erste Szenario berechnet den zukünftigen Holzvorrat entsprechend dem bisherigen Nutzungsverhalten. Die drei weiteren Szenarien berechnen die Entwicklung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Pflegemaßnahmen in Form gezielter Entnahme. Diese orientiert sich am üblichen Planungszeitraum von forstlichen Operaten sowie an der Kulmination des durchschnittlichen Gesamtzuwachses, also der maximalen Wuchsleistung der jeweils standortspezifischen Baumarten (zuwachsoptimale Varianten). Die Teams der Waldinventur nehmen hierzu auf den Erhebungspunkten zahlreiche Parameter über den aktuellen Zustand auf und schlagen Maßnahmen wie etwa Durchforstungen vor, um so aus waldbaulicher Sicht die Bestandsentwicklung zu fördern.
Im Szenario „wie bisher“ wird die Bewirtschaftungsform der letzten Jahrzehnte fortgesetzt: Es werden weiterhin vorrangig in bringungsgünstigen und damit zuwachsstärkeren Gebieten die Bäume genutzt, während in schwer zugänglichen Lagen Altholzbestände aufgebaut werden. Bei letzteren handelt es sich im Durchschnitt auch um zuwachsschwächere Lagen. Dies hat zur Folge, dass der Vorrat bis 2032 geringfügig abnimmt. Unter den künftig zu erwartenden Klimabedingungen ist dies langfristig nicht vorratsnachhaltig. Dieser Entwicklung kann durch eine aktive Anpassung des Bewirtschaftungs- und Nutzungsverhaltens auf Basis forstwissenschaftlicher Erkenntnisse entgegengesteuert werden. Das dient nicht nur dem Vorratserhalt, sondern vor allem auch dem Erhalt der Ökosystemleistungen des Waldes und der Resilienz der Baumarten angesichts der sich verändernden Rahmenbedingungen wie größere Hitze und Trockenheit.
Als größter Erfolg in puncto nachhaltiges Nutzungspotenzial stellte sich eine der drei Varianten mit zuwachsoptimierter Waldbewirtschaftung heraus. In diesem Szenario wurden die Endnutzungen immer in den relativ ältesten Beständen durchgeführt und anschließend verjüngt. Diese Vorgangsweise hatte zur Folge, dass Altholzbestände in höheren Lagen, die bereits eine lockere bis lückige Bestandsstruktur aufwiesen, vorrangig genutzt und flächig verjüngt wurden. Andere zuwachsbeeinflussende Maßnahmen wie die verstärkte Wahl trockenheitsresistenterer Baumarten wurden hierbei noch nicht berücksichtigt. Das wichtigste Kriterium ist also, dass ein Waldbestand genutzt wird, sobald der durchschnittliche jährliche Zuwachs sein Maximum erreicht hat, und dass die genutzten Bestände in weiterer Folge konsequent aufgeforstet und verjüngt werden. Werden diese Schritte gesetzt, dann liegt das jährliche Gesamtnutzungspotenzial aus Österreichs Wäldern für die nächsten zehn Jahre bei maximal 29,6 Mio. Vorratsfestmetern pro Jahr. Im Vergleich zu den Ergebnissen der ÖWI 2016/21 ergibt sich daher ein zusätzliches Nutzungspotenzial von maximal 3,5 Mio. Vorratsfestmetern pro Jahr, das entspricht rund 2,8 Mio. Erntefestmetern pro Jahr.
Fazit
Das Ergebnis der Studie zeigt: Die Verfügbarkeit von Holz ist auch in Zukunft gesichert. Voraussetzung dafür ist eine flexible, an die künftig zu erwartenden Klimabedingungen angepasste Bewirtschaftung des Waldes. Für eine klimaresiliente und zuwachsoptimierte Entwicklung wird beispielsweise die gezielte temporäre Durchforstung der Altholzbestände bei gleichzeitig gesetzten Verjüngungsmaßnahmen genannt. Es wird außerdem betont, dass sich die Frage der Verfügbarkeit nicht allein am Holzvorrat orientiert. Potenziale für die Zukunft müssen auch außerhalb des Waldes – durch innovative, langlebige Holzprodukte und den effizienteren Einsatz des Rohstoffs Holz – gefunden werden.
Wie auch bei der Weltklimakonferenz im Dezember 2023 diskutiert, muss die Menschheit aus der Verwendung von fossilen Rohstoffen aussteigen, um die Klimaveränderungen einzudämmen. Dies ist nur mit dem Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen möglich, Holz trägt einen wichtigen Teil dazu bei. Wenn der Ausstieg gelingen soll, zeigt die Nutzung von Holz auch, dass vor allem die dadurch mögliche Substitution von fossilen Stoffen die Treibhausgasbilanz entscheidend verbessert. Diese Überlegungen standen bereits im Jahr 2013 am Anfang einer ersten Studie, mit der die Kooperationsplattform Forst Holz Papier das BFW beauftragte. Angesichts neuerer Entwicklungen und aktueller Ergebnisse der ÖWI 2016/21 wurde mit der aktuellen Studie die Holzverfügbarkeit in Österreich neu berechnet. Die langfristigen Auswirkungen von Klimaänderungen und Waldbewirtschaftung werden im derzeit laufenden Projekt CareForNetZero analysiert. Die Ergebnisse sind Ende 2024 zu erwarten.
Alexandra Freudenschuß
Leiterin des Instituts für Waldinventur am Bundesforschungszentrum für Wald
Thomas Ledermann
Leiter der Abteilung für Waldwachstum des Instituts für Waldwachstum, Waldbau und Genetik am Bundesforschungszentrum für Wald