Was haben Alfred Gusenbauer und der Vorarlberger Christian Walch gemeinsam? Sie wussten schon im Kindergartenalter ganz genau, was aus ihnen einmal werden sollte. Und während der eine von seiner Karriere als Bundeskanzler träumte, wollte der andere dezidiert Tischler werden. Doch Christian Walch ist heute nicht nur Tischler, sondern auch Zimmermann und Architekt, Erfinder und Visionär. Diese Entwicklung war wohl immer schon absehbar, hat jedoch auch einen konkreten Beginn: Anfang der 90er Jahre nahm sich Christian Walch ein Jahr Auszeit, das er dazu nutzen wollte, zu recherchieren, zu lernen und zu forschen, um danach »große Möbel«, also Häuser bauen zu können. Aus dem einen wurden drei Jahre und die Studien umfassten vor allem die Auseinandersetzung mit den Themen Holz, Ökologie, Energie, aber auch Technik, Konstruktionssysteme und – als zweites wichtiges, weil im Hausbau unumgängliches Material – Glas.
Das erste Projekt nach dem »Wiedereinstieg« war ein Einfamilienhaus in Nüziders und zugleich wurden damit die Maßstäbe seines Anspruchs festgelegt: Die Pläne waren gezeichnet, die Baubewilligung erteilt, als Walch den Umsetzungsprozess stoppte, den Entwurf völlig überarbeitete und erst dann das Haus baute, das schließlich zum Sieger des damals zum ersten Mal veranstalteten Vorarlberger Holzbaupreises in der Kategorie Einfamilienhäuser gekürt wurde. Diese Geschichte sagt viel über die Persönlichkeit Christian Walchs aus, die sich durch Anspruch, Leidenschaft und Konsequenz auszeichnet, getrieben von der Überzeugung, eine Idee auch umsetzen zu können. Eine Lebenseinstellung, die sich in seinen Entwürfen widerspiegelt.
Zu einer der ältesten Visionen Christian Walchs gehörte die Idee vom Holzfenster, das sich, wie früher üblich, nach außen öffnet und trotzdem allen bauphysikalischen und technischen Anforderungen gerecht wird. Vorbilder gab es in Skandinavien, daneben die Vorstellung von einem Raum, der nicht durch einen nach innen aufschwingenden Flügel beeinträchtigt wird. Als im Zusammenhang mit einer konkreten Bauaufgabe keine der angefragten Fensterfirmen in der Lage war, so ein Produkt zu liefern, übernahm Walch diese Aufgabe selbst und entwickelte in jahrelanger Pionierarbeit ein eigenes Ganzglasfenster: Die Glasscheibe klebt außen am Holzrahmen und deckt diesen ab, wodurch er vor Bewitterung geschützt und nahezu wartungsfrei ist. Die Konstruktion wird insgesamt schlanker, die Glasfläche im Verhältnis größer. Das Fenster, das 2007 mit dem Adolf Loos-Staatspreis für Design und dem red dot award/best of the best ausgezeichnet wurde, kann fassadenbündig montiert und nach außen geöffnet werden. Parallel dazu entstanden Beschläge, eine entsprechende Fertigungstechnologie sowie ein Fassadensystem, das nach demselben Prinzip funktioniert. Die technischen Lösungen gehen einher mit einer eleganten, reduzierten, anspruchsvollen Gestaltung, die einen achtsamen und sehr frei gedachten Zugang vermittelt.
Begleitet man Christian Walch durch seinen Betrieb, dann spürt man diese Achtsamkeit, den Idealismus und die Liebe zum Holz, die hinter allem steht. Er selbst spricht vom »tiefen Wunsch, in Holz zu den-ken und zu fühlen und die Entwicklung, die Bauherren entlang einer Entwurfs- und Umsetzungsphase machen, mitzuerleben«. Die Produktionshalle ist groß, aber nicht riesig. Sie reicht gerade dazu aus, den aktuellen Auftrag – 10.000 m2 Ganzglasfassade auf geräuchertem Lärchenholz in sechs Meter hohen Einzelelementen – produzieren zu können. Manches wird außer Haus erledigt und es gibt die – teilweise schon umgesetzte – Idee für zwei weitere Hallen.
»Das Risiko muss man eigentlich ausblenden, aber trotzdem habe ich viele schlaflose Nächte hinter mir«, antwortet Christian Walch auf die Frage nach der finanziellen und emotionalen Belastung, die er zu tragen hat. Die Verantwortung für eine Firma mit inzwischen 25 Mitarbeitern ist groß, ebenso wie die Erschöpfung nach jahrelanger Pionierarbeit. Unterstützung fand und findet Christian Walch bei Partnerfirmen aus der Industrie sowie bei Institutionen aus den Bereichen der Wissenschaft und der Lehre. Er ist eingebunden in ein Netzwerk aus Forschern, dennoch hat man das Gefühl, dass er ein Einzelkämpfer ist. Dies hat wohl auch damit zu tun, dass er selbst für den Markt »erfindet« und nicht durch eine Institution oder die Entwicklungsabteilung eines großen Betriebs abgesichert ist – die Wirtschaftlichkeit muss immer wesentlicher Parameter sein. Das ist anstrengend, verleiht der Firma aber zugleich die Geschwindigkeit und Flexibilität, marktnah zu sein, auf Anforderungen rasch reagieren, auch einmal einen Schritt zurücktreten und neu beginnen zu können.
Ideen und Pläne hat Christian Walch viele, doch die meisten liegen noch in der Schublade. Zur Zeit ist er damit beschäftigt, die Fenster- und Fassadenproduktion zu optimieren, um wirtschaftlich und in großem Maßstab produzieren zu können, denn die Nachfrage ist da und gemeinsame Projekte mit Architekten wie Bothe Richter Teherani oder Delugan Meissl bestätigen ihn in seinem Weg.
Mittelfristig soll aber Ruhe einkehren, soll wieder Platz sein für Ideen und Experimente, Kreativität und auch für »große Möbel«, denn: »Architektur geht mir gut von der Hand und ist eine große Freude.«
Die »geklebte« Fassade der OFROOM-Galerie in Wien
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Fotos
© Nikolaus Walter, Angelo Kaunat