Daten zum Objekt
Standort
Kuchl/AT Google Maps
Bauherr:in
Holztechnikum Kuchl, Kuchl/AT, www.holztechnikum.at
Architektur
LP architektur, Altenmarkt/AT, www.lparchitektur.at
Statik
Bauingenieure Lackner Egger, Villach/AT, www.zt-ble.at
Holzbau
Appesbacher Zimmerei Holzbau GmbH, Abersee/AT, www.holzbauappesbacher.at
Holzart
Wangen: Brettsperrholz (Fichte), Stufen: Furnierschichtholz (Buche)
Fertigstellung
2017
Typologie
Zwei Treppen-Ausführungen im Vergleich
Es scheint logisch, über den privaten Bereich hinaus auch in öffentlichen Bauten Erschließungsbereiche in Holz auszuführen, aber vielleicht nicht immer und nicht um jeden Preis, wie die beiden für diesen Text ausgewählten Beispiele – ein Kindergarten in Hallwang sowie das Holztechnikum Kuchl – zeigen. Sie eignen sich für eine solche Gegenüberstellung, weil die Entwürfe aus ein und derselben Hand stammen, vom Salzburger Büro LP architektur. Tom Lechner als Mastermind lotet seit vielen Jahren in sämtlichen Bauaufgaben von Einfamilienhäusern über Gewerbebauten bis hin zu Schulen oder kommunalen Gebäuden die Grenzen des Werkstoffs Holz aus. Seine Arbeit ist im Hinblick auf den Vergleich so interessant, weil er das Bauen in Holz nie zum Dogma macht.
Holztechnikum Kuchl
Zeitgleich mit der Schule in Hallwang baute LP architektur das Holztechnikum in Kuchl um und erweiterte es um einen Neubau. Die Absicht, diesen Schulstandort nachdrücklich mit beispielhaften Holzbauten zu positionieren, wurde 1997 erstmals mit dem sogenannten Holzturm, dem ersten viergeschossigen Holzbau in Salzburg erkennbar. Beim jüngsten Neubau von LP architektur wurde der alte Verbindungstrakt zwischen diesem Holzturm und einem bestehenden Gebäudeteil im Osten durch einen Trakt mit Klassenräumen ersetzt, der mit Ausnahme des Sockelbereichs als konstruktiver Holzbau ausgeführt wurde. Im Gegensatz zur Volksschule in Hallwang war in Kuchl das erklärte Ziel – nämlich die Möglichkeiten des Holzbaus voranzutreiben – mit einer nach außen wirksamen und einer nach innen gerichteten pädagogischen Absicht verknüpft.
So sollte die neue Haupttreppe, die auch die Funktion einer Fluchtstiege erfüllt, in Holz ausgeführt werden. Dafür wurde das Stiegenhaus als ein Brandabschnitt ausgebildet. Die notwendigen Brandschutzanforderungen aus der oib für die Gebäudeklasse 3 werden durch Überdimensionierung der Wand- und Deckenelemente erreicht. Für die in die Treppenwangen eingesetzten Trittstufen setzte man Buchenfurnierschichtholz ein. Um auf die Setzstufen der einläufigen Treppe verzichten zu können und das Ziel einer visuellen Durchlässigkeit der Stufenanlage zu erreichen, bot sich dieses Produkt an, weil es die entsprechende Tragfähigkeit bei der geforderten Brandklasse R60 hat.
Volksschule Hallwang
Der Baukörper besteht aus einem betonkernaktivierten Unter- und Erdgeschoss, auf das ein konstruktiver Holzbau aufgesetzt wurde. Die vom Erd- ins Obergeschoss führende Haupttreppe besteht aus einer Stahlkonstruktion, die mit einem Brandschutzanstrich versehen und mit Dreischichtplatten aus Fichtenholz verkleidet wurde. Da die Schule noch über ein eigenes Fluchttreppenhaus verfügt, ist die Haupttreppe im Ernstfall keine Fluchttreppe. Laut Norm muss die Treppe aber, da sie mehr als zwanzig Stufen aufweist, mit einem Zwischenpodest ausgeführt werden. Dabei sollte die Treppenkonstruktion ohne Unterstützung oder Abhängung auskommen, deshalb kam ästhetisch, konstruktiv und wirtschaftlich nur eine Stahlkonstruktion infrage.
Vom Foyer, dem zentralen Platz der Schule, führt diese gerade, einläufige Treppe mit Zwischenpodest ins Obergeschoss. Sie legt sich demjenigen, der das Foyer betritt, gleichsam in den Weg. Tom Lechner hat diese Treppe über ihre engere Bestimmung als Erschließungselement hinaus zur Zonierung und funktionalen Gliederung des Raums eingesetzt. Es gibt nicht nur ein Auf, sondern auch ein Vor, Hinter, Unter und ein Über dieser Treppe.
Möglicherweise haben Holzbau-Puristen Vorbehalte gegenüber der Vorgangsweise bei den beiden Schulbauten. Tom Lechner erweist sich dabei als gewiefter Pragmatiker. Er signalisiert, dass der Holzbau dann ein Phänomen der Breite wird, wenn man bereit ist, seine Vorzüge nicht auf dem Altar der reinen Lehre zu opfern.