Dem Akronym folgend, geht es bei BIM ums Bauen, Informieren und Modellieren. Mit »Modeling« ist wohl das Lenken von Kommunikationsprozessen zwischen einer zunehmenden Zahl von Mitwirkenden und anschwellenden Datenströmen bei komplexeren Bauwerken angesprochen. Kommunikation hat mit Strömung zu tun. Dämme beschleunigen und schützen vor ausuferndem Gewässer. Schwellen hingegen entschleunigen, Dorne erzeugen Wirbel und in Gefäßen können Teilmengen von Flüssigem transportiert werden. Wir kennen die Dynamik des Fließenden zur Drehung und Rundung, die im Wettstreit mit der Erdanziehungskraft letztlich im Mäander resultiert. Indem Ströme be- und entschleunigt, verbreitert und wieder gefasst werden, gestaltet man ihren Verlauf und das dynamische Hin und Her. Reibung kann dabei unter bestimmten Vorzeichen ein Gewinn und Schnelligkeit ein Verlust sein. Diese Analogien aus der Natur können helfen, die Prozesse von Kommunikation und Informationswerdung besser zu verstehen.
Dateninflation versus Information
In seinem Vortrag auf der dld-Konferenz 2007 in München zeigte Norman Foster ein Foto seines Büros aus dem Jahr 1990 und verwies darauf, dass noch 1987 »all unsere Daten auf einer Diskette gespeichert werden konnten«. Die nächste Projektion zeigte ein Foto aus derselben Perspektive 17 Jahre später, vom selben Büro mit ähnlich vielen Mitarbeitenden. Zeichentische, Dreiecke und Lineale hatten einem Wald von Computern und Screens Platz gemacht; Norman Foster dazu: »Heute erzeugen wir umgerechnet 84 Millionen Disketten pro Woche, auf denen unsere Archivdaten zu vergangenen, aktuellen und zukünftigen Projekten abgelegt sind.« Daten an sich sind noch keine Information. Die Informationswerdung erfolgt erst beim Empfänger, nämlich dann, wenn Daten bei den Zielgruppen ankommen, gelesen und verstanden werden. Es geht also um die Qualität der Verständlichkeit und schon lange nicht mehr um die Quantität der Daten. Für BIM gilt es in Hinblick auf Kommunikation, den Wirrwarr von digitalen Eingabe- und Ausgabemedien und die unterschiedlichen Arbeits- und Ausdrucksweisen der beteiligten Akteure unter einen Hut zu kriegen.
Angewandte Kommunikation
Es sind die Empathie für die Anliegen der Absender und das Bewusstsein für die Sprache der Empfängergruppen, die einen Gestalter dazu befähigen, Verständlichkeit zu generieren. Als Absender ist uns wichtig, verstanden zu werden, und als Angesprochene wollen wir wissen, wer da mit uns spricht und was uns mitgeteilt wird. Missverständnisse und Konflikte entstehen ja nicht zwangsläufig aus inhaltlichen Gründen, sondern weil des Gespräch aus den Bahnen gerät.
Eine Medienfachhochschule in Amsterdam hat vor kurzem eine Kommunikationsklasse für »Digital Natives eingerichtet, nachdem Firmen sich darüber beschwert haben, dass die Praktikanten nicht mehr in der Lage seien, mit den Kunden am Telefon zu sprechen.«1 Wenn wir so weit kommen, dass es keine Anreize mehr gibt, zu lesen oder miteinander zu sprechen, dann hilft auch BIM nicht, diesen Mangel aufzulösen. BIM simuliert und modelliert Kommunikationsstrukturen und dient im besten Fall für eine Dialogkultur und Konfliktvermeidung zwischen den verschiedenen Playern, den Bauherren, Gestaltern, Planern, Technikern und Nutzern.
Eine wichtige Aufgabe von BIM wird die Behandlung der Plandarstellung auf breit verständlicher und bearbeitbarer Basis sein. Der Darstellung von Geplantem sind ja heute kaum noch Grenzen gesetzt. Grundriss, Schnitt, Ansicht und Axonometrie werden allerdings als bewährte und gelernte Abstraktion von räumlichen Gebilden – von der 6B-Bleistiftskizze bis in die Tiefe der Detailplanung – noch lange nicht ausgedient haben.
Das Rendering beispielsweise ist eine virtuelle Darstellung, bei der Blickpunkt und Blickrichtung vorgegeben sind. Dem Betrachter nimmt es die Möglichkeit einer differenzierten Sichtweise. Wir sollten uns die abstrahierte Denk- und Sichtweise nicht durch den Einheitsbrei heutiger Bildmacherei rauben lassen. Die bereits grassierende Beeinflussung durch digitale Medien hat Geert Lovink in einem Satz zum Ausdruck gebracht: »Wir werden langsam umformatiert.«1
1 Geert Lovink: Epidemie der Ablenkung, Lettre International, Nr. 120/2018.