Zum Hauptinhalt springen

Kindergarten Muntlix

erschienen in
Zuschnitt 65 Kreislauf Holz, März 2017

Daten zum Objekt

Standort

Zwischenwasser/AT Google Maps

Bauherr:in

Gemeinde Zwischenwasser, Zwischenwasser/AT, www.zwischenwasser.at

Architektur

Hein architekten, Bregenz/AT, www.hein-arch.at

Statik

SSD Beratende Ingenieure, Röthis/AT, www.ssd-zt.at

Holzbau

oa.sys baut GmbH, Alberschwende/AT, www.oa-sys.com

Fertigstellung

2013

Typologie

Bildung

Ökobilanz eines Passivhauses

Der Ortsteil Muntlix liegt im Talbereich der Vorarlberger Gemeinde Zwischenwasser. Hier bilden Gemeindeamt, Schule und Kindergarten in enger Nachbarschaft zueinander das gemeinsame Zentrum des Ortes. Der Kindergarten, der 2013 fertiggestellt wurde, geht auf einen Wettbewerbsentwurf des Bregenzer Architekturbüros Hein zurück und wurde von diesem als Generalplaner bis ins Detail angeleitet und umgesetzt. Der zweigeschossige, quadratische Hauptbaukörper steht als Holzständerbau auf einem Untergeschoss aus wasserundurchlässigem Beton.

„Holz ist der Baustoff aus den heimischen Wäldern. Wir haben ja genug davon.“
Josef Mathis, Bürgermeister von Zwischenwasser bis 2013

Die Kompaktheit kommt der thermisch optimierten Ausführung als Passivhaus entgegen. Vier angehängte Loggien, die als Kalträume vom Fassadenschirm mitumhüllt sind, verwandeln das einfache Volumen in einen Pavillon, der sich nach allen vier Seiten mit der Umgebung verbindet und vielseitig bespielbare Außenräume bildet. Die Synthese aus klarer Geometrie und raffinierter Verzahnung setzt sich im Inneren bei der Organisation der Gruppen-, Gemeinschafts- und Nebenräume fort. Eine breite Erschließungszone in der Mitte dient als Garderobe und als geräumige Verbindungspassage zwischen den einzelnen Bereichen. Bei der Auswahl der Materialien wurde auf Regionalität und baubiologische Qualität geachtet. Das Weißtannenholz der Wände und Möbel stammt aus dem Gemeindegebiet, die Erde für die Stampflehmböden vom Aushub am Bauplatz.

Josef Mathis, Bürgermeister von Zwischenwasser bis 2013

Der Lebenszyklus ist bei einem Gebäude ein wichtiges Kriterium. Genau genommen ist alles Lebenszyklus. Es geht um Daseinsvorsorge. Wir haben deshalb früh begonnen, unseren Lebensraum unter langfristigen Aspekten zu betrachten und zu gestalten. Es braucht Mut, sich auf neue Dinge einzulassen, Schwierigkeiten auszudiskutieren. Das ist Baukultur. Der Kindergarten ist also kein plötzlicher Geistesblitz. Er ist das Ergebnis einer über Jahrzehnte verfolgten Strategie der Nachhaltigkeit. Das Prinzip der Nähe gehört auch dazu: Holz ist der Baustoff aus den heimischen Wäldern, wir haben ja genug davon. Auch wenn es etwas teurer ist als im Handel, die Wertschöpfung bleibt im Ort.

Wenn wir etwas machen, dann machen wir es so gut wie möglich. Das ergibt mitunter höhere Baukosten. Wenn wir aber den gesamten Lebenszyklus betrachten – die Erhaltung, die Betriebskosten, die Verwertbarkeit – stimmt die Rechnung. Der Mehraufwand beim Kindergarten wurde zudem durch eine besondere Förderung vom Land Vorarlberg gestützt. Die Bedarfszuweisungen an die Gemeinden sind seit einigen Jahren über den kommunalen Gebäudeausweis an ökologische Qualitätskriterien gekoppelt. Dass es diese Schiene gibt, daran sind die Pilotprojekte unserer Gemeinde nicht unbeteiligt.

Kilian Tschabrun, seit 2013 Bürgermeister von Zwischenwasser

Wir wagen etwas. Wir probieren etwas Neues aus. Damit sind wir bisher gut gefahren. Beim Kindergarten haben wir etwa durchgesetzt, dass wir keinen Lift brauchen, wenn es eine barrierefreie Gruppe im Erdgeschoss gibt. Die Raumhöhen konnten wir in Absprache mit den Behörden etwas verringern. So sparen wir Energie und Kosten ohne Einbußen bei der Qualität. Aus derselben Überlegung heraus bauen wir in Passivhausstandard oder verwenden Photovoltaik. Die hochwertige Bauweise mit heimischem Holz und natürlichen Materialien kommt den
Nutzern zugute. Die Kinder und Pädagoginnen erfahren diesen Mehrwert tagtäglich: das gute Klima, die warmen Oberflächen, den natürlichen Boden. Die Sanierung des Gemeindeamts ein Jahr später haben wir nach denselben Standards abgewickelt. Den Leuten ist bewusst, dass die Gemeinde die Latte hoch legt. Das hat Vorbildwirkung.

Ökobilanz

  • Treibhauspotenzial 0,9455 kg CO2-equiv./m3EBFa
  • Primärenergie, erneuerbar 17,46 kWh/m2EBFa
  • Primärenergie, nicht erneuerbar 23,19 kWh/m2EBFa
  • Berechnung Ökobilanz Energieinstitut Vorarlberg, Dornbirn/A, www.energieinstitut.at
  • Betrachtungszeitraum 100 Jahre für Gebäude ohne Betrieb
  • Baudatenbank www.baubook.info

Gebäudekennwerte

  • Bruttogeschossfläche (BGF) 1.220 m2
  • Energiebezugsfläche (EBF) 793 m2
  • Bruttorauminhalt (BRI) 4.350 m3
  • Heizwärmebedarf 13,0 kWh/m2EBFa
  • Primärenergiebedarf 90,6 kWh/m2EBFa
  • Stromerzeugung: Photovoltaikanlage, Wärmepumpe mit Tiefensonde

Konstruktion

Außenwand: Holzständerkonstruktion mit Zellulosedämmung und Holzfassade in Weißtanne
Wandstärke: 49 cm
U-Wert: 0,14 W/m2K
Dach: Brettschichtholz, 30 cm Wärmedämmung, dreilagige Bitumenbahn
Dachaufbau: 89 cm
U-Wert: 0,08 W/m2K


verfasst von

Tobias Hagleitner

geboren 1981 in Bregenz, hat an der Kunstuniversität Linz im Fach Architektur diplomiert und promoviert. Er lebt als Künstler, Baukulturvermittler und freier Architekturkritiker in Oberösterreich.

Erschienen in

Zuschnitt 65
Kreislauf Holz

Bauen mit Holz trägt zu Klimaentlastung und Ressourcenschonung bei. Wie die Umweltwirkung von Gebäuden genau beurteilt werden kann, beleuchtet diese Ausgabe des Fachmagazins Zuschnitt.

8,00 €

Zum Produkt   Download

Zuschnitt 65 - Kreislauf Holz