Im holzreichsten Bundesland Österreichs, der Steiermark, bestand der Wunsch, den Geschoßwohnbau auch konstruktiv in Holz auszuführen. Die Umsetzung sollte nach den Stmk. Wohnbauförderungsbestimmungen erfolgen. Wichtig war dabei der Erfahrungsaustausch mit den benachbarten Ländern. Ab 1993 wurden die neuen Holzbauten in Bayern von Vertretern der Steirischen Landesverwaltung besichtigt und intensiv hinterfragt: Die mehrgeschoßigen Wohnhäuser etwa in Ingolstadt, Schwabach, Nürnberg, Aichach, Waldkraiburg und die Holzsystembauten für Aussiedler in Hemau, Ambach, Sulzbach- Rosenberg, Neu-Ulm und Schweinfurt.
Die ersten Holzbauten in der Steiermark wurden dann nach Planungswettbewerben bzw. Gutachterverfahren ausgewählt, zum Teil als Forschungsvorhaben deklariert ausgeführt, bauphysikalisch güteüberwacht und auch einer genauen Kostenkontrolle unterzogen. Dies gilt besonders für die Bauvorhaben Veitsch, Gaishorn, Graz. Bayer- bzw. Faunastraße. Parallel zu dieser Entwicklung hat Architekt Hubert Riess an der Umsetzung von Judenburg als Auftragsplaner für die wag Linz gearbeitet. Mit Einführung des novellierten Baugesetzes 1995 wurden die holzdiskriminierenden Gesetzesbestimmungen beseitigt. Generell wurden baustoffneutrale Regelungen angestrebt; weiters wurde das Kleinhaus mit drei statt bisher zwei Geschoßen neu definiert und die Eigenverantwortlichkeit von Planer, Bauherr und Bauführer besonders betont.
Die steirischen Beispiele im Geschoßwohnbau wurden in verschiedenen Holzbausystemen umgesetzt. Waren es anfangs Konstruktionen in Kleinplattenbauweise für Wände und Decken, welche auf die Baustelle halb fertig geliefert wurden und dann zimmermannsmäßig, auch bei extremen Witterungsbedingungen, montiert und an der Baustelle mit verschiedenen Professionisten fertig gestellt wurden, wird derzeit eher die Großplattenbauweise ausgeführt. Dabei werden Wände und Decken samt Installationen und Fensterabschlüssen in der Montagehalle gefertigt. Die Endmontage erfolgt größtenteils durch die Holzbausystem- Hersteller: In der Steiermark unter anderen die Firmen Kohlbacher, Kulmer, KLH, Holz-Bau- Weiz, Compacthaus, Harrer und Fröhlich. Die Holzspanplatten wurden in den Hintergrund verdrängt und größtenteils durch Massivholz wie Seitware- Bretter ersetzt bzw. durch hochdruckverleimte, kreuzweise geschichtete Bretter zu tragenden Vollholzelementen für Wände, Decken und Stiegen verbunden. Bei Stiegenhäusern, Fluchtwegen und Fassadenausführungen wurde auf den Brandschutz besonders Bedacht genommen.
Bauphysikalisch war sowohl das Problem der Schalllängsleitung zu lösen als auch eine geeignete Deckenkonstruktion zu finden, welche die geforderte Trittschalldämmung bei übereinander liegenden Wohnungen erfüllt. Aus Bayern waren keine optimalen Lösungen zu erhalten. Bei Gaishorn 1, Donnersbachwald und Graz fielen die Messergebnisse günstig aus (Deckenkonstruktionen in Rahmen- und Füllelementen bzw. genagelter Brettstapeldecke mit Ortbetonestrich und abgehängter, biegeweicher Deckenuntersicht). Bei Veitsch 1 waren die Anforderungen nicht so hoch, da es sich um ein reihenhausartiges Bauvorhaben handelte.
Um alle Voraussetzungen zu optimieren, wurde beim Bauvorhaben in Judenburg vorerst nur das erste Haus mit 6 Wohnungen von der Rechtsabteilung 14 (RA 14) des Landes Steiermark zur Errichtung (Bauphysik- Eignung) freigegeben. Nach positiven Messergebnissen aller Bauteile im Verbund konnte das Gesamtbauvorhaben mit 42 Wohnungen realisiert werden. Durch die positive Zusammenarbeit von Planer, Bauherr, Behördenvertreter, Bauleitung, ausführenden Firmen einschließlich der begleitenden Kontrolle durch den eingesetzten Bauphysiker und Holzbauexperten wurde das Bauvorhaben im vorgegebenen Kostenrahmen als Musterobjekt fertig gestellt und den Bewohnern 1998 übergeben.
Es folgten weitere »Pilotprojekte« in Langenwang, Mürzsteg, Lassing, Rinnegg, Übelbach, Trofaiach, Leoben- Leitendorf und Frohnleiten. Die von der RA 14 von 1994 bis jetzt betreuten 62 Holzbauvorhaben mit insgesamt 1.218 Wohneinheiten sind größtenteils, das heisst cirka zu 87%, entweder bereits fertig gestellt, befinden sich im Bau oder vor Baubeginn. Das sind 54 Bauvorhaben mit insgesamt 1.068 Wohneinheiten, welche einem Holzbauvolumen von etwa 200 Wohneinheiten pro Jahr bzw. rund 8% der Geschoßbauförderung in der Steiermark entsprechen. Darüber hinaus befinden sich 8 Geschoßbauvorhaben mit insgesamt 150 Wohnungen in Planung und werden in den nächsten 1 bis 2 Jahren umgesetzt.
Um den Ablauf der konstruktiven Planung und der Umsetzung reibungsloser zu gestalten, wurde das Institut für Hochbau und Industriebau der TU Graz unter der Leitung von Univ.-Prof. Horst Gamerith beauftragt, die bauphysikalische Eignungsprüfung bis zu jenem Zeitpunkt durchzuführen, wo alle Holzbauhersteller ihre Leitdetails vorgelegt haben und durch die Kontrolle auf der Baustelle die erforderlichen Gütewerte für den Schall-, Brand-, Feuchte- und konstruktiven Holzschutz, sowie für die Haus- und Solartechnik und die Dauerhaftigkeit erfüllt werden. Wünschenswert ist, dass durch diese intensive planerische Tätigkeit eine hohe Holzbauqualität mit minimierten Baumängeln entsteht und die Holzbaukosten bei ökologisch fortschrittlicher Qualität im Rahmen des geförderten Geschoßwohnbaues Platz finden. Damit soll jene Holzbauakzeptanz bei der steirischen Bevölkerung erweckt werden, die es ermöglicht, künftig im sozialen Wohnbau verstärkt mit Holz bauen zu können.