Rund 47 Prozent der Fläche Österreichs sind mit Wald bedeckt. Und dieser Wald wächst - jährlich kommen 20 km² dazu, was einer Fläche von 3.700 Fußballfeldern entspricht. Der »Sekundenzuwachs« in Österreichs Wäldern entspricht etwa einem Kubikmeter. Das heißt, rein theoretisch natürlich, alle 30 Sekunden »wächst« ein Holzhaus. Der jährlich nachwachsende Holzzuwachs wird nur zu zwei Dritteln genutzt.
135.000 Waldbesitzer mit Waldflächen über zwei Hektar leben in Österreich von der Arbeit im Wald. Über 80 Prozent des Waldes sind in Privatbesitz und auch der größte Waldbesitzer, die Österreichischen Bundesforste, bearbeitet den Wald nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen. Vom Privatwald gehören etwas mehr als 50 Prozent Bauern, also gemischten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, und der Rest gehört mittleren bis größeren Forstbetrieben.
Das Einkommen aus der Forstwirtschaft, in erster Linie aus dem Rohholzverkauf für die Säge- und Papierindustrie, hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen und ist zur Existenzsicherung für viele Betriebe unverzichtbar geworden. Dabei hat sich die Struktur der Betriebe in den letzten Jahren deutlich verändert. Während in den fünfziger Jahren über 30 Prozent in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt waren, sind es heute nicht einmal 5 Prozent. 80 bis 85 Prozent des Roherlöses aus dem Rundholzverkauf kommen aus Lieferungen an die heimische Sägeindustrie, ca. 12 Prozent aus dem Industrieholzverkauf an die Papier- und Zellstoffindustrie und der Rest aus dem Verkauf von Energieholz. Der Sägerundholzpreis hat sich trotz deutlicher Schwankungen innerhalb kurzer Zeiträume in den letzten 30 Jahren im Durchschnitt wenig verändert. Die Industrieholzpreise sind sogar nominell deutlich gesunken. Vergleicht man die mit der Inflationsrate bereinigten realen Preise, wird die ganze Dramatik für die Forstwirtschaft ersichtlich. Um die »Kaufkraft« eines geernteten Festmeters Rundholz vom Anfang der Siebzigerjahre zu erreichen, müssen heute 2,5 bis 3 Festmeter geerntet werden.
Wie kann eine Branche einer solchen Entwicklung überhaupt standhalten?
Die Strategien der Forstwirtschaft
_ Senkung der Kosten durch Zukauf von Dienstleistungen und Personalabbau (Kostenextensivierung)
_ Erhöhung der Produktivität mit neuen Holzernteverfahren
_ Intensivierung und Schaffung neuer Geschäftsfelder
Die Forstwirtschaft hat erfolgreiche Kooperationsmodelle mit Schlägerungsunternehmen, Frächtern, der Säge-, Papier- und Zellstoffindustrie entwickelt. So wurde die gemeinschaftlich vermarktete Holzmenge im Rahmen der Waldverbände in Österreich innerhalb der letzten 5 Jahre von 490.000 Festmetern auf 1.820.000 Festmeter im heurigen Jahr gesteigert. Die Auslastung von Maschinenkapazitäten bei der Holzernte mit dem Ziel, die Kosten deutlich zu senken und die Anlieferung zu den Abnehmern kontinuierlicher zu gestalten, ist zusätzlich zur optimalen Vermarktung nun eine der Hauptaufgaben dieser horizontalen Kooperationen. Im Burgenland, in Salzburg und der Steiermark wurden privatwirtschaftliche Forstserviceunternehmen durch die Waldverbände gegründet, um auch Waldbesitzern, die nicht mehr ausschließlich von der Arbeit im Wald leben, ein optimales Service bei der Waldbewirtschaftung zu bieten. Das Service reicht von der Nutzungsplanung, Fest legung der Arbeitsverfahren, Organisation von Waldpflegearbeiten und Schlägerungsunternehmen bis hin zur Holzvermarktung.
In einem nächsten Schritt gilt es nun, entlang der Wertschöpfungskette vom »Wald bis zum Rundholzverarbeiter« die Ablauforganisation zu straffen. Logistikabläufe können nicht nur branchenintern optimiert werden. Erst die Zusammenschau aller beteiligten Branchen führt zu weiteren, substanziellen Kostenoptimierungen. Ein solches Pilotprojekt wurde gerade im Logistikbereich mit »Echtdaten« von Betrieben der Forstwirtschaft (Forstbetriebe und Waldverbände), der Papierindustrie, der Sägeindustrie und dem Frachtgewerbe (LKW und Bahn) mittels Prozessanalyse und Kostenbewertung durchgeführt. Die Projektleitung liegt bei der »Holzcluster Steiermark GmbH«, die beteiligten Betriebe liegen in der Steiermark und in Kärnten. Die eben abgeschlossene Pilotstudie zeigt höhere Kosteneinsparungspotenziale auf als erwartet. Die Umsetzung des Pilotprojektes wird im November 2002 gestartet und die projektbeteiligten Unternehmen erwarten sich eine wesentlich effizientere Ablauforganisation in der Logistik-Kette. Neben den Kostenvorteilen ist auch der raschere Durchlauf des Rundholzes und die damit verbundene Minimierung von Lagerschäden (Holzverfärbungen) für Industrie und Forst wesentlich. Nach einem Testbetrieb im kommenden Winterhalbjahr, bei dem auch innerhalb der Branchen die Optimierungspotenziale ausgelotet werden, soll im Herbst 2003 der Echtbetrieb innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette gestartet werden.