Es muss so etwas sein wie frühkindliche Prägung – meine Hingabe zu Holzpritschen. Die Waschküche im Gasthaus der Großmutter war schon damit ausgelegt. Das Holz dort, angesaugt mit Wasser, hatte Spuren von Waschpulverresten, so dass es sich weich anfühlte, an manchen Stellen fast glitschig. Unter diesem Steg rann das Wasser über den rauen Beton in den Abfluss. Ich saß dort gerne. In der Waschküche blieb es angenehm kühl, wenn es draußen heißer wurde. Ähnlich kühl wie der Holzsteg am See meiner Kindheit an den Sommermorgen, wenn die hohen Bäume im Rücken noch Schatten auf den Steg warfen und das Seeufer vor einem noch im Schatten lag. Immer ließ ich den Bademantel am Holz zurück und watete fröstelnd durch das kühle Wasser, bis es mir bis zum Bauch stand und die ersten Sonnenstrahlen meinen Rücken kitzelten. Dann tauchte ich unter und schnappte nach Luft, schwamm bis zur Boje und wieder zurück, wickelte mich in den Bademantel und saß dann bibbernd an Land.
Ich mag den Steg am Morgen, der manchmal feucht ist vom Regen in der Nacht, den Steg, der sich dunkel und kühl auf einen heißen Tag vorzubereiten scheint, still am Ufer liegt und auf die Geräuschkulisse eines Sommertages am See wartet. Stunden später ist dann immer alles ganz anders: Bunte Handtücher lassen kein Stückchen Holz mehr zum Vorschein kommen, Kinder trampeln über die Bretter, um endlich ins Wasser zu kommen, Hunde schütteln ihr Fell aus – unter dem Gezeter alter Tanten, die um ihre Frisur fürchten. Wer fangen spielt und rangelt, zieht sich einen Schiefer ein, der mit großer Akribie und unter den Augen der Anverwandten wieder entfernt werden muss. Wer döst und in der Sonne einschläft, wird von den Wellen des stündlich verkehrenden Schiffs geweckt – zum Glück immer rechtzeitig, um den ganz schlimmen Sonnenbrand zu vermeiden. Die Nachmittagssonne sinkt schon und schmiegt sich sanft an die Rücken. Ich liege flach am Steg, starre ins Uferwasser und betrachte den Film, den das Wasser auf den Holzkloben unter dem Steg hinterlässt. Hier liegen wir schon ewig, denke ich, warum wohl das Holz niemals morsch wird. Lärchenholz, sagt Johannes, der den Steg gebaut hat. Je nässer es wird, desto länger lebt es. Toll, denke ich und zähle die kleinen Fische im Wasser unter mir.
Autsch !
Zeig her, was hast du?
Nein, lass mich, ich kann das selbst.
Ich tu ja nichts, ich will nur schauen.
Nein, ich mach das.
Das schaffst du nie, da auf der Sohle.
Doch, doch, lass mich.
Hier hast du eine Nadel, du musst die Haut aufmachen.
Gib mir lieber eine Pinzette, dann geht das schon.
Wo willst du denn da angreifen, mit der Pinzette?
OK, ich probiers mit der Nadel.
Lass mich versuchen!
Nein!
Jetzt ist er abgebrochen, ich hab dir ja gleich gesagt, du sollst mich machen lassen.
Na gut, wenn du glaubst, aber pass auf, tu mir nicht weh!
Nein, halt einfach ruhig.
Au!
Du sollst ruhig halten, hab ich gesagt, sonst wird das nichts.
Ich halt ja ruhig, aber wenn du so grob bist, dann muss ich zucken.
Jetzt hab ich ihn gleich, nur noch ein bisschen.
Au, was heißt nur noch ein bisschen, willst du mir den Fuß aufschneiden?
Gib mir jetzt die Pinzette!
Pass aber auf, damit er nicht noch einmal abbricht!
Ich pass schon auf, halt jetzt endlich ruhig.
Ich hab ihn!
Na endlich – was, so klein ist der?